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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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Exkollegen auf die andere Seite des Gebüschs. Sie stiegen über Abfall, Schnapsflaschen, gebrauchte Kondome.
    Zuerst sah er nur die ausgestreckte linke Hand und war seltsam erleichtert, dass sie unversehrt war. Auch am Hinterkopf mit dem dichten Haar wies nichts auf ein Gewaltverbrechen hin. Aus dieser Perspektive hätte man glauben können, der Mann sei unter das Gebüsch gekrochen und dort eingeschlafen.
    »Können wir?«, sagte Buchrieser.
    Zwei Gummihandschuhe näherten sich dem Kopf, packten ihn an den Wangen und hoben ihn an.
    Schwarz trat zwei Schritte nach vorne und kniete sich ins nasse Gras.
    Aber es hatte nicht geregnet. Es war Blut.
    Der Spurensicherer zog den Kopf vorsichtig noch ein Stück höher. Jetzt sah Schwarz direkt in Webers halb geöffnete, tote Augen.
    »Er ist es.«
     
    Danach hatte Anton Schwarz das Gefühl, dass vor ihm ein Film in einer fremden Sprache ablief, ein Film, dessen Handlung nichts mit ihm zu tun hatte. Er sah, wie eine Jogginghose gefunden und in einem Plastikbeutel verstaut wurde. Er sah, wie in der Erde neben der Straße das Profil eines Reifenabdrucks gesichert wurde. Er sah Buchrieser, der auf eine Frau einredete, die einen Jack Russel an der Leine führte. Sie nickte und zeigte in eine Richtung. Ihr Hund zerrte ungeduldig an der Leine.
    Kolbinger tauchte auf, ließ sich die Leiche zeigen, wandte sich kopfschüttelnd ab, redete mit dem Arzt, dem Leiter der Spurensicherung, der Zeugin mit dem Hund.
     
    Schwarz stand immer noch reglos da.
    »Schlimme Sache, was?«, sagte Kolbinger.
    Er reagierte nicht.
    »Geht’s dir nicht gut, Anton?«
    »Er war ein feiner Mensch.«
    »Das glaube ich dir und ich verspreche dir, wir finden seine Mörder.«
    Das nützt ihm auch nichts mehr, dachte Schwarz. Ich hätte besser auf ihn aufpassen, ihn irgendwie beschützen müssen. – Wie hilflos er sich fühlte.
    Kolbinger legte ihm die Hand auf die Schulter. »Anton. Wir können das Schicksal nicht aufhalten.«
    Bei jeder Leiche dieselben dummen Sprüche, dachte Schwarz.
    Jetzt gab der ehemalige Kollege auch noch ungefragt seine Einschätzung der Lage zum Besten. »Die Täter wollten den Anschein erwecken, es handle sich um einen Sexualmord, aber dabei sind sie nicht sehr professionell vorgegangen.«
    »Sie sind gestört worden«, sagte Schwarz.
    »Ja, könnte sein. Die Leiche war schlecht versteckt und ist gleich gefunden worden.«
    »Sie war noch warm«, sagte Schwarz.
    »Er ist vermutlich gegen sieben Uhr überfallen worden«, fuhr Kolbinger fort. »Die Frau mit dem Hund hat ihn hier entlangjoggen sehen. Wahrscheinlich haben die Täter ihm aufgelauert, als er seine zweite Runde gelaufen ist. Wir haben einen Klappspaten gefunden, wie er bei der Bundeswehr verwendet wird. Mit dem ist er vermutlich niedergeschlagen worden. Danach haben sie ihn ausgezogen und ihn mit dem Wagen überfahren … Wir wissen nicht, ob er da noch gelebt hat.«
    Seinen Mördern war das egal, dachte Schwarz. Sie wollten ein Zeichen setzen, je brutaler, desto besser. Eine unmissverständliche Warnung an alle, die vielleicht noch etwas wissen.
    Und wer wusste noch etwas?
    Schwarz hatte keine Idee. Wie auch, wenn er nicht einmal ahnte, um welches Geheimnis es ging?
    Weber hatte vermutet, der Tod seines Geliebten könnte etwas mit Steinsberg zu tun haben. Aber was war es? Und warum hatte er sterben müssen?
    Die Mörder, beziehungsweise ihre Auftraggeber, fackelten nicht lange. Ihnen reichte der bloße Verdacht.
    Scheiße, dachte Schwarz, die werden doch nicht auf die Idee kommen, dass ich auch zu den Eingeweihten gehöre. Sie haben mich doch bestimmt mit Weber beobachtet.
    Der Jack Russel fing wie verrückt zu kläffen an. Offenbar hatte er die Leiche erst jetzt entdeckt.
    »Ich gehe nach Hause«, sagte Schwarz zu Kolbinger.
    »Einen Augenblick noch, Anton, wir brauchen dich fürs Protokoll.«
    Er tat so, als hätte er ihn nicht gehört.
    Er musste hier weg. Schnell.

41.
     
    Schwarz lief bis zur nächsten größeren Straße. Er wusste, dass hier die Tram nach Pasing vorbeifuhr. Er stand eine Weile an der Haltestelle und versuchte, sich zu beruhigen. Sein Magen brannte, er hatte wacklige Knie. Er drängte sich zwischen zwei ältere Frauen auf die Bank. Sie zogen indigniert ihre Handtaschen zur Seite. Aber im nächsten Moment sprang er auf, um einem Taxi zu winken.
    Der türkische Fahrer hätte sich gern mit ihm über die zynischen Äußerungen eines Berliner Finanzsenators unterhalten, der Hartz-IV-Empfängern zur

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