Im Notfall Buch aufschlagen: Tipps für alle möglichen Katastrophen (German Edition)
Mittagsruhe in der spanischen Fußgängerzone und die allgemeine Arbeitsallergie der Äquatorialmenschen. Bald wird man aber in Deutschland merken, dass die Siesta nicht auf einen mangelhaften Charakter zurückzuführen ist, sondern eine Form der Selbstverteidigung darstellt, eine Mischung aus Hitzestarre und Zen-Buddhismus, mit der man die Temperaturen besser erträgt. Vermeiden auch Sie deshalb unnötige Bewegungen und das nervöse Gezappel, das in unseren Breitengraden als produktives Verhalten gilt, denn das erhöht nur Körpertemperatur und Wasserbedarf. Die besten Plätze im ICE liegen in der Nähe der Türen, denn so vergeudet man wenig Energie beim Ein- und Aussteigen und die Toiletten sind ebenfalls in Reichweite. Die Sitte der Deutschen, bei einer Bahnfahrt Sandalen, kurze Hosen und T-Shirts zu tragen, ist nicht nur ein stilistisches Problem, sondern könnte in Zukunft krasse gesundheitliche Probleme mit sich bringen. Bewohner tropischer Regionen wissen, dass Schweiß auf nackter Haut binnen Sekunden verdunstet und der Wasserbedarf weiter gesteigert wird. Ändern Sie Ihren Stil und tragen Sie geschlossene und weite Kleidung, die ein Austrocknen des Körpers verhindert.
Broschüren des Bundesamts für Gesundheit wie Schutz bei Hitzewellen empfehlen das Tragen «wallender weißer Baumwollkleider» und raten zu einem fleischarmen Speiseplan und dem Verzicht auf Alkohol. Die Verhaltenshinweise der Mediziner, fällt einem nach einer Weile auf, erinnern doch sehr an die Dogmen und Regeln des Islam. Der Koran entpuppt sich nach eingehendem Studium weniger als Quelltext einer monotheistischen Religion denn als Hitze-Ratgeber. Deutschland im Jahr 2070 könnte tatsächlich, wie von Thilo Sarrazin befürchtet, so aussehen wie ein arabisches Land. Das liegt aber weniger an der überbordenden Immigration aus Afrika und dem Mittleren Osten, sondern an der Umweltverschmutzung der Industrieländer. Wir werden uns anpassen müssen.
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49. Wirbelsturm WIDER DIE WETTERFEE
Drei Tipps, damit uns Blitzeis, Hagelschauer und Orkan nicht mehr überraschen.
Um 20 Uhr 13 hat der Tagesschausprecher alle schlechten Nachrichten verlesen, er legt die Papierseiten beiseite, auf denen er Börsenblasen, Autobombenexplosionen und die neueste Führungskrise der FDP notiert hat, und übergibt das Wort mit einem Lächeln an die Kollegin. Jetzt ist Zeit für das Kinderfernsehen: Schnitt. Eine bunt kostümierte Frau steht vor einer großen Deutschlandkarte, die offenbar von Erstklässlern mit ein paar Wolken und einer großen runden Sonne bemalt wurde. Über dem Komplex Baden-Württemberg-Bayern-Sachsen steht in großen Lettern: «sonnig». Die Ansagerin plaudert über «kühle Brisen» und «gefühlte Temperaturen», und am Ende hat man nichts gelernt. Es sollte einem zu denken geben, dass die Dame gerne auch Wetterfee genannt wird und offenbar nur Märchen erzählt.
Musste wirklich erst Jörg Kachelmann kommen und ins Gefängnis gehen, damit die Gesellschaft versteht, dass es mit der Wettervorhersage ein Problem gibt? Oder warum wird Deutschland jedes Jahr aufs Neue so kalt vom Winter erwischt, ganz so, als würde man die Jahreszeit zum ersten Mal erleben und hätte noch nie eine Schneeflocke gesehen. Straßen, Schienen und Rollbahnen verschwinden unter einer Schneedecke, Weichen frieren ein, die Enteisungsflüssigkeit geht zur Neige und der Rollsplit auch. Ein Tiefdruckgebiet sagt: Stopp! – und der Mensch gehorcht und verharrt an seinem Platz. Das Land friert ein. Für kurze Zeit herrscht Stille, die nur ab und zu unterbrochen wird von dem Grummeln und Motzen der Menschen und dem Krachen aufeinanderstoßenden Autoblechs.
Egal, ob es sich um Winterwetter wie Blitzeis handelt, sintflutartige Regenfälle, die im Frühjahr mal wieder eine Jahrhundertflut ( → siehe Sintflut, S. 28) auslösen, um sommerliche Hitzewellen und wilde Herbststürme – die Messungen und Vorhersagen der Meteorologen sind nie mehr als ein Annäherungswert und können gerade regionale Phänomene wie Hagelschlag oder Windhosen kaum korrekt vorhersagen. Es liegt nun am Bürger selbst, sich über mögliche Himmelsgefahren für Haus und Hof zu informieren. Der Klimawandel treibt nicht nur die Durchschnittstemperatur nach oben, sondern sorgt auch für immer extremere Ausschläge auf Thermometern und Barometern. Die Nadel zittert. Das Quecksilber kocht. Im 21. Jahrhundert muss jeder Mensch ein Klimaexperte werden.
Schritt 1. Absoluter Beginner:
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