Im Notfall Buch aufschlagen: Tipps für alle möglichen Katastrophen (German Edition)
Die Auswirkungen des Wetters erleben wir jeden Tag hautnah und am eigenen Körper. Verlassen Sie sich deshalb nicht auf Informationen aus zweiter Hand. Schauen Sie nicht in den Fernseher, sondern aus dem Fenster. Frischen Sie Ihr altes Pfadfinderwissen wieder auf, und erinnern Sie sich, was Sie aus alten Winnetou-Büchern gelernt haben. Zeichen für schlechtes Wetter sind Schäfchenwolken, die nach längerer Schönwetterlage aufziehen, sowie ein Auffrischen des Windes gegen Abend. Sehen Sie am Himmel klare Kondensstreifen, die sich bis zum Horizont hinziehen, können Sie auch schon mal den Regenschirm rausholen. Eine persönliche Gewitterwarnung sollten Sie herausgeben, wenn bereits am Vormittag Haufenwolken zu wachsen beginnen und sich zu einer Wolke in Form eines Ambosses zusammenrotten. Noch bleibt genug Zeit, um die Wäsche reinzuholen und die Fenster zu schließen.
Schritt 2. Amateur: Investieren Sie nun in Ihre Ausrüstung und installieren Sie in einem ersten Schritt ein Thermometer. Die beste Position befindet sich circa zwei Meter über dem Erdboden, möglichst ohne direkte Sonneneinstrahlung und weit weg von einem beheizten Gebäude, zum Beispiel an der Nordseite eines Baumes. Stellen Sie einen Messbecher auf und sammeln Sie das Regenwasser. Notieren Sie die tägliche Niederschlagsmenge und archivieren Sie die Daten sorgfältig. Die Informationen und Beobachtungen dienen als wertvolles Material für die täglichen Streitgespräche über den Klimawandel und helfen Ihnen, Volksmund und TV-Experten unter Verweis auf selbst erhobenes Zahlenmaterial zu widerlegen («trockener Winter, dass ich nicht lache»). Der Kauf von Barometer (Luftdruck) und Hygrometer (Luftfeuchtigkeit) vervollständigt das Instrumentenarsenal. Kaufen Sie entweder analog-antike Modelle im Baumarkt oder setzen Sie gleich auf eine semiprofessionelle, vollautomatische Wetterstation mit Funkthermometer, Barometer, Niederschlagsmesser und Lichtintensitätsmesser (ab 500 Euro). Ersteigern Sie beim Institut für Meteorologie an der Freien Universität Berlin die Patenschaft für ein Hoch oder Tief – mit etwas Glück wird eine Wetterlage, die wochenlang bestehen bleibt, nach Ihnen benannt. Veröffentlichen Sie nun Ihre gesammelten Daten auf einem Wetterblog und wagen Sie sich an erste Vorhersagen heran. Die Lokalnachrichten werden Sie als Held feiern, wenn Sie erst einmal aus der Beobachtung von Druckabfall, aufkommendem Wind, starken Auf- und Fallwinden und einem Temperatursturz eine Hagelkatastrophe prophezeit und als einziger Mensch im Ort rechtzeitig das Auto in die Garage gefahren haben.
Schritt 3. Profi: Melden Sie sich als Mitglied beim Wetterbeobachtungsverein Skywarn und schließen Sie sich den Stormchasern an. Deren Aufgabe besteht darin, sich auf die Jagd nach besonders starken Stürmen zu machen und schwere Unwetter so vollständig wie möglich zu dokumentieren. Die auch Spotter genannten Wetteraktivisten sind an der Front und vor Ort aktiv, können lokale und regionale Ereignisse wesentlich genauer messen und antizipieren als die grobporigen Wetterkarten und informieren per Funk, E-Mail oder SMS die staatlichen Wetterdienste. Die Bürgermeteorologen sorgen so dafür, dass die Vorhersagen präziser werden. Die edelste Aufgabe der Stormchaser ist die Dokumentation von Tornados (Twistern), die es nicht nur in Hollywood-Blockbustern gibt. Jährlich toben etwa 50 dieser Wirbelstürme über Deutschland, 2006 tötete ein Tornado in Hamburg zwei Menschen und brachte 300 000 Einwohner der Hansestadt um ihre Elektrizitätsversorgung.
Je näher Sie an einen Tornado herankommen, desto besser können Sie plötzliche Richtungsänderungen erkennen und gegebenenfalls die umliegende Bevölkerung alarmieren. Gleichzeitig können Sie nur aus nächster Nähe mit Messinstrumenten und Videokamera eine Vielzahl von Informationen sammeln. Denken Sie dabei auch an Ihre eigene Sicherheit: Halten Sie mindestens einen Kilometer Sicherheitsabstand von dem Tornado. Sollte der Sturm einen Haken andeuten und plötzlich auf Sie zurasen, dann stellt der betonierte Keller eines Hauses den einzigen wirksamen Schutz dar. Vergessen Sie Schuppen oder Garagen – der Unterdruck, der im Tornadorüssel besteht, kann ganze Häuser implodieren lassen. Sollten Sie von einem Tornado in freier Natur überrascht werden, gibt es keine Überlebensgarantie. Das Auto bietet nur Schutz, falls Sie einen ausrangierten Panzerwagen der Sowjetarmee besitzen. Kleinwagen und selbst
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