Im Netz des Teufels
sicher?«
»Ja. Ich bin ganz sicher.«
»Er kommt Ihnen überhaupt nicht bekannt vor?«
Sondra schaute sich das Foto noch einmal an, aber vermutlich nur aus reiner Höflichkeit. »Ich habe diesen Mann noch nie in meinem Leben gesehen.«
»Okay. Vielen Dank. Mr Arsenault?«
James Arsenault schüttelte sofort den Kopf. Powell fiel auf, dass seine Lippen aufgerissen und weiß waren. Er hielt eine kleine Flasche Schmerztabletten in der Hand. Wahrscheinlich schluckte er alle zwanzig Minuten eine ohne Wasser. Der Mann war ein Wrack.
Powell steckte das erste Foto wieder in den Umschlag und reichte Sondra das zweite Foto, das sie ebenfalls so ausgeschnitten hatte, dass nichts auf die Zeitschrift hinwies. »Und was ist mit dieser Frau?«, fragte sie. »Kennen Sie sie?«
Sondra nahm die Farbkopie des Zeitschriftenfotos entgegen. »Das ist sie!«, rief sie. »Das ist die Frau, die mir Viktor Harkovs Telefonnummer gegeben hat.«
»Das ist Abby?«
»Ja. Keine Frage.«
»Und Sie wissen weder, wie sie mit Nachnamen heißt, noch, wo sie wohnt oder arbeitet oder sonst irgendetwas über sie?«
»Nein. Tut mir leid. Ich habe sie auf dieser Konferenz kennengelernt, und wir sprachen über Adoptionen. Sie hat mir erzählt, dass sie und ihr Ehemann gerade ein Kind adoptiert hatten und dass sie einen sehr guten Anwalt kennt. Sie gab mir Viktor Harkovs Telefonnummer, und das war alles.«
»Hat Sie Ihnen irgendetwas über seine Methoden erzählt, über seine Arbeitsweise?«
»Nein«, sagte Sondra vielleicht in vehementerem Ton als beabsichtigt. »Ich meine, später hatte ich schon den Eindruck, Abby könnte vielleicht nicht gewusst haben, dass der Typ ein bisschen ...«
»Ich weiß, was Sie meinen.« Powell wollte Sondra Arsenaults Satz nicht mit einem abwertenden Wort beenden, denn der Mann, um den es ging, lag jetzt auf einem Stahltisch in South Jamaica und wurde obduziert. Sie wussten alle, wer er war und was er getan hatte. Die Frage – falls sich diese Frage überhaupt stellte – war, was Abby Roman über den Mann wusste und seit wann sie es wusste. Bevor sie den Arsenaults Harkov empfohlen hatte oder danach?
Viktor Harkov hatte 2005 die illegalen Adoptionen von zwei Zwillingspärchen vermittelt. In beiden Fällen waren es Mädchen. Wenn Harkovs Killer in das Haus der Arsenaults eingedrungen war, suchte er nun möglicherweise das andere Zwillingspärchen. Vielleicht hatte er es schon gefunden. Vielleicht war tatsächlich eine andere Familie in Gefahr.
Wie in Kap der Angst , dachte Powell.
Sie musste sich diesen Film besorgen und ihn sich ansehen.
Während die Arsenaults mit Hilfe des Polizeizeichners ein Phantombild des Mannes anfertigten, der in ihr Haus eingebrochen war, verließ Detective Desiree Powell das Morddezernat. In einem Coffee-Shop auf dem Lefferts Boulevard aß sie schnell noch einen Kirschstrudel und trank einen Kaffee.
Zwanzig Minuten später war sie auf dem Van Wyck Expressway und steuerte auf eine kleine Stadt namens Eden Falls in Crane County zu.
39. Kapitel
Auf dem Parkplatz standen vier Autos. Zwei Fiestas, die wie Mietwagen aussahen, ein zehn Jahre alter Lieferwagen und der blaue Ford.
Michael ging langsam auf einen der beiden Fiestas zu, der drei Parklücken von dem Ford entfernt stand. Er spähte schnell zu dem Ford hinüber und sah, dass auf dem Fahrersitz ein Schwarzer Anfang zwanzig mit Ohrringen saß. Wahrscheinlich hatte er gesehen, dass Michael das Motelzimmer 119 verlassen hatte, aber nicht weiter auf den Gast in dem großen Regenmantel mit dem Tweedhut und der Sonnenbrille geachtet. Jetzt hatte er die Augen geschlossen und wippte mit dem Kopf im Rhythmus der Musik.
Michael stieg über den niedrigen Zaun hinter den Autos und suchte in der Nähe des Expressways nach einem Gegenstand, den er als Waffe einsetzen konnte. Schließlich fand er eine kurze Eisenstange, die zum Verstärken von Beton benutzt wurde. Er hob die Stange auf und steckte sie sich hinten unter den Hosenbund. Dann hockte er sich hinter den Ford. Er wartete eine Minute. Der Typ in dem Wagen hatte ihn weder im Rückspiegel noch im Seitenspiegel gesehen. Michael kroch an der rechten Seite des Fords über den Boden. Als er das linke Vorderrad erreichte, zog er eine kleine Scherbe des zerbrochenen Spiegels heraus. Die Scherbe war in einen Waschlappen gewickelt, doch sie hatte den Stoff zerschnitten. Michaels Hand blutete. Er ritzte den Reifen genau an der Felge auf. Nach etwa einer Minute hörte er, dass die Luft
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