Im Namen der Gerechtigkeit - Roman
abzustellen und für niemanden zu sprechen zu sein.»
Er ging auf direktem Weg zu Salvatoris Büro. Er klopfte, doch als niemand antwortete, öffnete er die Tür trotzdem. Salvatori telefonierte und bedeutete ihm zu warten. Doni blieb stehen, die Klinke fest in der Hand. Nun spürte er den Regen, der ihm übers Gesicht gelaufen war. Als Salvatori auflegte, schloss Doni die Tür und ging zum Schreibtisch.
«Na, Robbe’, wie war’s in Rom?»
«Todlangweilig. Hast du was über den Ägypter in Erfahrung gebracht?»
«Nicht viel.» Salvatori nahm ein Blatt zur Hand, auf das er ein paar Zeilen gekritzelt hatte. «Mohamed Farag, achtunddreißig Jahre alt, seit fünfzehn Jahren in Italien, mit Aufenthaltsgenehmigung, Pizzabäcker in einem Restaurant am Hauptbahnhof. Vorstrafe wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, keine große Sache. Wohnhaft im Viale Monza, unverheiratet, sonst nichts Nennenswertes. Die Leiche wurde um fünf Uhr morgens am Ufer des Lambro von einer Streife gefunden. Ein Pistolenschuss in die Schläfe.»
«Welches Kaliber?»
«Wie bitte?»
«Die Pistole. Welches Kaliber hatte sie?»
«Danach habe ich nicht gefragt.»
Doni wurde plötzlich schwindlig. Er stützte sich mit einer Hand auf dem Tisch ab.
«Alles in Ordnung?», erkundigte sich Salvatori.
«Ja. Ja. Sag mal, gibt es Vermutungen über das Motiv?»
«Pff. Da musst du direkt nachfragen. Die zuständige Staatsanwältin ist Simona Grossi.»
«Gut. Ich danke dir.»
«Robbe’, bist du sicher, dass es dir gutgeht?»
«Ja, der Flug hat mich nur ein bisschen aus dem Konzept gebracht.»
«Du siehst vielleicht aus.»
Doni deutete ein Lächeln an.
«Keine Sorge. Sobald ich mich erholt habe, gehen wir zum Mittagessen wieder in dieses schöne Restaurant, in dem wir vor einem Monat waren.»
«Unbedingt.»
«Und ich werde wieder ein Ökobier trinken.»
«Na und ob.»
Doni spürte Salvatoris Blick im Rücken, als er die Tür hinter sich schloss.
Er ging in sein Büro, um Aktentasche und Rollkoffer abzustellen. Dann erfrischte er sich im Waschraum das Gesicht und trocknete sich die Haare mit einem Papiertuch. Seine Miene im Spiegel sah erschüttert aus. Er straffte sich, rückte die Krawatte zurecht und schnupperte an seinen Achseln. Ein leicht säuerlicher Geruch.
Er ging den Flur entlang. Die üblichen herrenlosen Wagen voller Aktenbündel, die üblichen Leute, die kamen und gingen und sich in diesem Labyrinth gegenseitig nach dem Weg fragten. Als er in sein Büro zurückkam, suchte er im Telefonverzeichnis nach der Nummer von Simona Grossi und wählte sie.
«Ja, bitte?»
«Grossi?»
«Ja, wer spricht denn da?»
«Ciao, Grossi, hier Roberto Doni, von der Oberstaatsanwaltschaft.»
«Guten Tag, Doni. Was gibt’s?»
«Ich muss dich inoffiziell ein paar Sachen zu dem Ägypter fragen, der gestern ermordet wurde. Ich weiß, dass du schon mit Salvatori darüber gesprochen hast.»
«Ja. Gibt es ein Problem?»
«Nein, ganz und gar nicht. Hast du einen Moment Zeit?»
«Aber sicher. Wenn du willst, kannst du gleich zu mir kommen.»
«Danke.»
Sie erklärte ihm den Weg. Doni ging ein Stockwerk höher und traf sie an der Tür zu ihrem Büro, wo sie auf ihn wartete. Sie war eine gutaussehende Frau. Schulterlanges, kastanienbraunes Haar und blaue Augen – eine schlichte, doch elegante Erscheinung.
«Sehr angenehm», sagte sie und gab ihm die Hand. Sie ging ihm voraus ins Büro, das so spartanisch und kahl war wie sein eigenes. Doni war unbehaglich zumute.
«Wie ich schon am Telefon sagte, möchte ich nur ein paar zusätzliche Auskünfte über Mohamed Farag. Über die Todesursache und die Einzelheiten des Mordes.»
Sie berührte kurz ihre Nasenspitze und breitete einige Seiten auf dem Schreibtisch aus.
«Also, natürlich ist noch nichts aufgeklärt. Es gibt keinerlei Indizien, nur die Leiche mit einer Schusswunde an der linken Schläfe. Keine Anzeichen für einen Kampf, keine weiteren Verletzungen.»
«Ist das Kaliber der Pistole bekannt?»
Simona Grossi fuhr mit einem Finger die Seiten entlang.
«Sieben Komma sechs fünf Millimeter», sagte sie.
Doni schloss die Augen.
«Mehr Fakten haben wir nicht», fügte sie hinzu. «Zumindest nichts von Bedeutung. Dieser Mord ist wirklich sehr merkwürdig. Farag hatte nur eine Vorstrafe wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, abgesehen davon war er sauber. Junggeselle, arbeitete als Pizzabäcker und hatte eine Aufenthaltsgenehmigung.»
Sie verschränkte ihre Finger vor dem Mund, eine
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