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Im Namen Caesars

Im Namen Caesars

Titel: Im Namen Caesars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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diesem Tag und zu dieser Stunde verlassen und menschenleer war. Die goldene Sichel in der Hand schwenkend und in ihre wollenen Beinkleider gehüllt, thronte die archaische, geschwärzte Götterstatue auf ihrem Platz und ignorierte uns, als wir ihr düsteres Zuhause betraten.
    »Hier fing übrigens alles an«, stellte ich fest.
    »Was fing hier an?«
    »Meine Verwicklung in die Verschwörung Catilinas.«
    »Im Tempel des Saturn?«, fragte Sallustius überrascht. »Aber natürlich - du warst ja in jenem Jahr Quaestor und hast den Staatsschatz verwaltet. Wie konnte ich das bloß vergessen?«
    »Darüber reden wir später. Jetzt bist du erst mal an der Reihe.«
    Wir gingen an dem geschmückten Podest vorbei, auf dem die Standarten der Legionen ausgestellt wurden. In manchen Jahren standen sie dort dicht an dicht, gekrönt mit Adlern, Keilern, Bären, gespreizten Händen und allen möglichen anderen Emblemen kleinerer und größerer militärischer Einheiten. In diesem Jahr jedoch waren die meisten Standartenhalter leer. Da fast alle Einheiten im Einsatz waren, waren nur noch die Standarten veralteter Verbände zurück geblieben, unter ihnen die Embleme von Phalanxen und Manipeln früherer Jahrhunderte. Ein Bereich war mit einem schwarzen Tuch abgedeckt worden. Dort hatten die Adler gestanden, die Crassus bei Carrhae verloren hatte. Das Tuch würde so lange als Schandmal dort bleiben, bis wir die Adler den Parthern eines Tages wieder abgenommen hätten.
    Hinter dem Podest befand sich ein breiter Marmortisch, an dem die Quaestoren und ihre Helfer an normalen Geschäftstagen ihrer Arbeit nach gingen. Um den Tisch herum standen ein paar Holzstühle mit Sitzen aus Korbgeflecht. Wir nahmen uns jeder einen Stuhl und setzten uns. Bis auf ein paar schwache Straßengeräusche war es in dem düsteren Tempel mucksmäuschenstill. Wir waren die einzigen Besucher.
    Sallustius zog seine Toga zurecht, machte es sich gemütlich und verschränkte die Arme über seinem kleinen, aber nicht zu übersehenden Bauch. »Hast du eigentlich schon mal darüher nach gedacht, wie wenige wirklich bedeutende Familien es in Rom nur noch gibt?«
    »Du bist ja schon wieder auf irgendwelchen Abwegen«, entgegnete ich. »Jetzt komm doch endlich mal zum Punkt!«
    »Du musst dich schon gedulden! Schließlich bin ich Historiker und fange deshalb an der Wurzel an. Wie die meisten deines Standes bist du ein Mann der direkten Tat und nimmst nur die Dinge zur Kenntnis, die dir hier und heute ins Auge springen. Ereignisse hingegen, die lange zurückliegen oder sich in der Zukunft zutragen mögen, interessieren dich nicht die Bohne.«
    Ich seufzte. Offenbar musste ich mich auf einen längeren Vortrag einstellen. »Vielleicht nehme ich mehr wahr, als du denkst. Aber wenn du es für nötig hältst, fang von mir aus bei der Wurzel an.«
    »Die großen angesehenen Patrizierfamilien wie die Cornelii, die Fabii und wie sie alle heißen, sterben seit Generationen aus.
    Sie sind alle unfruchtbar und mehr und mehr dazu gezwungen, ihren Fortbestand durch Adoption zu sichern. Ansonsten würden sie verarmen, weil es Patriziern bekanntlich untersagt ist, Handel zu treiben und Geldgeschäfte zu machen. Als Einkommensquelle steht ihnen einzig und allein ihr Grundbesitz zur Verfügung, der ihnen längst kein angemessenes Auskommen mehr zu sichern vermag. Und wie du ja selbst nur zu gut weißt, ist die Bekleidung eines öffentlichen Amtes äußerst kostspielig. Kein Wunder also, dass die neuen Senatsmitglieder vorwiegend aus den Reihen der wohlhabenden Equites stammen.«
    »Was du mir da erzählst, hat für mich keinerlei Neuigkeitswert«, warf ich ein.
    »Natürlich nicht«, gab er zu. »Das weiß jeder. Nur macht sich niemand klar, was für Auswirkungen diese Umstände haben.
    Rom ist zwar eine Republik, Decius, aber von demokratischen Verhältnissen sind wir weit entfernt. Die römischen Wähler sind zutiefst konservativ und haben ihre politischen Führer jahrhundertelang aus einem ziemlich kleinen Kreis einiger weniger Familien gewählt. Wirklich neue Männer wie Cicero sind die große Ausnahme. Von ihnen gibt es so wenige, dass sie nicht der Rede wert sind.«
    Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort. »Innerhalb unseres politischen Systems hat es zwar hin und wieder heftige Auseinandersetzungen gegeben, aber im Großen und Ganzen war es stabil. Natürlich gab es extreme Herausforderungen wie die Sozialreformen der Gracchen, den Aufstand des Sertorius oder die Verschwörung

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