Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
Vom Netzwerk:
in den Nacken, um sie sogleich loszulassen, weiter zur Fensterfront zu schreiten und melancholisch hinauszublicken. »Wie stellst du dir das vor?«
    Sie zwang sich, zu ihm zu gehen und an seiner Seite stehen zu bleiben. Unten auf der Bühne rekelte sich in den Tüchern ein junges Mädchen. Ein Mann im Trainingsanzug ging umher, klatschte rhythmisch in die Hände, gestikulierte herum. Die Bewegungen des Mädchens wirkten hölzern. Wie gebrochen. Arme, Beine, der dünne Körper – eine Marionette in den Händen eines verärgerten Puppenspielers.
    »Paschik, lass uns zusammen frühstücken.« Sie wandte den Blick ab, konnte das Mädchen nicht länger ansehen. »Gleich, ganz spontan, es gibt doch bestimmt ein nettes Lokal in der Nähe. Wir drei. Wie in den alten Zeiten. Weißt du noch? Ich vermisse sie wirklich sehr.«
    Er hob ihr Gesicht am Kinn an und sah ihr in die Augen. Seine Finger liebkosten ihre Wange. Dann wandte er seinen Kopf ab, um an ihr vorbei zu Pyschka hinüberzuschauen. Pyschka stand neben dem Schrank und kraulte das Meerschweinchen im Glaskasten, das sich nicht mehr bewegte. »Uns fällt bald tatsächlich die Decke auf den Kopf«, sagte ihre Freundin. Auf Pyschka war eben Verlass.
    »In Ordnung, Juna.« Er streifte ihr über die Schulter, fuhr mit den Fingern den Oberarm entlang. Ihr Blick flog zur Wanduhr, die nur aus einer kleinen, runden Halterung und zwei Zeigern bestand. Keine Ziffern. Sie ließ seine Berührungen zu, wartete und dachte an das Mädchen in den Tüchern. An Nicks SMS . Seine dunklen Augen, die manchmal so zärtlich unter den blonden Strähnen hervorblickten. Nur nicht an Pawels Finger, die auf ihrem Arm verharrten, wenige Millimeter von ihrem Busen entfernt, vom Handy.
    Pawel neigte den Kopf, vergrub das Gesicht in ihrem Haar und lachte leise auf, als hätte er ihre Angststarre bemerkt und amüsierte sich köstlich darüber. »Ich schätze, es wird dir gut tun, ein wenig auf andere Gedanken zu kommen. Lass uns gehen. Ich kenne ein hübsches Lokal hier in der Nähe, das wunderbare Milchbrötchen macht. Du wirst sie lieben.«
    »Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich freue!« Sie hakte sich bei ihm unter und zog ihn zur Tür. »Pyschka, hast du es gehört? Wir gehen aus!«
    Sein Atem an ihrem Ohr. Sein Körper, gegen den sie sich stemmte, als er sie herumdrehte und an der Taille packte. »Hast du nicht etwas vergessen?«
    Er ließ sie stehen, ging zu seinem Tisch und holte die Riemchensandalen hervor, die er demonstrativ auf die Tischplatte stellte. »Aber Pyschka sollte besser hierbleiben.«
    Natürlich. Pyschka als Absicherung.
    »Geht nur«, hörte sie ihre Freundin unbeschwert sagen, »ich würde doch bloß stören!«
    »Siehst du, sie versteht das. Mach dir keine Sorgen.« Er lächelte sie mit seinem rechten Mundwinkel an, holte ein Plättchen Schokolade und legte es sich auf die Zunge. Sein Atem roch süß und minzig-frisch. »Zieh deine Schuhe an. Kleines.«
    Ja. Die Schuhe anziehen. Die zitternden Finger unter Kontrolle bringen. Es behagte ihr ganz und gar nicht, Pyschka hier allein zu lassen. Pawel hielt ihr die Tür auf. Im Vorbeigehen drückte sie ihre Freundin an sich. »Wenn etwas ist – lauf zu Pryschtsch«, flüsterte sie Pyschka rasch zu. »Er arbeitet für meinen Vater.«
    Sie hatte eindeutig zu schnell vergessen, wie viel Freude die sonst so nervtötenden Dinge des Lebens bereiten konnten. Die träge Luft einer Großstadt. Der Lärm des Verkehrs und das wütende Bimmeln einer Fahrradklingel irgendwo in der Ferne. Sie saugte jedes Geräusch in sich auf und fühlte sich seit langer Zeit das erste Mal wieder lebendig.
    Das Café konnte zwar nicht mit Syrniki zum Frühstück punkten, dafür aber mit den in allen Farben leuchtenden Margeritenblüten auf jedem Platz. Die Café-Besitzer hatten Tische und Stühle direkt auf die Straße gestellt, auf den Sitzen lagen Veloursdecken gegen die morgendliche Kühle. Es war tatsächlich noch sehr frisch, und sie war dankbar, sich in die Decke wickeln zu können.
    Von überallher drangen deutsche Worte auf sie ein, und sie genoss jeden Atemzug unter dem unendlich blauen Himmel. Sie mochte den Frühling. Besonders den russischen Frühling. Das Weichen des Winters, wenn die Sonne wie neugeboren herab scheint und der Schnee unter den Füßen taut, noch ohne sich mit dem Dreck der Stadt zu vermischen und den Müll der letzten Monate preiszugeben. Der Frühling hier war dagegen mit seinen Narzissen und Café-Tischen auf dem

Weitere Kostenlose Bücher