Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
Monster.
Kein Kojote.
Keine Richters.
Fast als wollte man mich in Versuchung führen, hier einzudringen.
Als wäre es eine Art Falle.
Daire und ich wechseln einen raschen Blick, und schon weiß ich, dass sie dasselbe denkt wie ich.
Ist das eine Herausforderung – ein Trick –, oder sind sie sich einfach zu sicher, dass wir es nicht wagen würden, bei ihnen einzudringen?
Während ich mir sage, dass wir das so oder so noch früh genug herausfinden werden, drängen wir uns durch die Wand, die eigentlich keine Wand ist, und schleichen durch den Tunnel. Obwohl wir unsere Schritte absichtlich leicht setzen, werden sie darin dennoch zu einer Abfolge von dumpfen Schlägen verstärkt, die die Richters garantiert hellhörig machen werden.
Es ist kein Zufall, dass sie den Eingang mit Blech ausgelegt haben.
Nichts, was sie tun, geschieht zufällig.
Oder vielmehr nichts außer mir.
Laut Cade bin ich der größte und bedauerlichste Fehler, der Leandro je unterlaufen ist.
Und wenn ich nichts anderes mit meinem Leben anfange, schwöre ich, dass ich ihm das beweisen werde.
Er hat keine Ahnung, wie sehr er die Gewalt noch bereuen wird, die er meiner Mutter an dem Tag angetan hat, als er mich gezeugt hat.
Er hat keine Ahnung von meinem Schwur, ihn dafür bezahlen zu lassen.
Unwillkürlich ballen sich meine Hände zu Fäusten. Allein der Gedanke genügt, um das Stückchen gestohlener Finsternis in mir zum Ausbruch zu bringen.
Es beginnt mit einem Summen, das schnell zu einem aus der Tiefe aufwallenden Brummen wird und sich immer weiter ausbreitet, bis mein ganzer Körper von einer kaum mehr im Zaum zu haltenden, vibrierenden Intensität erfüllt ist.
Ich ringe darum, meinen Atem unter Kontrolle und meine Gliedmaßen ruhig zu halten. Da Daire direkt an meiner Seite ist, darf ich mir nichts anmerken lassen.
Doch das muss genau das sein, was Cade empfindet, wenn er sich in die Dämonenversion seiner selbst verwandelt.
Befreit.
Entfesselt.
Sämtlicher moralischer Verpflichtungen entkleidet – und über alle körperlichen Beschränkungen erhaben.
»Alles okay mit dir?«, fragt Daire. Ihre Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern, dennoch hallt sie von den Wänden wider und gellt in meinem Kopf.
Ich atme tief ein und werfe einen hastigen Blick auf meinen Körper. »Ja. Alles bestens«, murmele ich, erstaunt, dass ich immer noch ich bin. Schwarzer Pulli. Dunkle Jeans. Keine Krallen – kein Schweif – keine schuppigen Füße. Trotzdem lässt sich die Anwesenheit der jetzt in mir erwachten Kreatur nicht leugnen.
Daire wirft mir einen besorgten Blick zu, hält jedoch weiter auf die Höhle zu, in deren Eingang wir stehen bleiben und eine lebhafte Party beobachten. Niemand registriert unsere Anwesenheit.
Niemand außer Kojote.
Mit gefletschten Zähnen und rot glühenden Augen schnellt er in die Höhe und geht auf meine Kehle los. Sein unbezähmbarer Blutdurst wird noch angefacht durch die Erinnerung an die früheren Male, die er sich an meinem Fleisch gütlich getan hat.
Irgendwo in der Nähe schreit ein Mädchen auf.
Ein anderes kreischt.
Während das Raubtier knurrend auf mich zuschießt, einzig und allein darauf aus zu töten.
Instinktiv wirft sich Daire zwischen uns und versucht einzugreifen. Getrieben von dem Wissen, dass die Wunden, die Kojote mir zufügt, auf Cade keine Wirkung haben, da Kojote sein Geisttier ist.
Doch die Finsternis in mir drängt zum Ausbruch.
Vibriert in mir.
Verschafft mir ungeahnte Kraft und blitzschnelle Reflexe.
Lange bevor Daire sich in den Kampf mengen kann – lange bevor Kojote die Reißzähne in mein Fleisch bohren kann –, fange ich ihn mitten im Sprung ab und dränge mich durch das Partygetümmel. »Wo ist Cade?«, brülle ich, während mir der knurrende Kojote von der Faust hängt.
Die angetrunkene Menge teilt sich vor mir und verschafft mir freien Blick auf Leandro, der mit zwei spärlich bekleideten Frauen – auf jedem Bein eine – in einem überdimensionalen Sessel lümmelt.
Er legt den Kopf in den Nacken und mustert mich über den Nasenrücken hinweg. Unverzüglich entledigt er sich derart nachlässig der beiden Frauen, dass sie beide auf die Knie fallen.
»Cade ist nicht hier«, sagt er und sieht erst mich, dann Kojote und dann Daire an meiner Seite an. Schließlich betrachtet er meinen gruseligen Cousin Gabe, der direkt gegenüber auf dem Sofa sitzt, flankiert von zwei dienstbaren Blondinen, von denen ihm jede eine Schulter massiert, während eine dritte hinter
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