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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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hätte nie, niemals in dieses Land kommen sollen.
    Zum späten Nachmittag hin hatte Juna begonnen, sich in dieser Wohnung wohlzufühlen. Es kam ihr vor, als würde sie Leah bereits ewig kennen. Dasselbe Gefühl hatte sich damals auch bei Pyschka eingestellt, die sie in den Vorbereitungskursen für die Uni kennengelernt hatte – ratlos stand sie im Vestibül, bis Pyschka sie anrempelte; kaum eine Minute später witzelten sie schon zusammen über ihre männlichen Kommilitonen. Juna schloss die Augen. Ich finde dich. Ich lasse dich nicht im Stich.
    »Geht es dir gut?«
    »Was?«
    »Ist alles in Ordnung?«, wiederholte Leah. »Du hast geschmunzelt und bist plötzlich so blass geworden.«
    »Ja. Alles gut.« Sie senkte den Blick.
    Als Kay zu seinem Termin aufbrechen musste, war Juna dabei, Leah die dritte Variante des beliebten russischen Kartenspiels Durak beizubringen. Dreistes Schummeln war erlaubt, und Leah entpuppte sich als ein wahres Naturtalent.
    Nick war noch nicht zurückgekommen. Was soll’s. Sie hatte ihn auch nicht vermisst. Natürlich nicht.
    »Bedrückt dich irgendetwas?«
    »Aber nein. Alles gut.«
    »Keine Ahnung, was er sich dabei gedacht hat, dich bei uns allein zu lassen.« Leah konnte Gedanken lesen. Notiert.
    »Alles gut. Wirklich. Ich sage Wahrheit.«
    »Eine Fernbeziehung muss furchtbar schwer sein. Hast du ihn hier, in Deutschland, wirklich zum ersten Mal gesehen?«
    »Ja.« Sie starrte auf den Herzkönig, den Leah aufgespielt hatte. In der Schule hatte sie in ihrer Teenagerzeit oft Karten gelegt, um ihre Herzensangelegenheiten zu ordnen. Und Horoskope gelesen. Aber das war längst vorbei. Sie deckte den König mit einem Trumpf. Die Zeit des Kartenlegens war vorbei. Sie schwärmte schon lange nicht mehr für Herzkönige.
    »Haben dich seine Narben nicht … erschreckt?«
    »N-nein.« Sie senkte die Hand mit den Karten in die steifen Schichten ihres Organza-Rockes. Erschreckt hatten sie viel mehr die Gedanken an den Kuss, zu dem es glücklicherweise nicht gekommen war, und ihr Wunsch nach seiner Nähe.
    Verdammt noch mal, ihre Oma hatte recht. Mit Herzstichen und Beklemmungsgefühl ging man am besten zum Arzt. In ihrem Fall zu einem Seelenklempner, der ihre Gehirnwindungen hoffentlich wieder einrenken würde. Man seufzte nicht bösen Buben hinterher, die Mädchen entführten. Sie hielt sich doch für vernünftig genug, um nicht auf ein paar Nettigkeiten reinzufallen. Wie viel wussten Leah und Kay tatsächlich von seinen Aktivitäten? Sorgfältig legte sie sich die Worte zurecht: »Du weißt zufällig … Perles d’Or ?«
    Überrascht schaute Leah von ihrem Blatt auf. »Wie kommst du jetzt darauf?« Also doch.
    » Perles d’Or . Das ist Club.«
    »Es ist ein Club? Ich habe den Namen für eine Modelinie gehalten.« Leah kaute auf der Unterlippe. Mit ihrem Pferdeschwanz und vollkommen ungeschminkt sah sie sehr jung aus, ein bisschen wie ein Schulmädchen, das versuchte, vor einer überdimensionierten Karte die Nachbarländer von Mazedonien aufzuzählen.
    »Warte einen Moment.« Leah legte ihr Blatt auf den Tisch und stand auf. »Nicht linsen! Bin gleich wieder da.«
    Zurück kam sie mit einer dünnen Mappe. Der braun-gelbe Deckel war abgerieben und zerknickt, an einigen Stellen glänzten Fettflecke. Leah setzte sich auf das Lounge-Sofa, die Mappe hielt sie in ihren Händen wie ein Evangelium. »Als meine Schwester, Céline, gestorben ist, da habe ich das hier bei Nick gefunden.«
    Juna legte die Karten beiseite und nahm neben Leah Platz. »Deine Schwester – gestorben?« Sie suchte nach Worten, um auszudrücken, wie leid es ihr tat, und fand nichts. So etwas lernte man im Schulunterricht nicht.
    »Das … darüber wollte ich nicht reden.« Und tat es doch. »Ich dachte, das Wissen darum, was ihr widerfahren ist und wer es ihr angetan hat, würden mich befreien, weißt du? Zumindest so weit, dass ich mein Leben weiterleben kann.«
    »Aber das geht nicht, ja?« Widerfahren klang nach ›Überfahren‹ – ein Autounfall? Andererseits wusste sie bereits, dass man mit Logik bei sprachlichen Aspekten nicht unbedingt weiterkam.
    »Nein.«
    Juna dachte an ihre Pyschka. Lebte sie noch? Würde sie je erfahren, was mit ihr geschehen war und nachher einfach weiterleben können? Kaum. Es wäre ein anderes Leben einer anderen Juna.
    »Was hat passiert mit deiner Schwester?«
    »Céline wurde getötet, weil sie mich befreien wollte – auf ihre ganz eigene, direkte und vorlaute Art. Es ist schwer, mir nicht

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