Im Netz des Teufels
er wieder einigermaßen passabel aus. Seine Ohren rauschten noch von dem Schlag, den der Schwarze ihm auf die Wange verpasst hatte. Michaels Herz klopfte laut, und sein
Kopf schmerzte. Er sprach ein stummes Gebet und legte die Hand auf den Türgriff. Ihm blieben noch sechzig Sekunden, um in das Motelzimmer zurückzukehren. Michael betete, dass seine Uhr richtig ging, dass Kolyas Uhr richtig ging und dass er den Anruf nicht verpasst hatte. Er öffnete die Tür und stieg aus.
»Hände hoch!«, rief eine Stimme hinter ihm.
Michael wirbelte herum. Blaulicht blendete ihn.
Er war von Streifenwagen umringt.
40. Kapitel
Abby konnte nicht länger warten. Jede Sekunde, die sie von den Mädchen getrennt war, und jede Sekunde, in der sie nicht wusste, wo Michael sich aufhielt, bedeutete für sie eine unerträgliche Qual. Während sie Kolya die Waffe an den Kopf hielt, führte sie mehrere Telefonate. Sie rief in Michaels Büro an, doch ihr wurde gesagt, dass er schon weg war. Sie rief auf seinem Handy an, doch es meldete sich nur die Mailbox. Sie rief auch ein paar Stammkneipen von ihm an – das Austin Ale House, das Sly Fox. Niemand hatte ihn gesehen. Abby war drauf und dran, Tommy anzurufen, doch er hätte sie sofort durchschaut. Tommy hätte gespürt, dass etwas nicht stimmte.
Abby wollte diese Sache beenden. Sie sehnte den beruhigenden Anblick eines Streifenwagens in ihrer Einfahrt und das ruhige, sichere Einschreiten der Detectives und FBI-Beamten herbei, damit diese Profis ihr die Sache aus den zitternden Händen nahmen. Sie wollte ihren Mann und ihre Mädchen in die Arme schließen.
Doch bevor ihre Töchter nicht in Sicherheit waren, konnte sie das Risiko nicht eingehen. Abby schaute wieder aus dem Fenster. Es war vermutlich das fünfzigste Mal in den letzten zehn Minuten.
»Sie wissen, dass er wahrscheinlich nicht zurückkommt«, sagte Kolya. Er saß zusammengesunken auf dem mit hübschem Samt bezogenen Sessel in der Ecke, der jetzt mit getrocknetem Blut befleckt war. Kolya atmete durch den Mund, was für ihn wahrscheinlich normal war, nahm Abby an.
»Halten Sie den Mund.«
»Wissen Sie, was ich glaube, Frau Staatsanwältin? Ich glaube, er ist mit Ihren geliebten Töchtern schon längst über alle Berge. Gott allein weiß, was er jetzt mit ihnen macht. Wahrscheinlich ...«
»Ich hab gesagt, Sie sollen den Mund halten, verdammt !« Abby richtete die.25er auf ihn. Kolya reagierte nicht. Abby fragte sich, wie oft im Laufe der Jahre schon jemand eine Waffe auf ihn gerichtet hatte. »Ich will kein Wort mehr hören. Halten Sie endlich die Klappe!«
Kolya schwieg einen Augenblick. Er rutschte auf dem Sessel hin und her, um bequemer zu sitzen. Abby hoffte, dass er für den Rest seines Lebens keine Bequemlichkeit mehr finden würde. Hoffentlich würde er seine restlichen Jahre im Gefängnis verbringen.
Kolya schaute auf die Uhr. »Verdammt. Ich muss hier weg.« Er stand mühsam auf.
»Was machen Sie da?«
»Ich hau ab.«
Abby erstarrte. »Setzen Sie sich hin!«
Kolya stand keine drei Meter von ihr entfernt und starrte sie an. Die Hände hatte er hinter dem Kopf verschränkt. »Nein.«
Das kann nicht sein , dachte Abby. »Ich schwöre bei Gott, ich schieße Ihnen eine Kugel in den Kopf. Setzen Sie sich wieder hin!«
Kolya grinste. »Sind Sie jetzt eine Mörderin? Das ist aus Ihnen geworden? Eine mordende Krankenschwester?« Er ging ein kleines Stück auf sie zu. »Das glaube ich kaum.«
Abby wich zurück und lud die Waffe durch. »Setzen Sie sich hin. Zwingen Sie mich nicht, Sie zu erschießen.«
Kolya sah sich um. »Sie wollen mich tatsächlich erschießen? Es wird natürlich niemand erfahren, dass es ein kaltblütiger Mord war.« Er ging weiter auf sie zu und war jetzt keine zwei Schritte mehr von ihr entfernt. »Sie brauchen denen nur zu sagen, dass ich Ihnen an die Wäsche wollte. Man wird Ihnen glauben. Sie sind eine angesehene Bürgerin.«
Abby wich weiter zurück, bis sie fast mit dem Rücken gegen den Schrank stieß. »Bleiben Sie stehen!«
Kolya, der die Hände noch immer hinter dem Kopf verschränkte, blieb stehen. »Wissen Sie was? Ich glaub nicht, dass Sie das können, Frau Staatsanwältin. Ich glaube, Ihre Drohungen sind nur heiße Luft. Wie bei Ihrem Mann.«
»Halten Sie den Mund«, befahl Abby ihm mit krächzender Stimme. »Halten Sie den Mund!«
Kolya ging noch einen kleinen Schritt auf sie zu, und plötzlich ertönte eine andere Stimme im Raum. Jemand sagte, dass der Lotterie-Jackpot
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