Im Notfall Buch aufschlagen: Tipps für alle möglichen Katastrophen (German Edition)
genutzt. Die Medienkampagne gegen die Hygienestandards zeigte rasch Wirkung: Die Menschen wollten kein Chlor mehr trinken, und die Behörden verboten «zur Sicherheit» und ohne wissenschaftliche Beweise zu haben die «Chlorung» von Wasser. Wenige Wochen später brach in Peru eine Cholera-Epidemie aus, an der 7000 Menschen starben. Die Ursache war verseuchtes Trinkwasser.
Ende der achtziger Jahre wurde ein Viertel der Münchner Taxi-Flotte mit dem damals neuen Antiblockiersystem (ABS) ausgestattet – mit überraschenden Konsequenzen: Nach drei Jahren waren die ABS-Taxis in knapp die Hälfte aller Unfälle verwickelt. Fahrer von Autos mit Antiblockiersystem schnitten die Kurven stärker, gerieten öfter auf die Gegenfahrbahn und beschleunigten und bremsten kräftiger. Wenn sich der Mensch zu sicher fühlt, tut er Dinge, die ihn in Gefahr bringen.
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08. Piraten FREIGEISTER UND FREIBEUTER
Golf von Aden oder Ostseeküste: Es ist höchste Zeit, die private Segeljolle seeräubersicher zu machen.
In dem kleinen Küstenort Büsum existiert direkt am Hafen das Etablissement Piraten-Meer, in dem Abenteurer «auf Deck» ihre «reiche Beute» beim «Würfelspiel» riskieren können, wie eine Broschüre wirbt. Das Piraten-Meer ist jedoch kein Versteck mit Vollpension für Freibeuter, sondern ein Spaßbad für die ganze Familie. Neben Wellness und Wellenbad gibt es auch eine Long-John-Silver-Rutsche und die Schatzinsel-Sauna. Aus dem berüchtigten Piraten Störtebeker wurde das StörteBECKEN (ca. 25 Grad Celsius). Im Piraten-Meer würde sich auch Käpt’n Jack Sparrow wohlfühlen, der torkelnde und stark geschminkte Kajal-Kosar, den Johnny Depp in dem Hollywood-Hit Pirates of the Caribbean spielt: Freigeist statt Freibeuter.
Hollywood-Produzenten und die Büsumer Tourismusbeamten übersehen, dass der Pirat seit Ende der Nullerjahre keine Phantasiefigur mehr ist, mit der Abenteuerlust und Freiheitsbedürfnis des bürgerlichen Publikums angesprochen werden können, sondern längst wieder zum realen Gegner mutiert ist. Im Jahr 2009 wurde gar nicht so weit weg von Büsum das 98 Meter lange Frachtschiff Arctic Sea von zehn Bewaffneten geentert. Die Männer steuerten das russische Schiff durch den Ärmelkanal in Richtung Afrika. Die russische Marine stoppte sie vor der Küste Portugals. In Hamburg fand ein Jahr darauf der erste Piratenprozess seit 400 Jahren statt: Angeklagt waren insgesamt zehn Somalis, die am Golf von Aden einen deutschen Frachter überfallen hatten und von der Bundeswehr verhaftet wurden. Als Geburtsdatum gab einer der Piraten «in der Regenzeit» an, als Geburtsort «unter einem Baum».
Neben dem Golf von Aden, durch den bis zu zwanzig Prozent des Welthandels abgewickelt werden, gelten die Küsten vor China, den Philippinen, Brasilien, Venezuela, Nicaragua und Guatemala als gefährliche Gebiete. Aber auch an der albanischen Küste ist Pirat eine angesehene Karriereentscheidung. Piraten fühlen sich vor allem in einer bestimmten politisch-ökonomischen Nische wohl, einem Lebensraum, in dem der Seehandel prosperiert, die lokalen Behörden schwach sind und die Bevölkerung aufgrund ihrer unbefriedigenden ökonomischen Situation die Piraterie als ernsthafte Erwerbsalternative betrachtet. Demnach wäre es also durchaus möglich, dass bald auch die Bewohner des Mecklenburger Brachlands ihre Hartz-IV-Sätze durch maritime Überfälle aufbessern.
Der Pirat ist keine Figur, die nur auf dem Bildschirm der Tagesschau auftaucht, sondern, wie der römische Politiker und Philosoph Cicero gesagt hat, der «Feind aller». Und deshalb sollten auch alle für den Ernstfall des Enterns gerüstet sein, ganz gleich, ob es sich um Landratte oder Seemann handelt, ob man auf dem Bodensee kreuzt oder eine Einhand-Weltumsegelung plant. Selbst Hobbysegler mit Ein- oder Zweimaster müssen sich in Zukunft nicht nur Sorgen um Flecken auf der weißen Seglerhose machen, sondern sich vor allem darum kümmern, dass ihre Jolle piratensicher wird.
Im antiken Griechenland, in dem Seeraub so alltäglich war, dass er kaum von Seehandel unterschieden werden konnte, wurden die Bordwandkanten von Schiffen oft mit Ölen und Fetten eingeschmiert, um den Piraten das Entern zu erschweren. Eine gute Idee, die durch geringen Gewaltfaktor und übersichtliche Kosten besticht und auch für Privatpersonen umgesetzt werden kann. Denken Sie daran, ihre Jolle mindestens einmal pro Woche nachzufetten, um den nötigen Glitscheffekt zu
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