Im Namen Caesars
schon relativ weit fortgeschritten, aber bis zum Sonnenuntergang war es noch eine Weile hin. Die Weinprobe hatte mich angenehm besäuselt. Ich habe es schon immer geliebt, Arbeit und Vergnügen mit einander zu verbinden.
Als ich die Rostra erreichte, wartete Hermes bereits auf mich.
Sallustius stand neben ihm. Ich setzte ein feistes, falsches Lächeln auf, schüttelte seine Hand und klopfte ihm auf die Schulter.
»Gaius Sallustius!«, rief ich. »Du bist genau der Mann, den ich brauche. «
»Habe ich mir gedacht«, entgegnete er. »Sonst hättest du wohl kaum Hermes geschickt, um mich zu suchen.« Er bemühte sich um ein süffisantes Grinsen, doch das machte ihn nur noch hässlicher. »Ich nehme an, ich soll dir aus deinen aktuellen Schwierigkeiten heraushelfen?«
Ich bedachte ihn mit einem völlig entgeisterten Blick. »Spielst du auf diese dumme Geschichte mit dem kürzlich verstorbenen Fulvius an? Die interessiert mich nicht im Geringsten! Ich brauche dich, weil du - wie soll ich sagen? - was die politischen Persönlichkeiten unserer Republik angeht, als ein wandelndes und unfehlbares Lehrbuch giltst.«
»Verstehe«, entgegnete er, ohne mir auch nur ansatzweise zu glauben. »Was willst du von mir wissen?«
»Also, da ich im nächsten Jahr Praetor sein werde …«
»Vorausgesetzt, man schickt dich nicht ins Exil«, unterbrach er mich. »Ich wünschte, die Leute würden endlich aufhören, so einen Unsinn zu reden. Die Mordanklage ist absolut haltlos. Ich habe nichts mit der Sache zu tun.«
»Tatsächlich!«, entgegnete er, ohne seine Zweifel an der Wahrheit meiner Worte im Geringsten zu verbergen.
»Wie dem auch sei«, fuhr ich unbeirrt fort, »wir können davon ausgehen, dass Gaius Claudius Marcellus im kommenden Jahr einer der beiden Konsuln sein wird. Leider weiß ich ziemlich wenig über den Mann, mit dem ich demnächst eng zusammen arbeiten muss. Auch über seine Familie weiß ich so gut wie gar nichts. Sie hat in der Politik zwar schon immer eine gewisse Rolle gespielt, aber ich habe den Eindruck, dass sie in letzter Zeit ziemlich bedeutend geworden ist.«
»Das liegt daran«, entgegnete Sallustius, »dass die Claudii Marcelli sich im Senat zu den Wortführern des Anti-Caesar-Blocks aufgeschwungen haben.«
»Das hatte ich mir auch schon zusammengereimt. Aber wie ist es dazu gekommen?«
»Zum einen, weil ihr Metelli die Führung der Anti-Tyrannen-Partei aufgegeben habt.«
Ich zuckte zusammen. Diese Spitze hatte mich ins Mark getroffen. Die Politik meiner Familie, sich nie festzulegen und sich stets zu bemühen, die Wogen zu glätten - einst ein Zeichen staatsmännischer Kompromissbereitschaft -, kam beim Volk mehr und mehr als Feigheit und Schwäche an.
»Dann verkaufen die Claudii Marcelli sich also als Verfechter der guten alten republikanischen Freiheit«, stellte ich fest. »Und wie es aussieht, haben sie damit schon jede Menge Leute hinter sich gebracht.«
»Und sie sind bereit, ihre Sache um jeden Preis durch zu setzen«, ergänzte Sallustius.
Wir waren gemächlich auf die Basilica Aemilia zugeschlendert, wo die Restaurierungsarbeiten trotz der allgemeinen Feiertagsstimmung unter lautem Getöse fortgesetzt wurden. Wo man auch hinsah, wimmelte es von Soldaten, die es sichtbar genossen, sich von den Bürgern bewundern zu lassen.
»Wie kommst du darauf, dass sie ihre Sache um jeden Preis durch ziehen wollen?«, hakte ich nach.
»Hast du die Geschichte über den Mann aus Novum Comum gehört?«, fragte er zurück.
Irgendwas über Novum Comum hatte ich kürzlich gehört. »Ist das nicht eine der Kolonien, die Caesar in Gallien gegründet hat?«
»Genau. Vor ein paar Monaten hat Marcellus - ich meine unseren derzeitigen Konsul Marcellus - ein heikles Thema zur Sprache gebracht, nämlich Caesar zurück zubeordern und einen Nachfolger nach Gallien zu schicken. Natürlich wurde der Antrag abgelehnt, und zwar nicht nur von Caesars Anhängern, sondern auch von dem anderen Konsul und von Pompeius. Unter anderem hat auch ein Senator aus Novum Comum mit einer flammenden Rede für Caesar Partei ergriffen und Marcellus damit derart auf die Palme gebracht, dass er seine Liktoren angewiesen hat, den Mann aus der Curia zu schaffen, ihm seine Senatorenstreifen abzureißen und ihn öffentlich auszupeitschen.«
Ich hatte immer geglaubt, dass mich so schnell nichts aus der Fassung bringen würde, aber diese Ungeheuerlichkeit machte mich für ein paar Sekunden sprachlos. »Er hat einen Bürger öffentlich
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