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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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angewurzelt.
    „ Kommst du?“ Yannick hielt mir die Tür auf und wartete, bis ich durchging. Wir befanden uns in einem Treppenhaus. Er schloss die Tür hinter sich ab und meinte: „Ich wohne im zweiten Stock.“
    Zögernd ging ich hoch.
Keine Panik,
dachte ich bei mir,
er wird dich schon nicht überfallen. Oma weiß, wo du bist … Vielleicht solltest du ihm das auch sagen.
Seltsam! Noch nie hatte ich solche Bedenken gehabt, als ich zu einem Jungen nach Hause gegangen war. Na ja, er war mehr Mann als Junge … und dazu auch noch forsch. Noch nie wurde ich so angebaggert. Ich fand mich auf einmal albern: Jemanden anzumachen war ja schließlich kein Vergehen. Meine Befürchtungen legten sich, als er mich fröhlich und eifrig überholte. Zum ersten Mal erinnerte er mich eher an einen kleinen Jungen. Der kühne Yannick war verschwunden.
Reiß dich zusammen,
ermahnte ich mich,
er ist nett, hilfsbereit, zuvorkommend, und selbst, wenn er etwas im Schilde führt, weil er dich hübsch, süß und charmant findet, ist das ja wohl noch kein Verbrechen.
Vor der Wohnungstür waren meine Ängste wie weggeblasen. Er bat mich rein, führte mich zur Küche und entschuldigte sich fast für die alten Eichenmöbel, die er noch von seinem Vater hatte.
    „ Setz dich schon mal, ich gehe mir rasch die Hände waschen.“
    Ich nahm auf einem alten Holzstuhl Platz. Die Küche war eng, die Möbel uralt und dunkel, der gelblichen Wand hätte eine neue Farbschicht nicht geschadet. Nach fünf Minuten kam Yannick mit blitzblanken Händen zurück. Nicht einmal seine Fingernägel verrieten, dass er gerade an seinem Motorrad gebastelt hatte. Er legte eine Kapsel in die Kaffeemaschine ein, der einzige moderne Gegenstand in diesem Raum, und vergewisserte sich, dass ich wirklich keinen Kaffee wollte.
    „ Ich hätte sogar entkoffeinierten da.“
    „ Nein, danke. Ich würde lieber etwas Kühles trinken.“
    „ Mal sehen, was ich dir anbieten kann … Wasser, Bier, … O-Saft vielleicht.“
    „ O-Saft wäre super.“
    Er schenkte mir ein Glas ein, nahm den Kaffee und führte mich aus der Küche.
    „ Wir gehen in mein Zimmer. Es ist praktisch der einzige Raum, den ich hier bewohne.“
    Bei den Worten „mein Zimmer“ drehte sich mir der Magen um. Ich sah mich schon neben ihm auf dem Bett sitzen. So viel Nähe musste nicht sein. Als ich den Raum jedoch betrat, fühlte ich mich sofort wieder wohl. Er war groß und hell, modern eingerichtet … mit einer Vorliebe für Schwarz und Weiß. Yannick ging sofort zu einem kleinen Tisch und stellte seine Tasse ab. Hastig machte er dann sein Bett, griff nach den sauberen Kleidern, die auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch lagen, und bat mich, ehe er rausging, auf einem der großen Sitzkissen Platz zu nehmen. Ich zog es vor, stehen zu bleiben, und ging zum Regal, das die ganze Wand einnahm. Es war voll mit CDs, Schallplatten und Büchern. Ich näherte mich seiner Musiksammlung und musste feststellen, dass mir etliche Interpreten und Gruppen völlig fremd waren.
    „ Noch eine meiner Schwächen“, hörte ich auf einmal hinter mir.
    „ Spielst du Gitarre?“, fragte ich, als ich eine entdeckte.
    „ Nein, eigentlich nicht. Sie gehörte meinem Vater. Wenn du aber akustischen Gitarrensound magst, kann ich etwas auflegen. Ich habe einen Norweger entdeckt, der total abgefahren ist, Bj
ø
rn Berge. Rockiger Blues, eines seiner Alben heißt I’m the Antipop , nur damit du eine Vorstellung hast … Oder magst du etwa Popmusik?“
    „ Kommt drauf an.“
    „ Ich habe ihn mal live gesehen. Wahnsinn! Kleiner Raum, kleines Publikum, aber geile Stimmung. Er hat total coole Sprüche losgelassen. Er ist einfach der Hammer, höre es dir selber an … Obwohl, es ist vielleicht nicht die ideale Hintergrundmusik.“ Sein Ton verlor an Begeisterung.
    Er schaute mich an, als würde er auf meinen Segen warten. Ich wollte auf keinen Fall seinen Enthusiasmus bremsen und munterte ihn auf: „Nur zu, du hast mich neugierig gemacht.“ Das war nicht einmal gelogen.
    Yannick legte die CD ein und nahm anschließend auf einem Sitzkissen Platz. Ich setzte mich auf das andere. Zwei, drei Akkorde, und schon war ich begeistert. Ich war beeindruckt und konnte kaum glauben, dass nur ein Musiker am Werk war. Hinzu kam, dass mir die dunkle Stimme sofort gefiel. Meine Füße bewegten sich im Takt, was Yannick nicht entging.
    „ Tanzt du gerne?“
    „ Von ganzem Herzen. Es befreit mich.“
    „ Nur zu!“
    Er machte eine auffordernde

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