Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Netz der Angst

Im Netz der Angst

Titel: Im Netz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Carr
Vom Netzwerk:
herunterrann.
    Josh nahm mit seinen langen, vor sich ausgestreckten Beinen den Raum neben ihr ein. Von ihm ging eine Hitze aus, die Aimee selbst bis zum anderen Ende des Sofas spürte.
    »Also, dieser Kerl ist dir ja wirklich an die Nieren gegangen«, sagte er und blickte in sein Glas.
    »Tja. Schätze, so kann man das nennen.« Egal, wie sehr sie dagegen angekämpft hatte. »Wenn ein Patient gewalttätig wird und sich diese Gewalt gegen einen selbst richtet … da sieht man viele Dinge mit anderen Augen.«
    »Kann ich mir vorstellen.« Er lehnte sich tiefer in die Kissen zurück. »Das kann ich absolut nachvollziehen.«
    »Dennoch denke ich nicht, dass Taylor ihre Eltern umgebracht hat«, sagte sie leise.
    »Ich auch nicht«, erwiderte er, legte den Kopf in den Nacken und blickte an die Decke. »Das fühlt sich einfach nicht richtig an. Ich dachte erst, dass sie es vielleicht gemeinsam mit ihrem Freund getan hat, aber das Alibi des kleinen Kackers hat sich bestätigt.«
    Das waren gute Neuigkeiten. »Ihr habt Flick gefunden? Wie war er so?«
    »Interessanterweise ist Elise der Meinung, dass er wie Sean Walter aussieht, nur mit Irokesenschnitt. Also ich finde, er sieht wie ein Punk aus.«
    »Das ist aufschlussreich.« Irgendwo klingelte etwas bei Aimee, doch es wollte einfach nicht klick machen. Sie nahm noch einen Schluck von ihrem Whisky. »Du hast mich nicht mit ihm sprechen lassen.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Hat sich nicht ergeben. Das Bild, das er von Taylor hatte, war übrigens nicht sehr positiv. Warum ist sie bloß so verdammt selbstzerstörerisch? So wie es aussieht, hatte sie es doch ziemlich gut. Weswegen ist sie bloß derartig verkorkst?«
    Es war an der Zeit, die Karten offen auf den Tisch zu legen. »Ich vermute, dass Taylor sexuell missbraucht wurde.«
    Josh drückte den Rücken durch. »Meinst du etwa von ihrem Vater? Denn wenn ihr Vater sie vergewaltigt hat und ihre Mutter davon wusste, dann wäre das ein verflucht gutes Mordmotiv. Sie wäre nicht das erste Missbrauchsopfer, bei dem die Sicherungen durchbrennen und das dann den Täter umbringt.«
    Aimee schüttelte den Kopf. Ein Vater, der seine Tochter missbraucht hatte, legte keine hundertfünfzig Dollar pro Stunde auf den Tisch, damit eine professionelle therapeutische Kraft herausfindet, warum die Tochter auf einmal My Chemical Romance hört und sich ritzt. Schon gar nicht ohne große Aussichten, dieses Geld jemals von der Versicherung erstattet zu bekommen und wenn ihn als einzige Belohnung eine mögliche Haftstrafe oder die komplette Entfremdung von der Familie erwartete. »Nein. Das denke ich nicht – schon gar nicht, nachdem ich mit den Eltern über die Möglichkeit eines Missbrauchs gesprochen habe.«
    Josh beugte sich zu ihr. Sie spürte seine Nähe, seine Wärme und atmete seinen männlichen Duft ein. Ihr Herz schlug ein wenig schneller, und ihr Körper schien vor innerer Hitze beinahe zu bersten.
    »Wie ist das gelaufen?«
    Aimee trank noch einen Schluck Whisky. »Hätte schlimmer sein können. Ich bin alles, was mir einfiel und was uns vielleicht hätte helfen können mit ihnen durchgegangen. Aber ihnen fiel nichts weiter dazu ein.«
    »Haben sie überhaupt irgendetwas beigesteuert? Haben sie denn nichts geahnt, immerhin ist Taylor ihre Tochter?«
    Aimee warf ihm einen kurzen Blick zu. Es war leicht, die elterlichen Fähigkeiten von anderen Menschen zu verurteilen. Herauszufinden, wie man ein Mädchen im Teenageralter händeln sollte, war verdammt viel schwieriger. »Sie haben wirklich das Beste getan, was sie damals tun konnten. Um ganz ehrlich zu sein, hat sie das alles vollkommen unvorbereitet getroffen. Taylor war all die Jahre über ruhig und wohlerzogen gewesen, sogar besonders anhänglich. Jedenfalls bei ihrer Mutter. Dann schlich sie sich plötzlich aus dem Haus, klaute ihrer Mutter Geld aus dem Portemonnaie, traf sich mit einem älteren Typen, der so gar nicht zu ihr passte. Ihre Eltern wussten nicht mehr weiter. Zumindest haben sie versucht, ihr zu helfen.«
    Josh ergab sich mit erhobenen Händen. »Schon gut. Bis vor sechs Monaten war sie also der reinste Sonnenschein. Glaubst du, dass ihr Missbrauch dann angefangen hat?«
    Aimee schüttelte den Kopf. »Ich denke, das liegt noch länger zurück.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Taylor kann sich nur an weniges erinnern, was in der Zeit geschehen ist, nachdem sie mit ihrer Familie nach Sacramento gezogen ist. Ihre Erinnerungen an die Zeit davor in Phoenix waren hingegen

Weitere Kostenlose Bücher