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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Kipp-Fächern fand sie einen Schuh, den sie in den Spalt schob, als sie nach draußen trat.
    Den Bademantel enger um den Körper gewickelt, blickte sie umher. Stand irgendwo ein Auto? Wurde sie beobachtet? Doch in der Schwärze der Nacht konnte sie nichts erkennen.
    Sie schüttelte den Kopf, schaute dennoch zum letzten Mal umher und tippelte schnell um das Haus herum. Das Gras kitzelte ihre Fußsohlen.
    Er schien sie nicht zu bemerken. Die Arme auf die Oberschenkel gestützt, drehte er in den Fingern eine Zigarette, vermutlich, ohne es zu merken. Nur noch wenige Schritte, und dennoch schien er unendlich fern zu sein.
    Sie beobachtete ihn. Das Tao ist das, von dem man nicht abweichen kann; das, von dem man abweichen kann, ist nicht das Tao. Und wenn all das der Weg war, der Strom des Lebens, dann konnten die Gefühle, gegen die sie ankämpfte, nicht falsch sein. Zumal sie nach ihnen nicht gesucht hatte, sie waren ihr einfach … passiert. Und je länger sie dastand und ihn stumm anblickte, desto sicherer war sie sich.
    Er steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen, und aus irgendeinem Grund wollte sie nicht, dass er rauchte. Sie ging auf ihn zu durch das nachtfeuchte Gras. Überrascht hob er den Kopf. Sie nahm ihm die Zigarette aus dem Mund und spürte, wie ihre Fingerkuppen seine Lippen berührten.
    Er sagte nichts, sah sie nur an, als würde er in jeder ihrer Gesten einen Hinterhalt erwarten. Sie setzte sich neben ihn auf die Schaukel. Die Ketten quietschten in den Ösen. Sie lächelte, scheu, wie es ihr vorkam. Mehrfach strich sie den Bademantel über ihren Knien glatt, um ihren unsicheren Händen irgendetwas zu tun zu geben. Sie wusste einfach nicht weiter, in solchen Dingen war sie nicht geübt. Und doch schien alles klar zu sein wie ein strahlender Apriltag in Sankt Petersburg. Ihr ganzes Leben lang war sie auf steter Durchreise gewesen, doch hier, auf der Schaukel neben ihm, fühlte es sich nicht wie eine vorübergehende Rast an, sondern wie ein Ankommen.
    Sie atmete tief ein, als würde sie den sternenklaren Himmel über ihr in sich aufnehmen.
    »Es ist kalt. Du solltest wieder reingehen«, sagte er. Mehr nicht.
    »Kann ich dich noch nennen Nick?«, stieß sie endlich hervor und suchte seinen Blick.
    Er schüttelte den Kopf, vergrub das Gesicht in den Händen und kämmte sich langsam durch das Haar.
    »Nein?«, stammelte sie und wusste nicht, warum ihr so mulmig zumute war. Sie biss sich auf die Lippe. »Nein?«, wiederholte sie. »Ich muss gewöhnen, ich brauche Zeit, weißt du? Ich …«
    Als er aufblickte, merkte sie, wie etwas in seinem Blick ihr zulächelte. »Du kannst mich nennen, wie du willst.«
    »Okay.« Vorsichtig lehnte sie sich zurück, um sich hin und her wiegen zu lassen. Die Ketten quietschten.
    »Ist das alles?« Er schmunzelte. »Wenn du nur das mit dem Namen klären wolltest, solltest du jetzt wirklich reingehen, es ist kalt. Ich will nicht, dass du dich erkältest.«
    »Sage mir alles«, bat sie ihn. »Ich bin hier, um … zu hören. Dich.«
    »Was willst du denn hören?«
    »Hast du …« Sie stockte. Wie sollte sie ihn fragen, ob er eine Freundin hatte? Wenn sie es wörtlich ins Deutsche übersetzte, hieß es ›Hast du ein Mädchen?‹ und klang genauso unbeholfen wie sein ›Kak dela?‹. »Hast du Schwester?«, entschied sie sich schnell und stellte fest, dass die Frage noch weniger Sinn ergab.
    »Nein. Und auch keinen Bruder«, kam er ihr zuvor.
    »Und deine Eltern?« Irgendwie verlief das Gespräch anders, als sie es sich vorgestellt hatte.
    Er runzelte die Stirn. »Ob sie Geschwister haben?«
    »Nein, was sie machen!«
    »Meine Mutter ist Apothekerin. Sie heißt Heike und sammelt Uhren, deshalb wissen wir zu Hause nie, wie spät es ist, da jede davon ihre eigene Uhrzeit anzeigt. Mein Vater ist arbeitslos. Sein Name ist Lothar. Er spricht ein wenig russisch und hat früher ab und zu für die russischen Soldaten übersetzt, als diese bei uns stationiert waren. Es ist schon ein Weilchen her und heutzutage kann er damit wenig anfangen.«
    »Vielleicht kann er sprechen russisch mit mir, wenn wir kennenlernen uns.« Sie biss sich auf die Lippe. Das stand überhaupt nicht zur Diskussion, ob sie seine Familie kennenlernte. Wenn sein Job hier vorbei war, würde er einen neuen anfangen. Und sie – zurückgehen. Danach vielleicht noch ein paar Mails, und das war es dann. Lief es nicht immer so?
    Er wollte etwas antworten, doch sie wechselte rasch das Thema und redete, redete viel, damit

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