Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
…«
»Sie haben gesessen, stimmt’s?«
»Aber in verschiedenen Gefängnissen.«
»Das ist egal, so was spricht sich rum. Ehemalige Häftlinge sprechen mit anderen Ehemaligen, geben den Namen eines besonders miesen Schweins weiter. Sexualtäter sind bei ihren Mitinsassen nicht sonderlich beliebt.«
»Das ist ein Argument.« Rebus tat, als erwöge er es. In Wirklichkeit sah er die Sache nicht so, wollte Ellen aber zum Nachdenken veranlassen.
»Haben Sie mit den anderen Polizeidienststellen gesprochen?«, fragte sie.
»Noch nicht. Ich glaube, Siobhan hat schriftlich angefragt.«
»Wir wär’s mit dem persönlichen Kontakt? Herausfinden, was sie Ihnen über Isley und Guest erzählen können?«
»Ich bin ein bisschen überlastet.«
Ihre Blicke trafen sich. Er konnte sehen, dass sie angebissen hatte – für den Augenblick.
»Sie wollen wirklich, dass ich Ihnen helfe?«, fragte sie.
»Sie sind keine Verdächtige, Ellen«, antwortete er, um Aufrichtigkeit bemüht. »Und Sie wissen mehr über das alles als Siobhan und ich.«
»Wie wird sie es finden, wenn ich mit an Bord komme?«
»Sie wird damit einverstanden sein.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.« Sie überlegte einen Moment und seufzte dann. »Ich habe einen einzigen Beitrag für die Homepage geschrieben, John. Die Jensens habe ich nie kennengelernt …«
Rebus zuckte lediglich mit den Schultern. Sie brauchte eine Minute, um ihre Entscheidung zu treffen. »Sie haben ihn festgenommen, wissen Sie – Denises …« Das nächste Wort verschluckte sie, denn »Mann« oder »Partner« brachte sie nicht über die Lippen. »Geführt hat es aber zu nichts.«
»Sie meinen, er ist nicht ins Gefängnis gekommen.« »Sie hat immer noch schreckliche Angst vor ihm«, sagte sie ruhig, »und er läuft immer noch da draußen herum.« Sie knöpfte sich die Ärmel ihrer Bluse auf und fing an, sie hochzukrempeln. »Gut, sagen Sie mir, wen ich anrufen soll.«
Er gab ihr Nummern für Tyneside und Cumbria und griff dann selbst zum Telefon. Inverness klang erst einmal ungläubig. »Sie wollen, dass wir was?« Rebus konnte hören, wie eine Hand ohne großen Erfolg die Sprechmuschel am anderen Ende bedeckte. »Edinburgh will, dass wir Fotos vom Clootie Well machen. Als ich noch klein war, sind wir da immer picknicken gegangen …« Der Hörer wechselte in eine andere Hand.
»Hier ist DS Johnson. Mit wem spreche ich?«
»DI Rebus, B Division in Edinburgh.«
»Ich dachte, ihr hättet mit euren Trotzkisten und Maoisten schon genug zu tun.« Gelächter im Hintergrund.
»Mag sein, aber wir haben auch drei Morde. Beweismaterial für alle drei wurde in Auchterarder gefunden, an einer Stelle, die unter den Ortsansässigen als Clootie Well bekannt ist.«
»Es gibt nur einen Clootie Well, Inspector.«
»Anscheinend nicht. Kann sein, dass Ihrer da oben auch Beweisstücke an seinen Ästen hängen hat.«
Ein Köder, dem der Detective Sergeant nicht widerstehen konnte. Richtige Aufregung gab es bei der Northern Constabulary selten genug.
»Beginnen wir mit Fotos von dem Ort«, fuhr Rebus fort. »Haufenweise Nahaufnahmen, und schauen Sie nach allem, was noch intakt ist – Jeans, Jacken … Wir haben in einer Tasche eine Bankkarte gefunden. Am besten wäre es, Sie könnten mir die Fotos als E-Mail schicken. Falls ich sie selbst nicht öffnen kann, wird sich hier jemand finden, der es kann.« Er sah hinüber zu Ellen Wylie. Sie saß auf der Ecke eines Schreibtischs und spielte mit einem Kugelschreiber, während sie in den Apparat sprach.
»Ihr Name noch mal?«, fragte DS Johnson gerade.
»DI Rebus. Revier am Gayfield Square.« Rebus gab ihm eine Telefondurchwahl und seine E-Mail-Adresse. Er konnte hören, wie Johnson die Angaben notierte.
»Und wenn wir hier oben tatsächlich irgendwas haben …?«
»Würde bedeuten, dass unser Freund fleißig gewesen ist.«
»Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich das Ganze überprüfe? Ich will nur sichergehen, dass Sie mich nicht verarschen.«
»Nur zu! Mein Chief Constable heißt James Corbyn – er weiß alles darüber. Verwenden Sie aber nicht mehr Zeit als nötig darauf.«
»Hier haben wir einen Constable, dessen Vater Porträtaufnahmen und Fotos bei Studienabschlussfeiern macht.«
»Das will aber nicht heißen, dass der Constable das eine Ende der Kamera vom anderen unterscheiden kann.«
»Ich habe gar nicht an ihn gedacht, sondern an den Vater.«
»Was immer Sie für richtig halten«, sagte Rebus und legte das Telefon im selben Moment
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