Im Namen Caesars
Im Grunde schmeckte sie ganz gut. Während ich aß, berichtete ich Julia von meiner Stippvisite bei der Korporation der Goldschmiede und bei dem Steinschneider.
»Das war reine Zeitverschwendung«, stellte sie fest.
»Man kann nie wissen«, konterte ich. »Danach habe ich mich auf die Suche nach einem Experten gemacht, der diese mysteriösen Schriftstücke entschlüsseln kann.«
»An wen hast du dich gewandt?«, fragte sie.
»Ich habe Asklepiodes um Rat gefragt, und der hat mir Callista empfohlen. «
Für einen Augenblick schien es Julia die Sprache verschlagen zu haben. »Callista?«, wiederholte sie dann. Aus ihrem Mund klang der Name regelrecht bedrohlich.
»Ja«, erwiderte ich. »Sie stammt aus Alexandria und ist bekannt für ihre ausgezeichneten Kenntnisse der …«
»Ich weiß, wer Callista ist«, fiel sie mir ins Wort. »Sie soll neben all ihren Vorzügen auch ausgesprochen hübsch sein.«
»Das will ich nicht beurteilen«, versuchte ich sie zu beruhigen. »Für meinen Geschmack ist ihre Nase ein bisschen zu lang. Aber schließlich habe ich sie nicht wegen ihres Aussehens, sondern wegen ihrer Griechisch- und Mathematikkenntnisse aufgesucht.«
»Du hast nach Einbruch der Dunkelheit uneingeladen das Haus einer Ausländerin aufgesucht?« Da braute sich offensichtlich etwas zusammen. »Sie veranstaltet in ihrem Haus eine Art offene Gesprächsrunde für gebildete und gelehrte Bürger.« Ich überlegte mir krampfhaft ein Argument, um ihren nicht unbegründeten Verdacht zu zerstreuen. »Weißt du, wer auch da war, Liebling? Marcus Brutus.«
Meine Taktik schien zu funktionieren. »Brutus? Na, dann muss es sich ja tatsächlich um eine respektable Zusammenkunft gehandelt haben.« »Es war vor allem langweilig«, sagte ich. »Brutus scheint Caesar übrigens nicht gerade freundlich gesonnen zu sein.« Ich berichtete ihr, was er von sich gegeben hatte. Wenn man Julia ablenken wollte, gab es nichts Besseres, als eine Beleidigung ihres von ihr zutiefst verehrten Onkels zur Sprache zu bringen.
»Brutus hat manchmal ziemlich idiotische und altmodische Vorstellungen. Dabei hält Caesar große Stücke auf ihn. Nun, er wird sich schon wieder fangen. Jetzt erzähl mir, was Callista zu den Briefen gesagt hat!«
Ich berichtete ihr, dass Callista die Schriftstücke erst in Ruhe studieren wolle. »Morgen Nachmittag gehe ich zu ihr, dann erfahre ich, was sie heraus gefunden hat.«
»Es sei denn, du stehst morgen unter Hausarrest«, wandte sie ein.
»Wie bitte?« Ich verschluckte mich vor Schreck an meinem Wein, einem leichten Falerner, wenn ich mich recht entsinne.
»Die Abstimmung war zwar äußerst knapp, aber die Contio hat entschieden, dass du des Mordes an Marcus Fulvius beschuldigt und angeklagt wirst.«
»Das ist doch lächerlich! Dafür gibt es nicht einen einzigen Beweis!« Zu meiner Überraschung beugte Julia sich vor und gab mir einen zärtlichen KUSS. »Oh, Decius, in solchen Momenten liebe ich dich am meisten. Wenn du so gutgläubig und naiv bist, dass man es kaum fassen kann. Du bist mit Sicherheit der einzige Mensch in Rom, der sich auch nur einen Deut um so etwas wie Beweise schert. Beweise sind bei einem Prozess keinen Pfifferling wert! Genauso wenig geht es vor Gericht um Schuld oder Unschuld. Es geht einzig und allein darum, ob man mehr Freunde oder mehr Feinde hat. Was meinst du sind deine Freunde in der Überzahl? «
»Das will ich doch hoffen!«
»Dann wird man dich vermutlich freisprechen«, entgegnete sie. »Aber vielleicht wirst du auch erleben, dass du Feinde hast, von denen du gar nichts wusstest.«
»Mit einem habe ich ja schon Bekanntschaft gemacht«, stellte ich fest. »Mit Marcus Fulvius, obwohl der ja inzwischen nicht mehr unter uns weilt. Doch ich weiß immer noch nicht, wer seine Hintermänner sind.« Plötzlich fiel mir etwas anderes ein.
Ich berichtete ihr, dass Caesars Soldaten zur Wahl in Rom erwartet wurden. Sie klatschte in die Hände und freute sich wie ein Kind. »Das ist ja fabelhaft! Sie kennen dich alle und werden dich mit Sicherheit unterstützen.
« Doch dann runzelte sie die Stirn. »Da sie jahrelang in Gallien waren, werden sie leider nicht unter den Geschworenen sein.«
»Weißt du, in welcher Form die Verhandlung stattfinden soll?«
»Der Prozess soll vor dem Concilium plebis geführt werden, und zwar mit dreihundert Equites als Geschworenen.« Zu jener Zeit war es üblich, eine große Anzahl an Geschworenen einzusetzen. Dahinter steckte die Hoffnung, dass man
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