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Im Netz der Angst

Im Netz der Angst

Titel: Im Netz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Carr
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die Schulter. »Ich denke, ich bin jetzt so weit, nach Hause zu gehen.«
    Kyle konnte nicht glauben, was er da sah. Was zum Teufel war los? Hier wimmelte es nur so vor Polizisten. Was hatte Aimee getan?
    Er tauchte noch tiefer in die Schatten der kleinen Seitenstraße zwischen dem Reisebüro und dem Blumenladen auf der anderen Straßenseite. Er war sich so sicher gewesen, dass sie nach ihm suchen würde, sobald sie das von ihm für sie hinterlassene Geschenk fand. Stattdessen war wenige Minuten, nachdem sie in die Tiefgarage eingebogen war, der erste Einsatzwagen angerückt. Dann noch einer. Und noch einer.
    Und dann war er aufgetaucht. Kyle hätte wissen müssen, dass dieser große Neandertaler ein Bulle war. Er hatte diesen wiegenden Gang. Hielt sich wohl für den Allergrößten.
    Kyle zündete sich noch eine Zigarette an und duckte sich in die Gasse, die in die L Street mündete. Hier waren zu viele Bullen, als dass er länger bleiben und herausfinden könnte, was schiefgelaufen war. Er würde Aimee eine Lektion erteilten, was passierte, wenn man die Polizei rief. Aber das musste warten.
    Aimee ging mit erhobenem Kopf den Flur entlang, ohne die tuschelnden Nachbarn eines Blickes zu würdigen. Der Gestank war immer noch grauenvoll; um nicht würgen zu müssen, zog sie sich den Stoff ihres Oberteils über den Mund.
    »Haben Sie Kerzen im Haus?«, fragte Detective Wolf.
    Aimee nickte bloß, um nicht auch noch den Mund aufmachen zu müssen.
    »Das wird helfen. Sie sollten einige davon anzünden, sobald wir drinnen sind.«
    Wir . Er hatte offenbar vor, sie in die Wohnung zu begleiten. Einen kurzen Moment lang bekam sie weiche Knie, so erleichtert war sie. Die Polizei hatte zwar gesagt, am Türschloss wären keinerlei Einbruchsspuren zu sehen, aber sie hatten auch behauptet, dass sich niemand an dem Schloss ihres »sicheren« Gebäudekomplexes zu schaffen gemacht hatte – und dennoch war irgendjemand hier eingedrungen.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Diese Eigentumswohnung war ihre Zufluchtsstätte gewesen. Vor sechs Monaten war sie aus dem gemeinsamen Haus mit Danny ausgezogen, weil in jeder Ecke quälende Erinnerungen gelauert hatten. Die Küche, in der er ihr bei einem wirklich hervorragenden Zinfandel und einem zusammen gekochten Meeresfrüchte-Risotto den Antrag gemacht hatte. Das Wohnzimmer, in dem sie miteinander auf der Couch gekuschelt und Scrabble gespielt hatten, als der Strom wegen eines Gewitters ausgefallen war. Das Schlafzimmer, in dem Aimee ihm den Rücken zugedreht hatte, weil sie vor Scham und Demütigung darüber, dass er – ihr Liebster – sie nackt und verletzt am Boden gesehen hatte, wie gelähmt gewesen war. Das Esszimmer, in dem sie gesessen und ihre Hände betrachtet hatte, während er all seine Habseligkeiten zusammenpackte.
    Sie war hierhergekommen, um neu anzufangen, und hatte sich sicher gefühlt. Jetzt hatte Kyle ihr dieses Gefühl schon wieder genommen, und sie war machtlos dagegen.
    Sie konnte nicht länger in Sacramento bleiben; hier war sie ein wehrloses Opfer. Packen war nicht nötig, sie würde einfach abhauen. Tatsächlich lag ihr rein gar nichts an dem, was sie besaß. Sein Herz an etwas zu hängen, war einfach zu schmerzhaft. Auch diese Erkenntnis hatte die Sache mit Kyle ihr gebracht.
    Das dreckige kleine Bündel vor ihrer Tür war fortgeschafft worden, doch auf dem Teppich war ein Fleck zurückgeblieben. Wenn das mal nicht sinnbildlich für ihr eigenes Leben war.
    Josh nickte dem Beamten zu, der vor ihrer Haustür stand. »Alles überprüft?«
    Der junge Mann bejahte. »Alles klar.«
    Josh blickte auf Aimee hinunter. »Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich mich selbst noch mal vergewissere, oder etwa doch?«
    Ausmachen? – Sie war heilfroh darüber! Lieber würde sie die Nacht in dem stinkenden Flur verbringen, als allein dort hineinzugehen. Obwohl sie sich wegen ihrer Angst schrecklich schämte. Aimee geriet ins Schwanken und musste sich am Türrahmen festhalten. Josh stützte sie und legte den Arm um ihre Taille, bis sie ihr Gleichgewicht wiedererlangt hatte. Als sie zu ihm aufschaute, hätte sie erwartet, das ihr nur zu gut bekannte Mitleid in seinen Augen zu sehen.
    Sie erkannte Sorge. Mitgefühl. Mitleid sah sie keines.
    Sie straffte die Schultern und öffnete gemeinsam mit ihm die Tür zu ihrem nun nicht mehr sicheren Nest.
    Aimee Gannons Furcht war beinahe mit den Händen greifbar gewesen, als sie den Flur entlang auf ihre Haustür zugegangen waren. Ihr

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