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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Keller ist groß, und einige der fensterlosen und kahlen Räume werden nicht als Lager genutzt, sondern als Zellen. Einige der Mädchen waren schon häufiger hier unten untergebracht.
    Ich will nicht daran denken, wo Leah die ganze Zeit gewesen sein mag. Mein Handy sagt mir, dass hier unten kein Empfang ist. Gut. Das gibt dem Plan eine Chance. Keine allzu große, aber im Zweifelsfall habe ich noch immer meine Waffe.
    Ich hoffe, ich finde Kay, bevor er aussieht wie Oleg. Wenn er nicht mehr gehen kann, hilft auch meine Waffe nichts mehr. Allein werde ich ihn nicht hinausbringen können.
    Ich höre etwas. Abrupt bleibe ich stehen. Ein dumpfes Geräusch, ein Keuchen – es klingt wie ein Schlag auf einen noch lebenden Körper. Eine der Türen steht offen. Eine Glühbirne beleuchtet die nackten Wände. Ich sehe Kay, der mit Kabelbindern an einen Stuhl gefesselt ist, und zusammen mit diesem Stuhl quer auf dem Boden liegt, während Byk auf ihn einschlägt. Auf dem staubigen Betonboden bemerke ich verschmiertes Blut.
    »Hey!«, rufe ich. Byk dreht sich zu mir um.
    Wir sehen uns an, und er lächelt, was sein massives Gesicht auf eine seltsame Weise zerfließen lässt, als hätte jemand willkürlich alle Konturen verschoben.
    Ich winke ihn nach draußen. Keine Ahnung, ob Kay mich sieht, ich kann nur hoffen, dass er noch imstande ist, irgendetwas wahrzunehmen. Dass ich ihn regelmäßig atmen höre, werte ich als gutes Zeichen.
    Byk kommt auf mich zu und bleibt breitbeinig im Türrahmen stehen.
    »Ich soll die Sache zu Ende bringen«, sage ich.
    Er stiert mich an. Vermutlich hat er nicht verstanden, was ich von ihm will; er holt seine Zigarettenpackung aus der hinteren Jeanstasche, fummelt einen Stängel heraus und bietet ihn mir an. Seine Knöchel sind blutig. »Alles best in West!«
    Ich nehme die Zigarette. Er lächelt immer noch. »Aberr nikcht in Club!« Er deutet mit einem Zeigefinger umher. »No smocking. Überrall, no smocking.« Dann zwinkert er mir zu und lacht. Ich glaube, das war ein Witz. Ich nicke und zwinge mich, zurückzulächeln.
    »Pawel sagt. Ich mache das. Tot. Und die Leiche – weg. Du weißt?« Ich rede langsam, mit unsinnigen Pausen, damit er mir folgen kann. Ich habe es schon immer gehasst, so zu reden, denn von uns beiden bin ich der Idiot in diesen Momenten. Bei Juna musste ich mein Deutsch noch nie so ausrenken. Wenn sie etwas nicht versteht, bekommt sie diesen schwärmerischen Ausdruck in den Augen, als würde sie sich die Bedeutung – aus dem Klang oder der Betonung zusammenträumen.
    Byk träumt nicht.
    »Pawel sagt?«, fragt er und runzelt die Stirn.
    »Ich bin seine Torpeda . Weißt du? Torpeda .« Ich hoffe, ich betone das Wort richtig. Das rollende ›R‹ gelingt mir nicht wirklich.
    Die Furchen werden tiefer. Er kann kaum Deutsch, aber er ist intelligent, und man darf sich nicht von seiner scheinbaren Begriffsstutzigkeit täuschen lassen. Er hat Maschinenbau studiert, aber was bringt einem schon so ein Diplom, wenn man es sich in jedem zweiten Metro-Übergang kaufen könnte.
    » Torpeda «, wiederhole ich. Das Wort scheint ihn zu überzeugen. Er wirft einen Blick zurück in den Raum und kramt mühsam sein Handy hervor. Kein Empfang. Er seufzt, deutet auf das Handy. Dann nach oben. Ich nicke.
    Das war’s. Jetzt müssen wir nur noch raus. Und meine Legende ist hin, sobald Pawel mitbekommt, was hier läuft.
    Byk geht. Ich warte, bis er nicht mehr zu sehen ist, hole mein Taschenmesser heraus und knie mich neben Kay. Seine Lider hält er geschlossen. Ich prüfe seinen Puls. Okay. Regelmäßig und stark. Das wird schon. Muss es. Irgendwie.
    Vorsichtig schneide ich seine Fesseln durch und ziehe ihn hoch. Er stöhnt.
    »Reiß dich zusammen. Wir müssen weg und zwar leise.« Ich weiß, ich bin unfair. Und verlange viel von ihm.
    Er macht die Augen auf und kämpft um sein Gleichgewicht, meine Stimme lässt ihn seine Kräfte mobilisieren. Ich stützte ihn. Sein zerschlagenes Gesicht ist schmerzverzerrt, aber er kann gehen.
    Der Flur ist unendlich lang. Schritt für Schritt kämpfen wir uns voran, bis wir endlich die Treppe erreichen. Byk wird nicht lange brauchen, um mit Pawel zu klären, dass ich ihm eine Lüge aufgetischt habe. Vielleicht musste er dafür nicht einmal weit gehen. Aber ich höre ihn nicht, und da er sonst so laut telefoniert, hoffe ich, dass er nach draußen gegangen ist, wo er noch eine rauchen könnte.
    Die Treppe zerrt an Kays Kräften. Fünf Minuten mit Byk in einem Raum reichen

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