Im Namen Caesars
Latein noch mit Griechisch zu tun haben.« Das konnte ja heiter werden. »Der Empfänger dieser Briefe hat fast sein ganzes Leben in Baiae verbracht«, erläuterte ich, »also in Kampanien. Es ist denkbar, dass die Briefe im Dialekt der Osker geschrieben sind. Allerdings hat Oskisch weitgehend die gleiche Grammatik wie Latein - die Sprachen unterscheiden sich nur im Vokabular und in der Aussprache.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn das so ist, kommt Oskisch auch nicht in Frage. Weißt du etwas über den Schreiber dieser Briefe?«
»Absolut nichts.«
»Wenn es sich um einen Syrer oder Ägypter handelt, kann ich dir kaum weiterhelfen, fürchte ich.«
»Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Empfänger dieser Texte eine dieser Sprachen beherrscht. Er entstammt einer alten römischen Familie, seine Schwester lebt seit vielen Jahren in Rom. Die Familie ist durchaus angesehen, aber als Gelehrte haben sich ihre Mitglieder nicht gerade hervor getan. Ich möchte fast behaupten, dass der Mann ziemlich sicher keine anderen Sprachen beherrscht als Griechisch und Latein. «
»Das vereinfacht die Sache natürlich«, entgegnete sie.
»Könntest du mir die Briefe hier lassen?«
»Selbstverständlich. In meinen Händen sind sie ohnehin wertlos. Außerdem verschaffen sie mir einen willkommenen Anlass, dir einen weiteren Besuch abzustatten.«
»Dafür brauchst du keinen besonderen Anlass«, schmeichelte sie mir. »In meinem Haus bist du jederzeit ein gern gesehener Gast. Morgen halte ich keine Vorlesungen. Während des Wahlkampfes sollte man die Leute nicht überfordern. Ich habe also Zeit, mich morgen früh diesen Texten zu widmen. Komm doch am Nachmittag vorbei. Vielleicht habe ich bis dahin schon etwas heraus gefunden.«
»Gern«, entgegnete ich. »Du kannst fest mit mir rechnen.«
Draußen wartete Hermes auf mich. Er hatte ein paar Männer aus meiner Nachbarschaft mitgebracht, die in meiner Pflicht standen und gelegentlich als meine Leibgarde fungierten.
»Ich glaube, die Dame ist ziemlich von dir angetan«, stellte Asklepiodes zum Abschied mit einem verschmitzten Grinsen fest.
»Wenn ich in einer anderen Stadt leben würde und unverheiratet wäre, wäre ich ebenfalls mächtig von ihr angetan«, gestand ich. »Aber ich sollte mir nicht noch mehr aufhalsen.
Schließlich lebe ich auch so schon ziemlich gefährlich.«
»Sind es nicht gerade die kleinen Komplikationen im Leben, die uns davor bewahren, frühzeitig zu altern?«, fragte er weise.
»Bitte halte mich über die Entwicklung dieser faszinierenden Geschichte auf dem Laufenden!«
Wir erreichten mein Haus ungehindert. Ich bedankte mich bei meiner Leibgarde und schickte die Männer nach Hause. Julia wartete schon auf mich.
»Wie ich gehört habe, hast du deine früheren Aktivitäten wieder aufgenommen «, stellte sie fest, während sie mir die Toga abnahm und die Sklaven anwies, ein spätes Abendessen aufzutragen. »Es ist schon eine ganze Weile her, seit du zum letzten Mal in ein Haus eingebrochen bist, etwas gestohlen hast und dich wie ein gemeiner Dieb über Dächer und durch anrüchige Gassen in Sicherheit bringen musstest.«
»Du darfst nicht alles für bare Münze nehmen, was Hermes dir erzählt. Das war schon immer ein Fehler.«
»Von wegen Hermes!«, entrüstete sie sich. »Hermes gibt sich als das reinste Unschuldslamm. Die ganze Stadt spricht von dir!«
»Dem Klatsch und Tratsch des Volkes darf man erst recht nicht trauen«, stellte ich klar und griff nach einer Hähnchenkeule.
»Erzähl mir zuerst deine Neuigkeiten, dann berichte ich dir, was ich heraus gefunden habe. Und hör auf, mir ständig aus zu weichen!«
Also begann ich mit meinem Besuch bei Fulvia und meiner Bekanntschaft mit Curio.
»Sein Lebensweg ist mit Skandalen gepflastert«, klärte sie mich auf. »Aber er gilt als sehr mutig, und wie es aussieht, hat er sich ja inzwischen auf die richtige Seite geschlagen. Auf der Contio heute Nachmittag hat er übrigens für dich Partei ergriffen.«
»Das hatte er mir versprochen. Erzähl mir mehr von der Versammlung! «
»Erst wenn du mir erzählt hast, wo du dich den Rest des Tages herum getrieben hast«, widersetzte sie sich. »Nimm etwas von der Suppe! Sie bewahrt dich vor einer Erkältung. So wie du mitten im Winter herumläufst, muss es dich ja erwischen.«
Gehorsam schlürfte ich einen Teller Antierkältungssuppe, deren Rezept sie von ihrer Großmutter hatte: eine Hühnerbrühe mit einem Schuss Garum und Essig.
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