Im Netz des Verbrechens
nach meinen Zigaretten. Aber die Packung ist im Auto geblieben.
Als Juna aus dem Bad kommt, höre ich das Klackern der hohen, schmalen Absätze auf dem Parkett. Die Riemen winden sich um ihre schlanken Waden. Ihr Haar ist nass. Eine Strähne klebt an ihrem Hals, einige Wassertropfen suchen den Weg in den Spalt ihres Dekolletés.
»Hui.« Ich weiß gar nicht, ob ich das laut ausgesprochen habe. Aber anscheinend schon.
Sie bleibt stehen. Mit einer Hand hält sie das Mieder an sich gedrückt, was ihre Brüste noch etwas voller erscheinen lässt.
»Was ist?« Ich mag es, wenn sie so die Stirn runzelt, wenn zwischen ihren dünnen Augenbrauen eine sanfte Falte erscheint und sogleich verschwindet.
Sie kommt näher. So nah, wie ihr Rock es zulässt. »Sage das nicht.« Ihre Stimme ist bestimmt und gleichzeitig zart.
»Was?«
»Dieses Wort mit drei Buchstaben.«
» Was ?« Am liebsten würde ich sie packen und … zusammen mit ihr loslachen. Ich würde sie so gerne lachen hören.
Aber sie runzelt erneut die Stirn. »Nein. Nicht ›Was‹, das andere.«
»Hui?«
»Sage das nicht!«
»Okay. Warum?«
Der Petticoat hält sie auf Abstand, also beugt sich sie vor, und es fällt mir immer schwerer, ihr Dekolleté zu ignorieren. »Weil das ist kein schönes Wort für …«, sie zögert, »… das da.«
Ihr Blick gleitet an mir hinunter bis zu meinem Schritt. Oh. Das da . ›Das da‹ ist nicht zu übersehen. Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal so rot geworden bin. Mein Gesicht fühlt sich so heiß an, als würde in mir eine Kernschmelze stattfinden. Und es ist schwer, auf andere Gedanken zu kommen. Vor allem, wenn sie so vor mir steht.
Mit einem Schwung, der die Organza-Schichten des Kleides in die Luft wirbelt, dreht sie sich um. »Mache zu, bitte, ja?«
Mit ungelenken Griffen ziehe ich an der Schnürung des Mieders. Die Haare sind im Weg. Ich streife ihr die Strähnen aus dem Nacken, spüre ihre warme und vom Duschen gleichzeitig noch etwas kühle Haut unter meiner Handfläche. Sie neigt den Kopf nach vorne. Mein Blick folgt der sanften Linie ihrer Wirbel. Wassertropfen perlen auf ihren Schultern. Gänsehaut. Sie ist nackt unter diesen Schichten von Organza, und es sind entsetzlich viele Schichten. Meine Finger gleiten am Rand des Mieders hinab.
Ich beuge mich zu ihr hinüber.
Ihr Haar duftet frisch, mit einem Hauch von Moschus, ein bisschen Kokos, männlich. »Ich glaube, du hast Kays Duschgel erwischt.« Meine Lippen streifen die Außenkante ihres Ohrs.
Sie dreht ihren Kopf verspielt zu mir. »Als ich hatte die Wahl zwischen Ayurituel joyous mit indischem Mulberry, Lotusblume , Teufel weiß was noch und Ready Just Clean , so ich habe für Just und Clean entschieden«, flüstert sie zurück.
Meine Lippen berühren ihre Wange. Ihr Mund steht leicht offen, nur wenige Zentimeter vor meinem entfernt.
Ich bin ihr Feind.
Dass sie mir so nah ist, das … das habe ich nie gewollt. Und darf es nicht zulassen.
»Pass auf das Kleid auf. Es ist Haute Couture.« Abrupt drehe ich mich um und gehe. Zuerst runter ins Studio, dann zur Tür, an den Fotos vorbei, die mich von den Wänden anklagen. Die Galerie des Lebens eines Starfotografen. Schon oft habe ich mich gefragt, in welchem Bild Kay mich verewigt hat. Den Nick, den er zu kennen glaubt.
Hinter mir Kays Schritte. »Warte!«
Ich bleibe stehen, brauche nur ein paar Herzschläge lang, um mich zu sammeln, und drehe mich um. »Kann ich dich um einen Gefallen bitten?«
»Sicher. Was immer du willst.«
»Darf Juna bei euch bleiben? Es wäre schön, wenn jemand ein Auge auf sie wirft. Sie sollte jetzt nicht allein sein. Sie hat … viel durchgemacht.«
Er kommt näher, zögert, senkt seine Stimme. »Steckt ihr in Schwierigkeiten?«
»Wie man’s nimmt.«
»Du weißt doch, dass du hier immer …«
»Ich weiß. Deshalb möchte ich dir Juna anvertrauen. Ihr darf nichts passieren.«
»In Ordnung. Nur muss ich noch heute Abend zu einem Fotoshooting verreisen. Für zwei, drei Tage. Die Mädels werden allein bleiben müssen.«
Das gefällt mir nicht. Andererseits – wer sollte Juna ausgerechnet hier suchen? »Ich werde sehen, dass ich so schnell wie möglich zurück bin. Solltest du nichts von mir hören …«
»Ich werde von dir hören.« Er öffnet mir die Tür.
»Danke. Für alles. Wie geht es Leah?« Die Frage ist keine Floskel.
Kay wendet den Blick ab. »Sie hält sich tapfer. Wenn man die Umstände bedenkt.«
»Aber du machst dir trotzdem Sorgen.«
»Ist
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