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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Smirnoff-Flaschen zu sehen.
    »Herein mit euch«, meinte sie. »Ich setze Wasser auf. Macht es euch bequem.«
    »Muss zehn Jahre her sein, dass wir das letzte Mal hier waren«, bemerkte ihr Vater, der einen kleinen Rundgang durchs Wohnzimmer machte.
    »Ohne eure Hilfe hätte ich die Wohnung gar nicht kaufen können«, rief Siobhan aus der Küche. Sie wusste, wonach ihre Mutter Ausschau hielt: Anzeichen männlichen Besuchs. Dass sie Geld zu dem Wohnungskauf beigesteuert hatten, hatte einzig und allein dem Zweck gedient, ihrer Tochter zu helfen, »sich zu etablieren« – dieser tolle Euphemismus. Feste Beziehung, Heirat, Kinder. Ein Weg, den einzuschlagen Siobhan bisher nicht imstande gewesen war. Als sie Teekanne und Becher hereinbrachte, stand ihr Vater auf, um ihr behilflich zu sein.
    »Du kannst eingießen«, sagte sie zu ihm. »Ich muss im Schlafzimmer noch ein paar Sachen richten …«
    Sie öffnete den Kleiderschrank und holte ihre kleine Reisetasche heraus. Zog Schubladen auf, während sie überlegte, was sie wohl benötigen würde. Mit etwas Glück brauchte sie vielleicht gar nichts davon, aber sie wollte lieber auf der sicheren Seite sein. Kleider zum Wechseln, Zahnbürste, Shampoo … Sie durchwühlte ein paar Schubladen und stieß auf ihre schlampigsten, zerknittertsten Sachen. Eine Latzhose, in der sie die Diele gemalert hatte und deren einer Träger nur von einer Sicherheitsnadel gehalten wurde; ein Hemd aus indischer Baumwolle, das von einer dreitägigen Beziehung übriggeblieben war.
    »Wir vertreiben dich hier«, meinte ihr Vater. Er stand in der Tür und hielt ihr einen Becher Tee hin.
    »Ich muss kurz verreisen, das hat nichts damit zu tun, dass ihr beide hier seid. Vielleicht bin ich erst morgen wieder zurück.«
    »Kann sein, dass wir dann schon nach Gleneagles gefahren sind.«
    »Vielleicht treffe ich euch dort«, antwortete sie mit einem Augenzwinkern. »Kommt ihr beide heute Abend zurecht? Es gibt jede Menge Geschäfte und Restaurants. Ich lasse euch einen Schlüssel da …«
    »Wir schaffen das schon.« Er hielt inne. »Diese Reise, hat die etwas mit dem zu tun, was deiner Mutter passiert ist?«
    »Vielleicht.«
    »Ich hab nämlich gedacht …«
    »Was?« Sie schaute von dem auf, was sie gerade einpackte.
    »Du bist auch Polizistin, Siobhan. Wenn du weitersuchst, wirst du dir wahrscheinlich Feinde machen.«
    »Das ist kein Beliebtheitswettbewerb, Dad.«
    »Trotzdem …«
    Sie zog den Reißverschluss der Reisetasche zu, ließ sie auf dem Bett stehen und nahm ihm den Becher ab. »Ich möchte ihn nur sagen hören, dass es falsch war.« Sie nippte an dem lauwarmen Tee.
    »Könnte das passieren?«
    Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht.«
    Ihr Vater hatte sich auf eine Ecke des Bettes gesetzt. »Sie ist entschlossen, nach Gleneagles zu fahren, weißt du.«
    Siobhan nickte. »Bevor ich aufbreche, bringe ich euch zu dem Camp, damit ihr eure Sachen herholen könnt.« Sie hockte sich vor ihn hin und legte eine Hand auf sein Knie. »Bist du sicher, dass ihr zurechtkommt?«
    »Ganz bestimmt. Und du?«
    »Mir wird nichts passieren, Dad. Ich habe ein Kraftfeld um mich herum. Ist dir das noch nicht aufgefallen?«
    »Ich glaube, in der Princes Street habe ich es kurz aufblitzen sehen.« Er legte die Hand auf ihre. »Trotzdem, pass auf dich auf, ja?«
    Sie lächelte und erhob sich, bemerkte, dass ihre Mutter sie von der Diele aus beobachtete, und bedachte sie ebenfalls mit einem Lächeln.
     
    Rebus war schon mal in der Mensa gewesen.Während der Vorlesungszeit wimmelte es dort von Studenten, von denen viele gerade erst anfingen zu studieren und deshalb misstrauisch oder gar ängstlich dreinblickten.Ein paar Jahre zuvor hatte ein Student im zweiten Jahr mit Drogen gehandelt, und Rebus hatte ihn vom Frühstück weg verhaftet.
    Die Studenten, die in die Cafeteria kamen, waren mit Laptops und iPods ausgestattet, sodass der volle Raum nie laut war, wenn man vom Gedudel der Handys einmal absah.
    Heute jedoch hallte die Cafeteria von rauen, lauten Stimmen wider. Rebus spürte das Knistern von Testosteron in der Luft. Zwei Tische waren zu einer provisorischen Bar zusammengeschoben worden, an der kleine Flaschen mit hellem, französischem Bier verkauft wurden. Die »Rauchen Verboten«-Schilder wurden missachtet. Uniformierte Beamte klopften sich gegenseitig auf die Schultern und vollführten unbeholfen so etwas Ähnliches wie das amerikanische Abklatschen. Ihre Stichschutzwesten hatten sie ausgezogen und an einer Wand

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