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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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lauschte. Aus dem Büro drangen die Klänge eines russischsprachigen Radiosenders. Andere Stimmen hörte er nicht. Aleks schaute den Korridor in beide Richtungen hinunter. Es war niemand zu sehen. Er zog ein Tuch aus der Tasche und drehte den Türknauf um. Er gelangte in einen kleinen, unordentlichen Vorraum. Auf einer Seite stand ein alter, gebeizter Eichenschreibtisch. Er war mit Zeitungen, Zeitschriften und Werbeflyern übersät, die alle vergilbt und mit einer dicken Staubschicht überzogen waren. An einer Wand stand ein verrosteter Aktenschrank. In dem Raum war niemand. Wie schon vermutet, hatte Harkov keine Sekretärin.
    Aleks machte die Tür leise hinter sich zu und schloss sie ab, indem er den Knauf herumdrehte. Als er plötzlich im Türrahmen stand, bekam der Mann am Schreibtisch einen Schreck.
    »Sind Sie Viktor Harkov?«
    Der alte Mann musterte Aleks über den Rand der verschmierten Brille hinweg. Er war ausgemergelt und hatte dünnes graues Haar, durch das die Leberflecken auf seinem Schädel hindurchschimmerten. Er trug einen graubraunen Anzug mit abgewetzten Ärmeln, ein vergilbtes Hemd und eine Strickkrawatte. Die Kleidung hing wie ein Sack an seinem hageren Körper.
    »Der Sohn von Jakob und Adele«, sagte der alte Mann. »Was kann ich für Sie tun?«
    Aleks betrat das Büro. »Ich wollte mich nach Ihren Serviceleistungen erkundigen.«
    Der Mann nickte und musterte Aleks von oben bis unten. »Woher kommen Sie?«
    Aleks schloss die Tür hinter sich. »Ich komme aus Kolossova.«
    Harkov erblasste. »Den Ort kenne ich nicht.«
    Der Mann log. Damit hatte Aleks gerechnet. »Das ist ein kleines Dorf im Südosten Estlands.« Er schaute auf die dreckigen Fensterscheiben. Durch die Fenster auf der gegenüberliegenden Seite konnte man genau in dieses Büro sehen. Aleks durchquerte den Raum und ließ die Jalousien herunter, während er Harkovs Hände nicht aus den Augen ließ. Es hätte ihn gewundert, wenn ein Mann wie Harkov – ein charakterloser Mann, der in seiner schändlichen Vergangenheit Menschenhandel betrieben hatte – keine Waffe besaß, die er in Reichweite aufbewahrte.
    Aleks griff in die Tasche und zog einen billigen Regenmantel heraus, der auf die Größe einer Zigarettenschachtel zusammengefaltet war. »Wir haben etwas zu besprechen, Mr Harkov.«
    »Und was soll das sein?«
    Aleks zog den Regenmantel an und streifte dünne Latexhandschuhe über. »Im Frühling 2005 haben Sie die Adoption von zwei kleinen estnischen Mädchen vermittelt.«
    »Ich war bei vielen Adoptionen als Rechtsbeistand tätig. Ich erinnere mich nicht an alle.«
    »Natürlich«, sagte Aleks. Es war gut, dass der Mann überhaupt den Mund aufmachte. Wenn er sprach, würde er vielleicht noch mehr sagen. Aleks griff in die Umhängetasche und zog eine Rolle Klebeband heraus.
    »Wie alt sind Sie?«, fragte Aleks. »Das heißt, falls Ihnen meine Frage nichts ausmacht.«
    Der Mann runzelte seine faltige Stirn und betrachtete ihn eine Weile. »Ich werde in drei Wochen achtzig.«
    Aleks nickte. Dieses besondere Ereignis würde Viktor Harkov nicht mehr erleben. Er rechnete kurz nach. Viktor Harkov war zu jung gewesen, um als Soldat im Zweiten Weltkrieg gekämpft zu haben. Er war nicht zu alt, um in einem Konzentrationslager oder in einem Flüchtlingslager gewesen zu sein.
    »Und Sie?«, fragte Harkov. »Wie alt sind Sie?«
    Anwälte , dachte Aleks. Es gab keinen Grund zu lügen. »Ich bin dreiunddreißig.«
    Harkov dachte darüber nach. »Was werden Sie heute hier tun?«
    »Das kommt ganz darauf an. Werden Sie meine Frage beantworten? Nach zwei estnischen Mädchen?«
    »Ich kann Ihnen nichts sagen. Das sind vertrauliche Informationen.«
    Aleks nickte. »Mit welcher Hand schreiben Sie?«
    Schweigen.
    Aleks beugte sich vor und nahm eine Schneekugel mit einer hübschen Winterszene vom Schreibtisch. Er erkannte den Times Square. Als er Harkov die Schneekugel zuwarf, hob dieser beide Hände, um sie aufzufangen, doch es war die rechte Hand, die er bevorzugte. Er war Rechtshänder. Aleks ging um den Schreibtisch herum und stellte einen Fuß auf die Rolle an der rechten Seite des Schreibtischstuhles. Harkov versuchte, den Stuhl umzudrehen, aber es gelang ihm nicht. Aleks nahm ihm die Schneekugel aus der Hand und ergriff seinen linken Arm genau oberhalb des Handgelenks.
    Er wickelte Klebeband um die Brust des Mannes, den linken Arm und die Fußgelenke, doch nicht um den rechten Arm. Diesen Arm fesselte er mit dem Klebeband so an den Stuhl, dass

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