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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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nicht von neugierigen Ohren belauscht zu werden, nahm ich ab. Noch nie zuvor hatte Erleichterung derart meinen Körper durchströmt. Yannicks Stimme war wie Balsam.
    „ Es ist gut gelaufen. Ich erzähle dir alles, wenn ich wieder da bin. Ich wollte dich nur kurz beruhigen, bevor wir losfahren. Ich schätze, wir werden gegen zwei Uhr nachts zu Hause sein ... Weinst du?“
    „ Ja. Nein … Doch!“
    „ Hey Süße, was ist mit dir?“
    „ Als ich gesehen habe, dass der Anruf von Manuels Handy kam, dachte ich … Ich dachte, dir wäre etwas passiert. Jetzt sind das Freudentränen.“ Ich musste schniefen. „Entschuldige … Ich versuche gerade, mich wieder zu fangen.“
    „ Es tut mir Leid, wenn ich dir einen Schrecken eingejagt habe, mein Akku ist leer. Ich liebe dich Lilly.“
    „ Ich dich auch. Komm schnell wieder nach Hause, du fehlst mir. Ich habe vorhin deinen Wagen von oben gesehen. Gutes Versteck.“
    Ich musste lächeln, denn der verdeckte Stellplatz hatte sich schon für den Clio bewährt.
    „ Wir sind mit dem Minibus gefahren, den Philippe gemietet hat. Ursprünglich wollte er ja am Montag Freunde vom Flughafen abholen. Da dein Vater denkt, ich besuche meinen Bruder, konnte ich schlecht mein Auto vor eurer Haustür stehen lassen und … Halt mal! Wie … von oben? Bist du geflogen?“
    Autsch! Ich schwieg kurz, eigentlich wollte ich gar nicht darüber reden.
    „ Erzähle ich dir morgen. Komm schnell wieder und grüß die anderen von mir.“
    „ Mach’ ich. Ich liebe dich, bis später!“
    „ Ich liebe dich auch.“
    Mein Vater und meine Großmutter waren erfreut zu hören, dass Yannicks Bruder in guter Verfassung war. Er hatte nicht Ernstes, nur eine kleine Gehirnerschütterung, sodass Yannick sich bereits auf dem Rückweg befand. Oma schien sich durch die gute Neuigkeit regelrecht zu entspannen, Papa staunte: „Er muss sehr an seinem Bruder hängen, wenn er so viele Kilometer auf sich nimmt, ohne zu wissen, ob es wirklich ernst ist.“
    „ So ist er halt“, bestätigte ich kurz.
    „ Na ja … Es ist beruhigend zu wissen, dass er für seine Familie und die Leute, die er liebt, vor nichts zurückschreckt“, fuhr er fort.
    „ Finde ich auch“, stimmte ich zu und dachte,
wenn du wüsstest!
Meine Großmutter konnte sich nicht verkneifen, noch eins draufzusetzen: „Ich habe Ihnen gesagt, dass er ein guter Junge ist.“
    „ Ich mag ihn auch“, mischte sich Marie ein.
    „ Schon gut, schon gut! Ich habe es ja verstanden … und zwar so gut, dass ich Lilly heute Mittag bereits gesagt habe, dass Yannick in ihrem Zimmer schlafen darf. Du kannst also dein Zimmer wieder beziehen, mein Spatz“, wandte er sich an Marie.
    „ Hast du gehört Lilly? Ab sofort darfst du Sex mit ihm haben.“
    Meine kleine Schwester schien sich sichtlich für mich zu freuen. Ich verschluckte mich an ihrer Interpretation der Dinge, während meine Großmutter mir lachend auf den Rücken klopfte.
    „ Nein, das ist nicht das, was ich gehört habe. Aber danke für die Übersetzung“, meinte ich, nachdem ich wieder reden konnte.
    „ Was sagtest du schon wieder über die Wahrheit?“, fragte Papa mit einem verschmitzten Lächeln.
    „ Nichts als die Wahrheit, anscheinend.“
    „ Du denkst dran, dass du morgen den Führerschein machst?“
    „ Wie könnte ich das vergessen?“
    In Wirklichkeit war es mir, mit all den Ereignissen, völlig entfallen. Gut, dass er mich wieder daran erinnert hatte, und vor allem, dass das heikle Thema, das uns beide mit Unbehagen erfüllte, vom Tisch war.
    Yannicks Habseligkeiten waren schnell umgeräumt. Die meisten Sachen, die ihm gehörten, befanden sich ohnehin schon in meinem Zimmer.
     

    Am Abend dachte ich zum ersten Mal daran, meine Narbe zu betrachten. Vor lauter Wut auf Damien und aus Angst um Yannick hatte ich sie völlig vergessen. Nicht einmal beim Anziehen hatte ich auf sie geachtet. Auf meinem menschlichen Bein wirkte sie, so ganz ohne Pelz, noch größer. Die Bissspuren waren deutlich zu sehen; ebenso der Strich, der das Zerreißen des Muskels zeichnete. Die Narbe, die ich so fleißig versorgt hatte, machte einen Bogen nach hinten, wo man ebenfalls die Stellen erkennen konnte, wo die Zähne ins Fleisch eingedrungen waren. Ade Miniröcke, zumindest eine Zeitlang in Gegenwart meines Vaters, denn ich hatte keine Erklärung parat für diese „alte“ Verletzung, die über Nacht entstanden war.
    Ich zog ein von Yannick getragenes T-Shirt an, und nahm sein Kopfkissen, um seinen Duft

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