Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
Vom Netzwerk:
nicht besser passen können. Ich musste an Yannicks Worte denken, als wir zum ersten Mal ans Meer gefahren waren,
ich wollte, wenn er wollte
. Ich bedauerte, dass es sich in dem Lied um ein Freudenmädchen handelte, fand es trotzdem schön, so wie den Rest vom Album. Auf dem Bett liegend fragte ich mich, ob ich dabei war, Nymphomanin zu werden, verwarf diesen Gedanken aber schnell und kam zu dem Schluss: Ich war lediglich unsterblich verliebt.
     

    Manuel begrüßte mich mit einem Kuss auf die Wange. Wir sprachen von diesem und jenem ohne Andeutungen und Kontroverse. Unser letztes Zusammentreffen wurde nicht angesprochen. Ich vermied sogar, ihn über Aurelie auszufragen, denn es hätte vielleicht wieder zu uns geführt. Außerdem wollte ich nicht indiskret erscheinen. Also musste ich mich noch ein wenig gedulden, um zu sehen, wie sie miteinander umgingen.
    Viel zu sehen gab es nicht. Sie küssten sich flüchtig auf den Mund, hielten kurz Händchen, aber ansonsten blieb alles beim Alten. Nur Aurelie strahlte, was meine Vermutung hinsichtlich ihrer Gefühle für Manuel untermauerte. Unser Ritt war wie viele andere, die Monate zurücklagen, als wäre in der Zwischenzeit nichts geschehen.
    Am Fluss entfernte sich Manuel, um zu telefonieren. Er lief hin und her, schaute ständig auf seine Uhr und wirkte nervös. Das sah ihm gar nicht ähnlich.
    „ Gibt es ein Problem?“
    „ Nein, nichts. Mein Vater … er nervt mal wieder.“
    „ Sollen wir nach Hause gehen?“
    „ Auf keinen Fall!“
    „ Es macht mir wirklich nichts aus. Ich wäre gerne da, wenn Yannick zurückkommt.“
    „ Du hast bestimmt noch ein bisschen Zeit.“
    „ Woher willst du das wissen? Du weißt nicht einmal, wo diese Baustelle ist. Ich übrigens auch nicht.“
    „ Es ist noch früh. Und ich habe es nicht besonders eilig. Willst du Aurelie nicht zeigen, wie du ohne Sattel reitest?“
    „ Wie bitte?!“
    Was für eine Idee? Ich verspürte keine Lust, irgendjemanden etwas vorzuführen.
    „ Ein anderes Mal vielleicht.“ Dann fiel mir ein: „Sie hat mich bereits gesehen.“
    „ Nicht im Galopp. Sie glaubt mir nicht, dass du das kannst.“
    Ihr Problem
, hätte ich am liebsten gesagt. Das wäre ihr gegenüber jedoch weder nett noch fair gewesen, denn schließlich war er derjenige, der darauf beharrte. Ich musste keinem etwas beweisen.
    Doch dann kam sie ihm zu Hilfe: „Oh bitte, bitte, Lilly. Du würdest mir eine große Freude machen.“
    Es schien ihr wirklich etwas daran zu liegen, also ließ ich mich überreden. Was war schon dabei? Ich tat ja nichts Übernatürliches. Etliche Leute konnten ohne Sattel reiten. Ich hatte mir zwar vorgenommen, Aquila ohne Hilfe zu besteigen, diesen Versuch würde ich aber verschieben müssen. Resigniert öffnete ich den Sattelgurt. Als ich zu Manuel blickte, hatte ich ein seltsames Gefühl. Von einer Sekunde auf die andere schien er sich entspannt zu haben. Als ich ihn bat, mir eine Räuberleiter zu machen, strahlte er regelrecht. Ich sah Triumph in seinen Augen, was meinen Verdacht bestärkte: Irgendetwas war hier faul. Auf Aquilas Rücken vergaß ich Manuel und ließ mich von dieser neuen Freiheit berauschen.
    Wir befanden uns auf dem Rückweg, als sein Handy wieder klingelte.
    „ In einer Viertelstunde sind wir da“, antwortete er der Person am anderen Ende der Leitung.
    Sein zufriedenes Lächeln machte mich wieder stutzig.
    „ Dein Vater?“, fragte ich ungläubig.
    „ Ja“, sagte er kurz und knapp und fing an, schneller zu traben.
    Jetzt konnte er auf einmal nicht schnell genug nach Hause kommen. Dabei war bis dahin jeder Vorwand willkommen gewesen, um ein bisschen Zeit zu schinden. Für wie blöd hielt er mich eigentlich?!
    Als wir den Stall erreichten, war ich überrascht zu sehen, wie Yannick einen Mustang striegelte.
    „ Bist du schon lange da?“, wollte ich wissen.
    „ Eine Viertelstunde.“ Sein Blick fiel auf Manuel. „Vielleicht ein bisschen länger, keine Ahnung! Wie du siehst, hatte ich keine Langeweile: Anna hat eine Beschäftigung für mich gefunden.“
    Ich starrte Manuel an, der meinem Blick auswich. Aber dann nahm Yannick meinen Kopf zwischen seine Hände und kam meinem Mund ganz nah.
    „ Du hast mir gefehlt“, flüsterte er.
    Nach einem kurzen Moment der Verwirrung spürte ich mein Herz schnell pochen, ich ließ mich aber nicht von meinem Kurs abbringen.
    „ Hast du vorhin mit Manuel telefoniert?“
    „ Ich? Mit Manuel? Wieso sollte ich?“, fragte er rhetorisch vor einem „Ich

Weitere Kostenlose Bücher