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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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neue Partner der Mutter. Die Mutter-Sohn-Bindung dagegen hat vielmehr mit Berührung und Haut zu tun. Die gibt es kein zweites Mal. Die Mutter ist einzigartig. Schau, Mutterfiguren sind doch fast immer die Frauen, die das Kind auf die Welt gebracht haben. Oder die es zumindest gestillt haben, das kann ja eine andere Frau gewesen sein wie eben bei Waisen, die ihre Mutter verloren haben.«
    »Wurdest Du …?«
    »Nein, ich nicht … Meine Mama hieß Hipp …«
    »Sag mal, findest Du eigentlich, dass dies ein passendes Thema für unsere Unterhaltung ist?«
    »Passend wozu …?«
    »Willst du psychologisch ein bisschen nachhaken, Du monkey face?«
    »Ich kann gar nicht mit irgendwelchen psychologischen Spitzfindigkeiten kommen, weil ich Geschichte studiert habe.«
    »Das freut mich. Ich mag nämlich Psychologen nicht besonders.«
    »Warum?«
    »Die stellen zu viele Fragen …«
    Pause.
    »Entschuldige, falls …«
    »Ach Quatsch, alles gut, ich glaube, man bekommt selten eine gute Antwort auf direkte Fragen, selbst wenn jemand versucht, ehrlich zu sein. Die Art der Fragen beeinflusst die Antworten. Meist ist das Bild, wenn es aus dem größeren Kontext herausgelöst wird, nicht viel aussagekräftiger als ein Urlaubsfoto. Deshalb möchte ich Dich bitten, nicht allzu viele Rückschlüsse zu ziehen, aus dem, was ich da gesagt habe.«
    »Bis jetzt haben meine Ermittlungen nur ergeben, dass du liebenswert und kultiviert bist.«
    »Und gut aussehend hast Du gesagt, vergiss das nicht.«
    »Und gut aussehend, wie konnte ich das nur vergessen«, jetzt sieht sie wieder aus wie ein ernsthafter Hollywoodstar.
    »Dabei hast Du doch schon beiläufig zu verstehen gegeben, dass gut aussehende Muskelpakete und Bodylotions nichts für Dich sind …«
    »Och, damit könnte ich mich arrangieren. Schließlich kommt es darauf nicht an. Außerdem hatte ich mal einen sauhübschen Freund in Santander.«
    »Und dann …?«
    »Nix, dann stellte er sich zur Mister-Cantabria-Wahl und ging ins Fitness-Studio.«
    ***
    Als sie aus der Kneipe herauskommen, laufen sie an Billigläden vorbei Richtung Süden, biegen dann um eine Ecke und tauchen in eine andere Welt ein: schmale Bürgersteige und Akazientupfen säumen eine gediegene Einbahnstraße. Das letzte Tageslicht lässt den Asphalt glänzen, über den eine dunkle Katze im Gegenlicht huscht, als würde sie über eine Kupferschicht gleiten. Ein warmes Lüftchen kommt mit einem Mal auf, das die Pollen zum Wirbeln bringt, als wären sie winzig kleine, leuchtende Konfettis, die sich an die Kleidung und Haare heften.
    Suzannes Wohnung liegt im zweiten Stock eines Klinkergebäudes, das in bräunlichem Gelb gestrichen ist, eine Feuertreppe besitzt, die sich im Zickzack an der Fassade emporrankt. Eine Art Steg mit kleinen Stufen führt zum Haupteingang. Die restlichen Gebäude in der Straße ähneln sich: Sie sind drei- oder vierstöckig, frisch restauriert und in Ocker-, Orange- oder Rosttönen gestrichen. Ein Haus klebt am anderen, als wollten sie hinter dem Laubwerk der Bäumchen, die in einer Reihe davor gepflanzt sind, zusammen ein langes buntes Wandgemälde ergeben. Durch manche Fenster lässt sich ein Blick in die wohnlichen Innenräume werfen: großformatige Gemälde, Ausschnitte eines gefüllten Bücherregals, eine Stehlampe, ein Ohrensessel, der mit dem Rücken zum Licht der Straße steht. T stellt sich vor, wie hinter diesen Fenstern Schriftsteller leben, die in Hausschuhen vor einer dampfenden Tasse Kaffee an ihren Schreibtischen vertieft arbeiten.
    »Normalerweise würde ich Dich einladen, mit hochzukommen, dann könnten wir oben noch was zusammen trinken«, sagt Suzanne, »aber Caroline flitzt um diese Tageszeit meist nackt durch die Wohnung, weil sie sich nie entscheiden kann, was sie anziehen soll. In der Regel macht sie sich so um diese Zeit für ihre nächtlichen Verabredungen zurecht.«
    »Nicht schlimm … Wollen wir die Zigarette noch zu Ende rauchen?«
    Sie setzen sich wie zwei Schüler in der Hofpause auf die Treppenstufen, dicht nebeneinander, Schulter an Schulter und Knie an Knie. Der Verkehrslärm dringt gedämpft zu ihnen vor, und im Wind rascheln die weichen Blätter der Akazien.
    »Die Straße ist schön. Hier könnte man gut Fotos machen.«
    »Ja, ich hatte Glück, dass ich hier was gefunden habe. Das ist echt eine angenehme Ecke.«
    »Mir gefällt’s hier fast noch besser als in der Upper East Side. Und wahrscheinlich ist’s sogar billiger …«
    »Hm, die Gegend ist schon

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