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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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als ob er den Führerschein erst gestern bekommen hätte. Ab und zu warf der Typ ihr spöttische Blicke zu, das Messer schien ihn nicht sonderlich zu beeindrucken. Sie zitterte. Die Kälte hatte sich tief in ihren Knochen eingenistet.
    Das Frettchen schaltete die Heizung ein, und warme Luft strömte in den Innenraum. Nach und nach legte sich das Zittern, ihr Körper wurde wohlig schwer, doch sie hütete sich davor, sich zu sehr entspannen. »Wie lange arbeitest du schon für meinen Vater?«
    Er zuckte mit den Schultern. Von der Ablage fischte er einen Streifen Kaugummi, riss ihn entzwei und bot ihr die andere Hälfte an. »Schon immer. Ist eine Familientradition.«
    Sie schüttelte den Kopf, also schälte er beide Kaugummihälften aus den Papierschichten heraus und schob sie sich in den Mund.
    »Eine Familientradition. Das heißt, deine Eltern sind …«
    »Kriminell?«, fiel er ihr ins Wort und schnalzte mit der Zunge. »Ich glaube, das ist Ansichtssache. Hängt davon ab, wen du fragst. Für die Gesetzeshüter daheim – mit Sicherheit. Die Bullen haben meinen Vater lange verhört, als deiner eingefahren werden sollte. Bei so einem Verhör ist er schließlich auch gestorben. Da war ich vierzehn.«
    Sie schluckte. Das schlaffe, teigige Gesicht des Milizionärs tauchte vor ihrem inneren Auge erneut auf.
    »Und deine Mutter?«
    Er warf ihr einen raschen Blick zu, und zum ersten Mal bemerkte sie darin etwas Warmes, Gutes. »Meine Mutter ist eine ganz besondere Frau. Sie hat schon immer zu mir gehalten. Seit die mich zum ersten Mal eingebuchtet haben.«
    »Wann war das? Dein erstes Mal.«
    »Mit fünfzehn. Eine Jugendstrafanstalt. Man sagte ihr, sie dürfte mich nur sehen, wenn sie quatscht. Über meinen Vater und deinen.«
    »Sie haben dich verhaftet und verurteilt, nur um deine Mutter zu erpressen?«
    »Neeee.« Er lachte und sah sie herablassend an. »Verhaftet und verurteilt haben die mich, weil ich auf eine Mitschülerin mit einem Messer eingestochen habe. Was denkst du denn? Dass wir hier alle Engel sind und unschuldig unter dem System leiden? Du bist mir auch eine …«
    »Nein. Natürlich nicht.« Das Messer lag auf ihrem Schoß, sie hatte es losgelassen, und nun schloss ihre Hand wieder fest um den Griff. Und ihr Vater? Sie kannte ihn kaum, abgesehen von ihren gemeinsamen Taiji-Stunden. Ein Engel war er sicherlich genauso wenig. Mit Wölfen leben, auf Wölfisch heulen … Sie dachte daran, wie sie den Spruch für Nick ins Deutsche übertragen hätte, wie er sein Kinn auf ihre Schulter betten, vorsichtig lächeln und ihr zuflüstern würde: › Süß, wie du versuchst, russische Redewendungen zu übersetzen‹. Er hatte sie belogen und benutzt. Und sie würde ihn nie wiedersehen.
    »Was war im Club los, nachdem ich verschwunden bin?«, fragte sie endlich, als das Schweigen zu bitter wurde.
    »Der Teufel war los. Zu behaupten, Pawel wäre aufgebracht, käme der Untertreibung des Jahres gleich. Dazu stellte er fest, dass jemand sein Büro durchsucht hat. Da mussten Köpfe rollen.«
    Köpfe rollen . »Was ist mit Pyschka? Meine Freundin? Was ist mit ihr?«
    »Weiß ich nicht. Die habe ich nach deinem Abgang nicht mehr gesehen. Aber seinen Hamster hat es erwischt. Liegt immer noch in diesem Glaskasten, aber fiepen tut er nicht mehr.«
    Der Einbruch bedeutete … Nick hatte zumindest in dieser Sache sein Wort gehalten, er wollte ihr helfen und hatte alles riskiert, um bei Pawel einzubrechen.
    »Lässt Pawel nach mir suchen?«
    »Entspann dich, Schätzchen. Ich bringe dich nicht zu ihm. Es gibt Leute, die man viel mehr fürchten muss als ihn. Ich sag dir was: Er ist ein Nichts. Irgendjemand hat ihm versprochen, ihn in den Kreis der Autoritäten einzuführen, und dafür macht er Männchen nach jedem Pfiff.«
    »Wer hat es ihm versprochen?«
    »Keine Ahnung. Viele im Club scheinen anderen Befehlen zu gehorchen, halten aber dicht, was ihre wahren Auftraggeber angeht. Pawel hat versucht, eigene Leute um sich zu scharen. Die Ehre beim Kartenspiel auszunutzen und sich eigene Killer zu verpflichten. Vielleicht hat er vor, die Sache zu beenden.« Der Typ hielt an einer Ampel an. Seine linke Hand blieb lässig auf dem Lenker liegen, während die andere die Gangschaltung verfehlte und sich auf ihren Oberschenkel legte. »Und? Verrätst du mir, wer dir geholfen hat zu fliehen?«
    Sie hob das Messer. »Berührst du mich noch einmal, steck ich dir dieses Ding in deine Hand!«
    Er grinste und leckte sich über die Lippen. »Schon

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