Im Notfall Buch aufschlagen: Tipps für alle möglichen Katastrophen (German Edition)

pro Jahr an der Infektion. Der Hakenwurm lebt vor allem in den Tropen, taucht jedoch immer wieder auch in Mitteleuropa auf. Wie es das Tier geschafft hat, sein Verbreitungsgebiet fast über den gesamten Globus auszudehnen, ist angesichts seines hochkomplexen, oder sagen wir, etwas erratischen Reproduktionskonzepts schleierhaft.
    Aber fangen wir vorne an: Ein Weibchen legt seine Eier im menschlichen Darm, von wo aus sie auf natürlichem Weg in die Umwelt gelangen. Dort schlüpft die erste Larve, die sich von Kot ernährt. Aus ihr geht dann eine zweite Larve hervor, die sich zu einer dritten Larve entwickelt, die sich in den Erdboden eingräbt, wo sie auf einen Wirt wartet: etwa einen Menschen, der sich entschlossen hat, an diesem schönen Sommertag auf Schuhe zu verzichten, und barfuß unterwegs ist. Tritt das ahnungslose Opfer auf die Larve, so bohrt sie sich in den Fuß und verwandelt sich prompt in die vierte Larve, die sich im Blutkreislauf nach oben bis zur Lunge treiben lässt, wo sie sich einnistet und zur fünften und finalen Larve wird. Das Hakenwurmbaby löst nun einen Hustenreflex in den Bronchien aus, was dazu führt, dass der menschliche Wirt die Larve beim Husten hervorwürgt und gleich wieder verschluckt. Erst jetzt hat das Tierchen seine Enddestination erreicht und die arme Hakenwurmseele ihre Ruh. Im Darm entwickelt sich die Larve zum Wurm, der beginnt Blut zu saugen und sich zu paaren. Dann beginnt der Kreislauf von vorne. Dieses endlose Hakenwurmkarussell durch den Körper stoppt man am besten mit einer Dosis des Breitband-Anthelminthikums Mebendazol. Und ziehen Sie sich bei einem Spaziergang an Nil oder Ganges um Gottes willen Schuhe an.

    Der Gemeine Holzbock aus der Überfamilie der Zecken und der Ordnung der Milben meint es trotz seines Namens eigentlich gar nicht böse. Er bevorzugt als Wirtstier neben Wild- und Haustieren nur leider auch den Menschen, was nicht weiter schlimm wäre, wenn er nicht viele gefährliche Krankheiten übertragen würde wie die Lyme-Borreliose oder die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Diese Krankheiten machen ihm selbst übrigens überhaupt nichts aus, der Gemeine Holzbock ist ein harter Kerl und hat leider auch keine natürlichen Feinde außer Vater Frost. Da Winter, die den Namen verdienen, in Deutschland dank der Klimaerwärmung immer seltener werden, breitet sich der Holzbock immer weiter aus. In der Bundesrepublik kommt es jedes Jahr zu 80 000 Borreliose-Infektionen (Fieberanfälle, Papierhaut, schwerste Kopfschmerzen, Lähmungserscheinungen) und 400 FSME-Erkrankungen (führt im schlimmsten Fall zur vollständigen Lähmung). Vor dem Holzbock schützen kann man sich durch Autan und viel Stoff, der vor allem die Beine bedecken sollte. Nach Waldwanderungen sollte man den ganzen Körper absuchen. Eine Zecke braucht mehrere Stunden, um die richtige Stelle zum Zustechen zu finden. Zecken, die sich schon festgebissen haben, mit der Pinzette vorsichtig entfernen.

    Der Medinawurm kommt vor allem in Äthiopien, Ghana, Mali und dem Sudan vor und hat, was auf der Erde selten ist, eine matriarchalische Kultur entwickelt. Das Weibchen wird bis zu 120 Zentimeter lang, das Männchen hingegen nur schlappe drei Zentimeter. Das progressive Geschlechterverhältnis macht den Wurm aber auch nicht sympathischer. Mini-Krebse dienen den Larven als Zwischenwirt, über das Trinkwasser gelangt der Parasit dann in den menschlichen Magen, durchdringt im Dünndarm die Schleimhaut und ist von diesem Akt der Zerstörung erst einmal so beglückt, dass er sich paart. Das Männchen stirbt nur kurze Zeit nach dem Sex. Der Witwenwurm wandert monatelang durch den Körper und landet dann irgendwann im Gewebe von Unterschenkel und Fuß, wo durch die Ausscheidungen des Wurms ein taubeneigroßes Geschwür entsteht. Eine medikamentöse Therapie gegen den Medinawurm existiert nicht. Wie schon Karl May in Die Sklavenkarawane beschrieben hat, besteht die einzige Möglichkeit, den Wurm zu entfernen, darin, das Vorderende des Weibchens, das irgendwann aus dem Geschwür herausbricht, zu packen, um ein Stäbchen zu drehen und jeden Tag mehr und mehr herauszuziehen.

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