Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
zu fühlen, wie sie es aufnimmt. Zu meinem Erstaunen ist sie nicht annähernd so überrascht, wie ich gedacht hätte.
»Ich wusste es!«, kreischt sie, sowie Paloma geendet hat. Zur Betonung schlägt sie auf den Tisch, was von mir aus wie ein greller Streifen Orange aussieht, der in einem trüben Streifen Braun einmündet. »Das wusste ich echt ganz genau!« Sie betont jedes Wort überdeutlich. »Ich meine, vielleicht wusste ich nicht, dass sämtliche Richters, auch bekannt als El Coyote, mehr oder weniger böse bis ins Mark sind. Und vielleicht wusste ich auch nicht, dass Cade sich in einen echten Dämon verwandeln kann, weil er der Sohn eines Dämons ist und durch schwarze Magie gezeugt wurde. Und vielleicht wusste ich auch nicht, dass es in dieser Stadt jede Menge geheime Portale oder Energiewirbel gibt oder wie immer ihr das auch nennt …«
»Und was genau hast du gewusst?«, frage ich, ohne mir ein Grinsen verkneifen zu können.
»Ich wusste, dass Cade gefährlich ist. Ich wusste, dass er etwas sehr Finsteres an sich hat. Und mir wird speiübel, wenn ich an all die Dinge denke, die ich … die wir …« Sie ringt darum, ihren hektischen Atem unter Kontrolle zu bringen, presst die Hände auf den Tisch und setzt neu an. »Seinen gruseligen Kojoten hab ich jedenfalls gesehen. Sogar öfter. Und als ich das erste Mal dabei war, wie seine Augen glutrot aufgeleuchtet haben, habe ich nur noch gekreischt und bin davongerannt. Doch dann hat mir Cade irgend so eine erfundene Geschichte aufgetischt, dass er ihn angeblich als verlassenes Junges gefunden hätte und ihn retten wollte, ihn abrichten und als Haustier behalten und … igitt. Ich kann euch gar nicht sagen, wie enttäuscht ich über mich selbst bin, dass ich mich von alldem hab einwickeln lassen. Nicht zu fassen, dass ich ihm tatsächlich geglaubt habe!«
»Sei nicht so streng mit dir selbst.« Paloma rutscht mit dem Stuhl vom Tisch weg, wobei dessen Beine laut über den Fliesenboden kratzen. »Die Richters können die Wahrnehmung der Leute verändern. Sie haben deine genauso verändert wie die von allen anderen in Enchantment.«
»Allen außer Xotichl.« Lita dreht sich zu mir her. »Wie kommt es, dass du nie auf seine Show reingefallen bist?«
»Cade kann mich nicht erreichen.« Ich senke den Kopf und trinke einen Schluck Tee. »Keiner der Richters kann das. Das ist der Vorteil, wenn man blind ist.«
»Willst du damit sagen, dass er mich geblendet hat?« Litas Stimme klingt so hoch, dass sie praktisch kreischt. »Dass er mir in die Augen gesehen und mich hypnotisiert hat wie die Vampire im Fernsehen?« Sie ist zwischen Faszination und Empörung hin- und hergerissen, was ich daran merke, wie ihre Energie aufflammt und Funken sprüht.
»Nicht direkt«, sagt Paloma. »Sie müssen sich deinen Blick zunutze machen, um die Art und Weise zu ändern, wie du Dinge wahrnimmst. Es ist ein esoterisches Verfahren, das nur sehr wenige bisher gemeistert haben. Soweit man weiß, waren sie, ehe sie auf das Geheimnis dieser besonderen Fertigkeit gestoßen sind, durchschnittliche, ja vielleicht sogar ehrenwerte Bürger. Zumindest bis sie von ihrer Macht verdorben wurden. Sie wurden immer unersättlicher, habgieriger, betrunken von ihrer eigenen Verfügungsgewalt. Ganz egal, wie viel Schaden sie auch anrichten, die Menschen nehmen sie weiterhin als eine Familie wahr, die ihre Ehrfurcht und ihren Respekt verdient hat. Und so rackern sie sich alle brav für die verschiedenen Interessen der Richters ab und geben ihr ganzes sauer verdientes Geld für Essen und Trinken in ihrer Bar und anderen Lokalitäten aus. Es ist ein entsetzlicher Teufelskreis, der dafür sorgt, dass sie auf ewig verschuldet bleiben. Kennt ihr die Redewendung: Absolute Macht korrumpiert absolut? Die Richters sind ein Paradebeispiel dafür.«
»Und Cade ist der Schlimmste von allen, nachdem er im letzten Jahr am laufenden Band Teile von menschlichen Seelen geraubt und dann seine toten Ahnen damit gefüttert hat, um sie wieder zum Leben zu erwecken und seinen Willen zu bekommen«, erkläre ich, denn Lita soll wissen, dass es zwar nicht ihre Schuld war, dass sie auf Cade hereingefallen ist, aber die Wahrheit noch viel schlimmer ist, als sie glaubt.
»Willst du mir allen Ernstes weismachen, dass er meine Seele benutzt hat, um irgendeinen gottverfluchten Richter-Zombie wiederzuerwecken?«
Wenn ich ihre Stimme vorher schon schrill fand, so war das noch gar nichts im Vergleich dazu, wie sie jetzt
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