Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)
sollen?«
»Aber nein. Es ist gut, dass Sie sofort gekommen sind. Verantwortliche Eltern wie Sie machen mir den Job leichter.« Er streckte die Hand aus und ergriff die ihre. »Sie haben vollkommen richtig gehandelt.«
Cathy blickte auf ihre Hand und zog sie zurück, als sie merkte, dass Brittany sie komisch ansah. Schuldgefühle stiegen in ihr hoch, und zwar nicht wegen Dr. McMullen, sondern weil sie beschlossen hatte, sich von Richard zu trennen. Vielleicht nicht jetzt, aber bald. Sehr bald sogar.
Freitag, 19. Februar 2010, 9:15 Uhr
Das Klappern ihrer hohen Absätze auf dem Asphalt hallte von den Wänden der Tiefgarage wider. Nancy Moreno hielt in der einen Hand ihren Autoschlüssel und in der anderen eine Dose Pfefferspray. Sie war mit den Nerven fix und fertig. Seit dem Besuch bei ihrer Therapeutin hatte sie das Gefühl, dass jemand sie beobachtete.
Sie ließ ihren Blick von einem Auto zum nächsten wandern und hielt Ausschau nach verdächtigen Bewegungen und Schatten. Die Tiefgarage war gut beleuchtet. Das Sicherheitspersonal machte im Dreißig-Minuten-Takt die Runde und dennoch fühlte sie sich wie auf dem Präsentierteller. Am liebsten würde sie jemandem von dem Telefongespräch und dem Pakt mit dem Teufel erzählen, den sie geschlossen hatte. Aber wem nur? Sie war noch nicht dazu bereit, an die Öffentlichkeit zu gehen. Wenn sie Cunningham einweihte, würde der es sich nicht zweimal überlegen und die Story über ihr Gespräch mit dem Wahnsinnigen jede volle Stunde in den Nachrichten bringen.
Gestern Nacht war sie lange aufgeblieben und hatte Lizzy Gardners Patientenakte gelesen. Linda Gates hatte darin unzählige Notizen gemacht, die Aufschluss über zwei Monate unvorstellbaren Horror gaben. Die Grausamkeiten, zu denen der Spinnenmann fähig war, kannten anscheinend keine Grenzen.
Nancy war sich darüber im Klaren, dass es eigentlich nur einen Menschen gab, mit dem sie reden sollte, und zwar Lizzy Gardner selbst. Plötzlich vernahm sie den dumpfen Klang von Schritten und blickte über ihre Schulter nach hinten.
Aber da war niemand.
Sie parkte schon seit Jahren in dieser Garage und hatte sich dabei nie unsicher gefühlt. Bis jetzt. Sie beschleunigte ihre Schritte. Sie hätte nie Lizzy Gardners Akte entwenden sollen.
Sie hatte jetzt etwas in ihrem Besitz, hinter dem dieses Monster her war.
Wenn das, was in der Akte stand, auch nur annähernd stimmte, würde nichts den Spinnenmann davon abhalten, sie sich zu holen. Plötzlich flackerten die Neonröhren über ihrem Kopf.
Scheiße. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
Wieder ertönten Schritte, näher diesmal, und schneller.
Zum Teufel damit. Sie rannte, was das Zeug hielt.
Freitag, 19. Februar 2010, 9:26 Uhr
Jared hämmerte mit den Fäusten gegen Lizzys Tür.
Wo steckte sie nur?
Er hatte dreimal in ihrem Büro angerufen. Beim dritten Versuch war Jessica rangegangen und hatte ihm gesagt, dass sie sich Sorgen wegen Lizzy machte, da sie ausgemacht hatten, sich früh am Morgen zu treffen. Lizzy ging zu Hause weder ans Telefon noch an die Tür.
Er eilte die Treppenstufen hinunter und versuchte, durch das Küchenfenster ins Innere des Hauses zu blicken. Aber dafür hätte er eine Leiter gebraucht. Er ging zurück zur Tür und klopfte erneut. »Lizzy, lass mich endlich rein.«
Der Wind verursachte einen Höllenlärm. Er ließ die Bäume zittern, sodass die Äste gegen das Haus schabten. Jared flatterten die Haare kreuz und quer über die Stirn. »Lizzy«, schrie er, »ich bin’s. Lass mich rein. Alle machen sich Sorgen um dich.«
Ein Ast zerbrach in zwei Teile und fiel auf die Straße.
»Jared, bist du das?«
Gott sei Dank.
»Lizzy«, sagte er noch einmal und versuchte, ruhig zu klingen, als er zur Haustür zurücklief. »Ich bin’s, Jared. Schau durch den Spion, Lizzy.«
Er stand weit genug von der Tür weg, dass sie ihn sehen konnte. »Siehst du mich?«
»Maggie ist tot«, sagte sie.
Er lehnte sich mit der Stirn an die Tür. Die Nachricht stimmte ihn traurig, aber gleichzeitig verspürte er Erleichterung darüber, dass Lizzy noch lebte. Während der letzten zwanzig Minuten hatte er daran seine Zweifel gehabt. »Wo ist Maggie?«
»Draußen vor meinem Schlafzimmerfenster. Ich weiß nicht, was ich machen soll.«
»Bleib, wo du bist. Ich kümmere mich um Maggie und dann komme ich wieder und klopfe. Lass solange die Tür verschlossen. Okay, Lizzy?«
Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern rannte die Treppe zum Gehsteig hinunter und nahm dabei
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