Im Nebel eines neuen Morgens - Kriminalroman
»Ist doch gut.«
Der Hund presste sich ihm winselnd an die Beine. Als er die Leine nahm und aufstand, hob der Hund den Kopf und heulte, ein Geräusch, das von den mächtigen Bäumen des Sumpfes zurückgeworfen wurde.
26
lifton Hebert hat die Leiche gefunden.« Joe nippte am schwarzen Kaffee, den Pinkney ihm aus dem Café gebracht hatte. Seine Hand zitterte so sehr, dass die heiße Flüssigkeit überschwappte und ihm die Finger verbrannte.
»Und wo ist Clifton dann hin? Hat er einfach die Leiche am Straßenrand liegen lassen?« Raymond rieb sich das Kinn und spürte seine Bartstoppeln. »Was hat Clifton überhaupt draußen auf der Section Line Road gemacht? Er wohnt doch ganz woanders.«
»Er wollte seine Hunde zusammentreiben.« Joe, den Ellbogen auf dem Schreibtisch aufgesetzt, stützte den Kopf in die Hand. »Ich bin zu alt für diesen Job, Raymond. Ich wollte doch nur für Sicherheit sorgen, bis der Krieg zu Ende ist. Und mich dann für den Senat bewerben, mich darum kümmern, dass die Interessen von New Iberia bei der Regierung Gehör finden.« Zittrig setzte er die Kaffeetasse ab. »Das alles hab ich nie gewollt.«
»Das hat keiner von uns, Joe. Na ja, vielleicht bis auf Praytor. Warum hat er sich allein in den Wäldern rumgetrieben?«
»Jolene LaRoche hat mir erzählt, Praytor war entschlossen, Adele aufzuspüren, nachdem Vater Michael Peat Moss gefunden hat. Allein. Als könnte er es nicht zulassen, dass ihm ein Priester den Rang abläuft.«
»Klingt ganz nach Praytor.« Raymond hatte sich angewöhnt, jegliche Gefühle zu unterdrücken. Jetzt war er froh darum. Praytor war ein Trottel, trotzdem war er einen grausamen Tod gestorben, und wenn ihn schon sonst keiner vermisste, seine Mutter jedenfalls tat es. Er seufzte. »Bevor sich irgendjemand tiefschürfende Gedanken macht und meint, es wäre der loup-garou gewesen, möchte ich darauf hinweisen, dass sowohl Henri als auch Praytor viele Feinde hatten. Viele gemeinsame Feinde. Praytor war in Henris Geschäfte verstrickt.«
»Das soll was heißen?« Joe richtete sich auf und streckte mit verzerrter Miene den Rücken durch.
»Zwei Männer mit ähnlichen Interessen und denselben Feinden kommen auf ähnliche Art und Weise um.« Raymond betonte jedes einzelne Wort. »Wenn ein Werwolf dort draußen ist, wäre es schon ein enormer Zufall, wenn er sich zwei so ähnliche Opfer ausgewählt hätte.«
»Und was ist mit dem Mädchen? Vergessen Sie das Mädchen nicht.«
»Peat Moss ist nichts zugestoßen. Es sieht sogar so aus, als hätte sich jemand um das Kind gekümmert. Man hat ihm zu essen gegeben. Kaum das, was man von einem loup-garou erwarten würde.« Er erinnerte sich, dass er immer noch den Brotkanten und die eingewickelten Gräser in seiner Jackentasche hatte. Wenn Madame und der Doc ihm nicht helfen konnten, dann sollte er sie jemandem geben, der sich damit auskannte. Vielleicht jemandem an der Universität in Baton Rouge.
Joe stand auf und zog einen Dollarschein aus seiner Brieftasche. »Pinkney, besorg ein Stück Seife. Die Jungen brauchen beide ein Bad.«
»Klar, Sheriff.« Pinkney war schon durch die Tür.
Joe trat zu Raymond am Kanonenofen. Die beiden Bastion-Jungen, die Hände um die Gitterstäbe geschlungen, hörten jedes Wort mit. »Raymond, ich glaube nicht an den loup-garou . Ich glaube nicht an Hexerei und Verwünschungen. Aber ich weiß, wenn jemand einen Job annimmt, dann schuldet er seinem Boss eine gewisse Loyalität. Sie hätten mir sagen sollen, dass Adele frei herumläuft.«
Raymond verspürte nicht das geringste Bedürfnis, sich zu rechtfertigen. »Da haben Sie recht. Das hätte ich tun sollen.«
»Ich sollte Sie feuern.« Er sah ihn unverwandt an.
Raymonds Wertschätzung für den Sheriff stieg ein wenig. »Das sollten Sie tun. Ich würde es tun.«
»Warum haben Sie es mir nicht gesagt?«
Raymond ging die Gründe durch und führte nur die wichtigsten an. »Sie war so krank und schwach, dass ich dachte, ich würde sie finden, bevor andere überhaupt davon erfahren, dass sie nicht mehr bei Madame Louiselle ist. Außerdem hatte ich Sorge, Sie würden es überall herumerzählen und eine Panik auslösen.«
Joe nickte. »Manchmal kann ich einfach nicht die Klappe halten.«
»Sie reden mit den Leuten. Das ist einfach Ihre Art.«
»Und Sie reden mit niemandem, Thibodeaux. Sie wandeln wie ein Geist durch Ihr Leben. Ob Sie Gefühle haben, das weiß niemand. Zum Teufel, Adele Hebert ist das Erste,
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