Im Nebel eines neuen Morgens - Kriminalroman
Raymond?«
»Jemand, der besser ist als ich. Keinen Halbtoten.«
Sie lächelte traurig. »Das macht es umso vieles einfacher, nicht wahr? Du musst mir nur sagen, ich hätte was Besseres verdient als dich, und dann musst du dich nicht mehr um meine Bedürfnisse kümmern.« Sie zog ihre Hand weg. »Du und dieser Mann im Garten, ihr habt etwas gemeinsam, weißt du?« Ihre Stimme klang so traurig, und sie sprach so leise, dass er sie kaum hörte. »Keinen von euch interessiert es einen feuchten Kehricht, was ich brauche. Es geht immer nur um eure Bedürfnisse.« Sie erhob sich. »Ich muss mir die Nase pudern.«
Er ergriff ihr Handgelenk. »Wahrscheinlich hast du recht, Florence, aber ich bin nicht mehr so.« Er fasste in die Innentasche seiner Jacke, zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier heraus und reichte es ihr.
»Was ist das?« Sie beachtete das Papier nicht, sondern sah ihm in die Augen.
»Ich hab es im Rathaus aufsetzen lassen, als wir in Baton Rouge waren. Ich weiß, ich war gemein zu dir. Damit kann ich es nicht wiedergutmachen, aber es zeigt meinen guten Willen.«
Langsam faltete sie das Dokument auseinander und las es. Als sie es sinken ließ, hatte sie Tränen in den Augen. »Warum machst du das?«
»Wenn mir was zustößt, will ich, dass du mein Haus bekommst. Verkauf es, oder mach damit, was du willst. Es liegt Geld auf der Bank. Genug, damit du ein anderes Leben führen kannst. Wenn ich dir schon kein anderes Leben bieten kann, dann kann ich dir wenigstens die Mittel dazu geben, dir selbst eins aufzubauen.«
Abrupt drehte sie sich um und ging zur Toilette. Jeder Mann im Raum starrte auf ihre Hüften unter ihrem marineblauen Kleid. Fast wäre Raymond aufgesprungen und hätte alle herausgefordert, bereit, ihnen die Fäuste ins Gesicht zu rammen.
Als ihm jemand auf die Schulter klopfte, fuhr er herum. Der Mann, der vor ihm stand, war alterslos, sein Gesicht, wettergegerbt und gebräunt, verbarg mehr, als es preisgab.
»Sie müssen der Polizist sein, der nach mir sucht.« Der Mann lächelte und zeigte kräftige weiße Zähne. »Einen hübschen Deputy haben Sie da.«
»Wenn Sie Armand Dugas sind, dann suche ich Sie tatsächlich.« Raymond ignorierte die Anspielung auf Florence. Was er wollte, waren Informationen, keine Schlägerei. In einem hatte Florence recht: Es ging hier nicht um ihn, und wenn er Adele helfen wollte, musste er das Spielchen mitspielen.
Der Mann zuckte mit den Achseln. »Namen ändern sich, je nach Bedarf. Man hat mir gesagt, Adele Hebert steckt in Schwierigkeiten.«
»Ihr wird ein Mord vorgeworfen.« Raymond sah Florence aus der Toilette kommen. Er zögerte, dann winkte er sie heran. »Das ist Florence Delacroix.«
Der andere musterte sie. »Ich kannte Ihre Mutter«, sagte er. »Wenn Sie mal vorhaben sollten, nach New Orleans zu ziehen …«
»Sie wird nirgendwohin ziehen.« Wieder packte Raymond der Zorn. Eindringlich starrte er Dugas an. »Sie waren des Mordes angeklagt.« Er ließ die Tatsache so stehen.
»An einer Frau, die es nie gegeben hat.« Dugas rückte Florence einen Stuhl zurecht. »Eine Anklage, die nie bewiesen werden konnte. Und deren Gegenteil man deshalb auch nicht beweisen kann.«
»Warum sollte Ihnen ein Mord angehängt werden?« Raymond wusste nicht, was Dugas mit dem Mord an Henri Bastion zu tun hatte, aber dass er daran beteiligt war, dessen war er sich sicher. Und was immer Adele angetan worden war, es hatte seinen Anfang auf der Bastion-Plantage genommen. Dugas war die einzige Spur, die Raymond hatte.
Das Lächeln wich aus Dugas’ Blick. »Ich hab zu viel gewusst. Da war es sicherer, mich ins Grab zu befördern. Aber ich hab keine Frau getötet, obwohl ich es denen durchaus zugetraut hätte, dass sie eine umbringen, nur damit sie eine Leiche haben.« Er lächelte. »Aber dann zeigte sich, dass es gar keine Beweise brauchte. Ich wurde verurteilt und kam schließlich zu Henri Bastion, einem Mann, der keinerlei Bedenken hat, seine Sträflinge sich zu Tode schuften zu lassen – das war das Schicksal, das mir bevorgestanden hätte.«
»Ihr Arbeitseinsatz für Henri war nur Zufall?«
Dugas überlegte. »Ich weiß es nicht.«
»Und Adele?«
Er wandte sich ab, um seine Gefühle zu verbergen. »Sie ist eine gute Frau.«
Raymond wusste, dass Dugas nicht die ganze Wahrheit erzählte. »Hat Adele Sie geliebt?«
Dugas schüttelte den Kopf. »Wenn Sie mich damals gesehen hätten, würden Sie sich die Frage sparen. Ich hab damals keine fünfzig Kilo
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