Im Namen Caesars
von Catilina, aber all das konnte die Republik nicht wirklich erschüttern. Die Stabilität des Systems wurde durch etwas anderes nachhaltig gestört, und zwar durch mehrere aufeinander folgende Feldherren mit außerordentlicher Macht: erst Marius, dann Sulla, dann Pompeius, und jetzt schickt sich Caesar an, unsere Ordnung auf den Kopf zu stellen.«
Er holte einmal tief Luft. »Natürlich ist es unser eigener Fehler. Wir statten unsere Feldherren in ihren Provinzen und auf ihren Kriegsschauplätzen mit gottgleichen Befugnissen aus und erwarten dann, dass sie nach ihren Siegen in aller Bescheidenheit nach Rom zurück kommen und sich wie vorbildliche republikanische Staatsmänner verhalten. Dabei liegt es in der Natur des Menschen, dass man die Macht nur ungern aus den Händen gibt, wenn man einmal von ihr gekostet hat.
Kaum jemand hat jemals so viel Macht besessen wie Caesar oder Pompeius, und wie alle Männer hassen sie es, ihnen einmal übertragene Machtbefugnisse wieder zurück zugeben. Am liebsten würden sie ihre Macht ihr Leben lang behalten und an ihre Söhne vererben.«
Nach einer weiteren kurzen Pause setzte Sallustius seinen Monolog fort. »Marius war ein eingebildeter Bauer, der als Wahnsinniger gestorben ist und dessen Kinder es zu nichts gebracht haben. Als Sulla in seinen späten Jahren noch Zwillinge gezeugt hat, hatte er nicht mehr lange zu leben, und das wusste er auch. Da ihm zu wenig Zeit blieb, die Erziehung und Karriere seines Sohnes entscheidend zu beeinflussen, hat er sich nach all den Jahren als unumschränkter Herrscher zögernd, aber vernünftigerweise ins Privatleben zurück gezogen.«
»Bei seinen Neigungen ist es ein Wunder, dass Sulla überhaupt Nachkommen gezeugt hat!«, warf ich ein.
Sallustius tat meine Bemerkung mit einem Achselzucken ab.
»Auch Pompeius entstammt keiner angesehenen Familie. Sein Vater war ein Niemand, und seine Söhne spielen keine große Rolle. Er hat zwar eine beachtliche Karriere hinter sich, aber die ist unweigerlich vorbei. Pompeius hat keine Zukunft, nur weiß er das leider nicht.«
Er räusperte sich und ließ seine Worte auf mich wirken. »Der Mann der Stunde ist Caesar. Er stammt aus einer unglaublich alten Familie, deren Wurzeln bis zu Aeneas und zu der Göttin Venus zurück reichen, wenn man seiner eigenen Propaganda glauben will. Doch selbst wenn man davon Abstriche macht, sind die Julii eine der ältesten römischen Familien. Zudem ist Caesar einer der wenigen Patrizier, die in der römischen Politik noch eine Rolle spielen, und auch beim einfachen Volk ist er ungeheuer beliebt. Seit Scipio Africanus gibt es keinen so außergewöhnlich erfolgreichen Feldherrn wie ihn. Inzwischen ist er auch noch steinreich. Weißt du eigentlich, wie alt er ist?«
Die plötzliche Frage erstaunte mich ein wenig. »Um die fünfzig, glaube ich.«
»Richtig. Julius Caesar wird fünfzig, und er hat keinen Erben.
Also bleiben ihm noch, sagen wir, zehn, vielleicht fünfzehn Jahre, in denen er vermutlich rüstig und gesund ist. Er hat jedoch ein Alter erreicht, in dem Männer schnell zu vergreisen beginnen. Wenn Calpurnia ihm schon morgen einen Sohn schenken würde - was äußerst unwahrscheinlich ist, da sie in Rom und nicht schwanger und er in Gallien ist -, könnte er vielleicht noch die Initiation des Jungen miterleben, und mit viel Glück könnte er ihn sogar auch noch zu seinem ersten Militärtribunat verabschieden. Aber er wird nie und nimmer lange genug leben, um die Karriere seines Sohnes zu beeinflussen und ihn in die politischen Geheimnisse des Imperiums einzuweihen.«
Ich rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her. »Was soll dieses ganze Gerede über Erben eigentlich? Soweit ich weiß, müssen sich lediglich Monarchen Gedanken über die Zeugung von Erben machen, damit sie ihnen ihre Macht übertragen können.«
Er nickte ernst. »Sehr richtig. Allerdings steht derjenige, der vermutlich Caesars Erbe werden wird, im Zentrum deiner aktuellen Probleme.« Allmählich begann ich an seinem Verstand zu zweifeln. »Du sprichst doch nicht etwa von dem kleinen - wie war noch sein Name - Gaius Octavius? «
»Von wem sonst?«, fragte er zurück und breitete zufrieden seine Hände und Arme aus. »Er ist erst zwölf, aber für sein zartes Alter ist er schon verdammt clever. Die Rede, die er am Grab seiner Großmutter gehalten hat, war ausgezeichnet. Du hast sie ja leider verpasst, aber ich versichere dir, Decius, sie ging dem Volk runter wie Öl. Sobald Caesar
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