Im Netz der Angst
wieder sicher zu fühlen.«
»Das hoffe ich. Ein paar erste Anzeichen dafür gab es ja schon. Heute hat sie nach meiner Hand gegriffen, aber sie schaut mir immer noch nicht in die Augen und will auch nach wie vor nichts sagen.«
»Weißt du, wie die Ermittlungen laufen? Hält die Polizei sie für verdächtig?«, fragte Julie.
»Ich weiß nichts Konkretes. Was die Polizei vermutet oder nicht, kann ich wirklich nicht sagen.« Mit Unbehagen dachte Aimee an Josh Wolfs plötzliche Reserviertheit zurück.
»Was ist mit dir, Aimee?«, fragte Louis. »Was glaubst du?«
Ein wenig überrascht blickte Aimee zu ihm auf. »Ich habe keine Ahnung, wer das getan haben könnte. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Taylor etwas damit zu tun hat.«
»Bist du sicher?« Er betrachtete sie forschend, als sei die Antwort in ihrem Gesicht verborgen.
»Ich bin mir sicher, Louis.« Verdammter Kerl! Er hatte ihr viele Jahre an Erfahrung voraus und war für die gesamte Gruppe der uneingestandene Anführer und Mentor. Außerdem war er derjenige unter ihnen, der in Diskussionen oft die Gegenseite einnahm. Das konnte Aimee jetzt gerade allerdings überhaupt nicht gebrauchen, obwohl an und für sich nichts gegen diese Taktik sprach. Sie plagten bereits genügend Zweifel, da musste er nicht auch noch auf den Zug aufspringen. »Taylors Zorn war immer gegen sie selbst gerichtet. Das hat sich nicht geändert. Sie hat sich sehr stark verletzt, ehe sie gefunden wurde.«
»Meinst du, das war ein Suizidversuch?«, fragte Julie.
Aimee schüttelte den Kopf, unsicher, wie viel sie preisgeben wollte. Sie alle hatten vereinbart, dass jegliche Informationen nicht aus diesem Kreis nach draußen drangen, aber hier stand so viel mehr auf dem Spiel als sonst. »Nein. Wenn überhaupt, war es der Versuch, etwas mitzuteilen. Darum ging es ihr bei den Ritzereien von Anfang an.«
»Übrigens wollte ich dir noch sagen, dass du ein Idiot bist«, sagte Elise. Es verblüffte sie, wie ein intelligenter Mann wie Josh sich derart dämlich anstellen konnte.
»Wie bitte?« Josh drehte sich entsetzt zu ihr um.
»Welchen Teil des Satzes hast du nicht verstanden?«
»Ich habe ihn überhaupt nicht verstanden!« Er schleuderte ihr die Karte und den Zettel mit der Adresse von Brent Mullen – anderweitig als Flick bekannt – entgegen. »Finde du heraus, wo wir hinmüssen. Wenn du mich schon beschimpfen musst, kannst du dich wenigstens dabei nützlich machen.«
Elise entriss ihm den Stadtplan. Er war wirklich ein Idiot! Aimee Gannon hatte vor zwei Jahren einen Verlobten gehabt, aber das könnte ja längst auseinandergegangen sein. Elise war jedenfalls kein Ring aufgefallen. »Nimm die Hundertsechzig«, sagte sie und faltete den Plan wieder zusammen.
»Also, warum bin ich ein Idiot?« Josh schaltete den Blinker ein und wechselte die Spur.
»Weiß ich auch nicht, Josh. Vielleicht ist es erblich bedingt. Vielleicht hat dich deine Mami auch fallen lassen, als du noch ein Baby warst, und du bist auf dem Kopf gelandet.«
»Sehr komisch. Sag mir eine Sache, die ich falsch gemacht habe.«
Elise verlagerte ihr Gewicht im Sitz, um ihn anzusehen. »Du führst dich doch nur deshalb so auf, weil du herausgefunden hast, dass sie vor zwei Jahren einen Freund hatte, stimmt’s?«
Josh schaute sie wütend an. »Ich führe mich überhaupt nicht auf, und es war ein Verlobter und kein Freund!«
»Meinetwegen ein Verlobter«, sagte Elise.
»Da gibt es einen feinen Unterschied. Vielleicht nicht für euch Frauen, aber für uns Männer. Wir sind diejenigen, die einen Haufen Kohle für den schicken Ring auf den Tisch legen. Wir sind diejenigen, die auf die Knie gehen. Und wir sind diejenigen, die sich dabei eine Abfuhr einhandeln können. Ein Verlobter ist etwas Ernstzunehmendes.« Sein Kiefermuskel zuckte.
Elise warf die Hände in die Luft. »Um Himmels willen, wo bin ich denn gelandet? In Sex and the City für Männer? Na schön, Holly hat dich sitzen gelassen und dir deinen Ring zurückgegeben. Das war vor drei Jahren! Versetz das verdammte Schmuckstück endlich und schau nach vorn!«
»Ich hab ihn bereits versetzt.«
»Im Ernst? Was hast du dafür bekommen?«
Das brachte ihr einen weiteren finsteren Seitenblick ein.
»Und was ist mit dem Nach-vorne-Blicken?«, fragte sie, obwohl sie die Antwort nur zu gut kannte. Seit Holly nach South Carolina gezogen war, um dort Assistentin des Lehrstuhls zu werden, hatte ihr Partner nur einige wenige bedeutungslose Verabredungen
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