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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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kurz überflog.
    »Home Depot«, sagte Kolya und gab ihm die Liste zurück.
    Aleks verbrannte den Zettel im Aschenbecher. »Bekommen wir das alles in einem Geschäft?«
    Kolya lachte. »Du bist hier in Amerika , Bruder.«

8. Kapitel

    Es gab verschiedene Gründe, warum das Austin Ale House – zugleich Bar, Restaurant und Wettbüro – sehr bekannt war. Nicht zuletzt hatte es auch damit zu tun, dass man hier die zahlreichen Mitarbeiter der Bezirksstaatsanwaltschaft Queens an der Eingangstür begrüßte und sie dann ein paar Stunden später diskret durch den Hinterausgang hinausgeleitete. Wenn die Staatsanwaltschaft einen großen Prozess gewonnen hatte, feierte sie den Sieg oft in diesem Lokal in der Austin Street.
    Dieses Lokal war auch als Tatort des Kitty-Genovese-Mordes von 1964 und wegen der Legende, die sich anschließend darum rankte, berühmt – oder vielmehr berüchtigt. Kitty Genovese war eine junge Frau, die auf dem Parkplatz erstochen worden war. Als sie über den eiskalten Asphalt zu ihrer Wohnung kroch, schrie sie um Hilfe. Zahlreichen Berichten zufolge eilten Nachbarn, die ihre Schreie hörten, ihr nicht zu Hilfe. Mit der Zeit kamen jedoch Zweifel auf, ob es wirklich so gewesen war. Dennoch ging dieses Phänomen als sogenannter »Zuschauereffekt« in den Sprachschatz der Justiz ein. Die Bewohner von Queens sprachen hingegen vom »Genovese-Syndrom«.
    Die Staatsanwälte, Polizisten und ihre Mitarbeiter, die im Austin an der Theke standen, dachten oft an dieses tragische Verbrechen. Im Laufe der Jahre waren viele Gläser auf Catherine Susan Genovese, auf ihren Namen und die Legende geleert worden.
    Michael hatte Falynn zu ihren Pflegeeltern in Jackson Heights gebracht, nachdem sie fast zwei Stunden miteinander gesprochen hatten. Während dieser Zeit führte Michael sie behutsam zwei Mal durch den Fall. Falynn bewies, dass sie viel einsichtiger und cleverer war, als man es von einer Vierzehnjährigen erwartet hätte. Wenn sie im Zeugenstand nur halb so viel Sicherheit und Stärke zeigte, würde es dem Verteidiger nicht gelingen, ihre Aussagen zu erschüttern.
    Auf dem Rückweg zu ihren Pflegeeltern passierte dann noch etwas Bemerkenswertes. Michael erzählte Falynn von dem Mord an seinen eigenen Eltern. Plötzlich platzte er mit der ganzen Geschichte heraus. Abgesehen von Abby hatte er niemals zuvor mit jemandem über das tragische Ereignis, seine Ängste, den entsetzlichen Kummer und seine Wut gesprochen.
    War das falsch? Hatte er die Grenze überschritten? Michael hegte kaum Zweifel. Er wusste aber, warum er es getan hatte. Er hatte nur eine Chance, Patrick Ghegan lebenslang hinter Gitter zu bringen, und diese Chance war Falynn Harris. Es war wichtig, dass sie nicht nur in nüchternem Ton ihre Aussage machte, sondern auch zeigte, wie sehr sie litt.
    Als er verstummte, starrte Falynn ihn nur an. Während er ihr alles erzählt hatte, tupfte sie sich mehrmals die Augen. Jetzt waren sie zwar etwas gerötet, aber trocken. Sie schaute ihn fast ein wenig mütterlich an.
    »Was bedeutet dieses Sprichwort?«, fragte sie ihn.
    »Welches?«
    »Das Sprichwort, das Ihre Mutter gesagt hat, bevor sie ... Sie wissen schon ...«
    Michael hatte es ihr erzählt und es sofort bereut. Diesen Satz hatte er tief in seiner Seele vergraben, und er gewährte nur selten einem Menschen einen Blick hinein. »Zhivy budem, ne pomryom« , sagte er. »Auch wenn wir sterben, sind wir nicht tot.«
    Falynn schaute kurz aus dem Fenster. Es hatte zu regnen begonnen. Dann drehte sie sich wieder zu Michael um. »Was, glauben Sie, bedeutet es?«
    »Ich hätte schon ein paar Ideen. Was meinst du denn, was es bedeutet?«
    Falynn schenkte ihm ein betörendes Lächeln. »Das sage ich Ihnen, wenn alles vorbei ist.«
    Michael nickte. Er zog sein kleines Notizheft heraus und schrieb etwas auf. »Hier hast du meine E-Mail-Adresse und meine Handynummer. Du kannst mich jederzeit anrufen. Tag und Nacht.«
    Falynn nahm den Zettel entgegen, schnallte sich ab und beugte sich zu Michael hinüber.
    »Darf ich Sie drücken?«, fragte sie.
    Michael lächelte. »Na klar.«
    Sie umarmten sich, und dann stieg Falynn aus.
    Michael schaute ihr nach, als sie die Treppe hinaufstieg. Jetzt wusste er, dass alles geregelt war. Sie würde gegen Patrick Ghegan aussagen, und der Mann, der ihren Vater getötet hatte, würde mindestens zu lebenslanger Haft verurteilt werden.
    Michael Roman würde den Prozess gewinnen.
    Das Leben war schön.

    In der Kneipe herrschte viel

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