Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
mir nicht leisten, darauf einzugehen.
Mein Herz ist noch geschädigt, meine Ausdauer lässt nach. Ich muss die wenige Energie, die mir bleibt, dazu nutzen, von hier zu verschwinden, bevor Axel aufwacht.
Ich durchforste meine Erinnerungen. Versuche, irgendwelche Details unserer Ankunft auszugraben, erinnere mich an das Gefühl von Axels Armen, die meinen Körper umschlangen, als er mich himmelwärts katapultierte, bis wir durch ein wunderschönes Netz aus gesponnener Seide stießen und in eine Welt aus hellem, goldenem Licht vordrangen.
Und dann …
Und dann?
Eine große, leere Schneise klafft zwischen dem ersten Anblick des Lichts und dem Augenblick, als ich in dem Bett erwachte.
Doch obwohl die Erinnerung unwiederbringlich verloren sein mag, ist eines sicher: Wenn ich hochgeflogen bin, um hierherzukommen, muss ich wieder hinabfliegen, um zurückzukehren.
Ich richte meine Suche auf irgendetwas, das eine Abwärtsbewegung ermöglicht – eine Leiter, eine Rutsche, einen großen Baum mit langen Wurzeln. Fast zeitgleich erhebt sich der Wind, schiebt mich auf einen warmen, strahlenden Schimmer zu, der sich zu meiner Rechten erstreckt und starke Ähnlichkeit mit dem goldenen Netz hat, das ich durchdrungen habe, bevor ich hierherkam.
Ich renne ohne Bedenken darauf zu, überzeugt, dass es mein Ausweg ist, derart fasziniert von seinem einladenden Pulsieren, dass ich fast die Mädchen übersehe, die mir den Weg abschneiden.
»Nicht so schnell!«, ruft eine von ihnen, doch ich laufe mit gesenktem Kopf an ihr vorbei.
Ich habe sie schon ein Stück hinter mir gelassen, als sie sagt: »Daire?«
Ich beschleunige meine Schritte, was mein Herz mit schmerzhaftem Zucken quittiert.
Nur noch zwei Schritte, und ich habe es geschafft …
»Daire Lyons-Santos?«
Ich tue so, als hätte ich die Worte nicht gehört. Wenn sie meinen Namen kennt, verheißt das nichts Gutes. Es könnte bedeuten, dass sie mit Axel in Verbindung steht.
Sie eilt von hinten heran. Ihre Bewegungen sind schneller, leichtfüßiger und flüssiger als meine. Mühelos packt sie mich an der Schulter und wirbelt mich herum, bis ich in ein prüfendes Augenpaar schaue, dessen Farbe mich an einen Sonnenaufgang über dem Meer erinnert. Ihr silbrig rosafarbener Blick ist so eindrucksvoll, dass es einen Moment dauert, bis ich den sanften Braunton ihrer Haut wahrnehme, die dunklen Locken und den hochgewachsenen Körper, der in ein Kleid gehüllt ist, das meinem ziemlich ähnlich ist. Abgesehen davon, dass es nicht schneeweiß ist, sondern die gleiche Farbe hat wie ihre Augen.
»Du bist es doch, nicht wahr?«, fragt sie, und ihr Erstaunen, mich hier anzutreffen, steht ihr im Gesicht geschrieben. Doch obwohl sie mich offensichtlich kennt, habe ich keine Ahnung, wer sie ist. »Was tust du hier? Wo bist du gewesen? Ich habe überall nach dir gesucht – in all dem Chaos habe ich dich aus den Augen verloren.« Sie zupft an meinem Kleid. »Und warum trägst du das? Wer hat es dir gegeben?«
Ich entwinde mich ihrem Griff und trete einen Schritt zurück. Ich habe zwar keine Ahnung, was hier los ist oder warum sie sich Gedanken über mein Kleid machen sollte, hüte mich jedoch davor zu antworten.
Ich wage einen schnellen Blick über die Schulter, will den schimmernden Schleier um jeden Preis erreichen. Bedauere mein Verhalten, sobald sie meinen Blick bemerkt.
»O nein«, sagt sie und ist mit einem geschmeidigen Schritt wieder an meiner Seite. »Ich weiß nicht, wie du hierhergekommen bist, Daire. Oder wie das alles passiert ist, aber du kannst nicht dorthin zurück. Nicht jetzt. Nicht später. Niemals.« Ihre Freundinnen rufen nach ihr, wollen wissen, ob sie warten sollen, doch sie winkt sie fort und richtet ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. »Komm, Daire. Komm mit mir.« Ihre Finger umschlingen mein Handgelenk. Unsere Blicke treffen sich. »Ich bin hier, um dir zu helfen. Du brauchst keine Angst zu haben. Es wird nicht lange dauern, alles zu klären.«
Ich nicke, als würde ich zustimmen. Erwidere sogar ihr Lächeln, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Sicher meint sie es gut, doch sie hat keine Ahnung, worum es geht. Keine Ahnung, was zu Hause auf dem Spiel steht.
Keine Ahnung, was Axel getan hat.
Und ich habe keine Lust, sie aufzuklären.
Sie macht auf dem Absatz kehrt und zieht an meinem Arm, und ich tue so, als würde ich meinen Widerstand aufgeben und ihr folgen. Mein Einverständnis veranlasst sie, ihren Griff zu lockern, wodurch ich mich von ihr losreißen und auf
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