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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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Lederjacke an und schenkte mir ein breites Lächeln, das ich erwiderte.
    Sein unvermittelter Aufbruch stimmte mich traurig. Obwohl ich sein Benehmen zuerst unmöglich gefunden hatte, bedauerte ich auf einmal, dass er weg war. Ich musste ihm Recht geben, ich war kompliziert. In mir tobte ein solches Gefühlschaos, ich wusste selbst nicht, was ich wollte. Zwei Sachen standen jedoch fest: Ich hatte mich in ihm getäuscht und ich würde ihn am nächsten Tag in seiner Werkstatt aufsuchen.

13
     

     

     

     

    Hocherfreut nahm meine Großmutter zur Kenntnis, dass ich Yannick besuchen wollte. Sie fand es beruhigend wegen meines Gefährts und freute sich für mich über die Gesellschaft. Vor dem Abfahren hörte ich noch einmal die Mailbox ab, um mir die Wegbeschreibung einzuprägen. Ein Kinderspiel, die Ortschaft war schließlich nicht sehr groß. Eine offene Garage zog sofort meine Aufmerksamkeit auf sich, als ich in die Gasse einbog. Ich war richtig, sein Auto stand ein paar Meter weiter am Straßenrand. Trotz der Motorengeräusche und meines Helmes drang laute Musik an meine Ohren. Ich stieg ab, nahm meinen Kopfschutz ab und ging zu ihm. Er saß im Schneidersitz auf dem Boden neben einer Harley und schraubte daran herum.
    „ Hallo Yannick!“, schrie ich, da er mich nicht gesehen hatte.
    Er hob den Kopf und strahlte bei meinem Anblick. Sofort stand er auf und zeigte mir seine verschmierten Hände, als wollte er sich dafür entschuldigen, dass er mir die Hand nicht schütteln konnte, ging zur Anlage und drehte die Musik leiser.
    „ Guten Morgen, Lilly!“
    Seine Augen glitzerten. Mir stockte der Atem. Selbst in zerrissener Jeans und veröltem weißen T-Shirt hätte er Werbung machen können. Also, besonders darin …
    „ Guten Morgen!“, wiederholte ich. “AC/DC?“ Ich wies dabei auf den CD-Player.
    Er nickte mit dem Kopf.
    „ Die Nachbarn beklagen sich nicht?“
    „ Solange ich keine Musik während der Siesta höre, ist das in Ordnung … Deshalb schraube ich nie nachmittags.“
    „ Du hast zwei Motorräder“, stellte ich fest.
    „ Wie gesagt, ich habe eine Schwäche für amerikanische Maschinen. Leider ist die Harley noch nicht ganz in Schuss. Ich werde aber die XT-500 nicht abschieben, sie leistet mir seit Jahren gute treue Dienste. Davon abgesehen ist eine Enduro in der Gegend sehr praktisch.“
    „ Ich würde gerne den Motorradführerschein machen, mein Vater ist leider nicht begeistert.“
    „ Schon mal selbst gefahren?“
    „ Nein.“
    „ Wenn du willst, gebe ich dir eine Fahrstunde auf der Yamaha, dann weißt du, ob es überhaupt was für dich ist.“
    „ Ich weiß nicht.“
    „ Musst du vor jeder Entscheidung erstmal darüber schlafen?“
    Ohne auf meine Antwort zu warten, ging er mit dem Zündkerzenschlüssel zu meinem Mofa und meinte: „Mal schauen, was ich für dein Schmuckstück tun kann.“
    „ Macht es dir etwas aus, wenn ich in der Zwischenzeit ein paar Einkäufe erledige?“
    „ Ganz im Gegenteil, dann haben wir später mehr Zeit für uns.“
    Er strahlte mich an und ich dachte, nichts wie weg, ehe er mein Erröten bemerkte. Hastig rief ich beim Gehen: „Ja dann, bis später!“
    „ Bis gleich!“
    Auf dem Weg zu ihm hatte ich einen Tante-Emma-Laden auf der Hauptstraße entdeckt. Ich versuchte, mir Zeit zu lassen. Da das Geschäft jedoch nicht sehr groß war, hatte ich schnell die Runde gemacht. Als ich später die Garage mit meinen Einkäufen betrat, sah mich Yannick sofort und meinte mit einem breiten Lächeln: „Ich bin gleich fertig.“
    „ Schon?“
    „ Na ja, müsste ich wochenlang dransitzen wie bei der Harley, hätte ich es dir nicht angeboten. Obwohl … “ Wieder brachten mich seine Augen in Verlegenheit. „Aber mach dir keine Sorgen, der Motor wird schnurren wie eine Katze.“
    Er werkelte noch ein paar Minuten, wischte sich die Hände ab, machte die Anlage aus, schloss das Garagentor von innen zu – und schon bekam ich Herzrasen.
    „ Was ist mit meinem Mofa?“, stotterte ich.
    Eigentlich dachte ich eher:
Und was ist mit mir?
Konnte es aber schlecht sagen.
    „ Wir holen es später raus. Es sei denn, es ist dir lieber, wenn’s auf der Straße steht.“ Ohne auf meine Antwort zu warten, fuhr er fort: „Ich hätte Lust auf einen Kaffee, du nicht?“
    „ Nein, eigentlich nicht.“ Ich fühlte mich überrumpelt.
    „ Mal schauen, was ich dir sonst anbieten kann.“
    Bei dem Satz ging er zu einer Seitentür, die mir gar nicht aufgefallen war. Ich stand da, wie

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