Im Paradies der Suende
kamen auch die restlichen Jungs. Rob informierte sie über das Tagesprogramm und warnte sie davor, zu viel von dem Wein zu trinken, der für die Gäste bestimmt war. „Ihr dürft nur die geöffneten Flaschen leeren, meine Herren.“ Dann ließ er sie in Reih und Glied antreten und inspizierte die Livreen.
„Sind Sie sicher, dass dieser Salat keine tierischen Produkte enthält, Rob?“
„Völlig sicher, Ma‘am. Mit meinen eigenen Augen habe ich gesehen, wie er zubereitet wurde. Nur Olivenöl, Zitrone und etwas Estragon.“
Sarah stocherte mit der Gabel auf dem Teller herum. „Da ist Ei drin.“
Dann schieb‘s zur Seite, dumme Kuh . „Natürlich bringe ich Ihnen sofort einen neuen Teller, Ma‘am.“
„Danke, Rob, Sie sind ein Schatz.“
Rob widerstand der Versuchung, die Augen zu verdrehen, und reichte den verschmähten Salat einem der Diener. Zweifellos würde der damit in die Küche gehen und das Ei entfernen, den Salat auf einen sauberen Teller schütten, ein bisschen darin herumrühren und sich mit der Rückkehr Zeit lassen.
An diesem Tag waren zwei Neuankömmlinge zum Lunch erschienen, eine Frau und ein hagerer Mann, der einen Geigenkasten bei sich trug. Er sollte beim Tanzunterricht musizieren. Die Frau war klein und dick und hatte feines, graues Haar, das unter einem eleganten Spitzenhäubchen hervorguckte. Die Tanzlehrerin hieß Becky, ihren Assistenten stellte sie als Charlie vor. Fast alle Gäste waren versammelt. Mac schaute noch finsterer drein als sonst und warf gelegentlich einen Blick zu Lou hinüber. Die unterhielt sich angeregt mit ihren Tischnachbarn und ignorierte ihn ganz offensichtlich.
Was ist letzte Nacht passiert, nachdem Mac mich weggeschickt hat? Bei der Erinnerung an den herablassenden Ton des Gentlemans biss Rob die Zähne zusammen. Kein Wunder, dass viele Leute es hassten, im Service zu arbeiten. Klar, man konnte sich seinen Job hier schönreden und sich als besseren Oberkellner oder Hotelfachmann verkaufen. Aber die Realität sah anders aus.
Nachdem die Lakaien die Tische abgeräumt hatten, holte Rob Karaffen mit Wasser und Limonade und Gläser aus der Küche. Er wies die Jungs an, alle Tische an die Wände zu rücken, und stellte sich bei den Getränken auf. Paarweise schlenderten die Gäste in die Mitte des Raumes. Mac schien verschwunden zu sein.
„He, Sie da!“, rief Becky Rob zu. „Da wartet eine Lady.“
Die Dame war Lou. Wurde etwa von ihm erwartet, dass er mit ihr tanzte? Er stammelte, dass er im Dienst sei. Aber Becky eilte zielstrebig auf ihn zu. Die Spitzenränder ihres Häubchens flatterten wie Elefantenohren. Mit eisernem Griff nahm sie seinen Arm. „Ja, Sie, junger Mann. Natürlich dürfen wir eine Dame niemals ohne Partner stehen lassen.“
Als er sich verneigte, schnalzte sie anerkennend mit der Zunge.
„Sehr gut. Gentlemen, verbeugen Sie sich vor Ihren Partnerinnen… Nein, das ist ja grauenhaft. Junger Mann - wie heißen Sie?“ Nachdem er geantwortet hatte, fuhr sie fort: „Okay, alle beobachten, wie Rob sich verbeugt.“
Obwohl er sich wie ein Idiot fühlte, verneigte er sich noch einmal. Er hatte gelernt, Verbeugungen zu schätzen. Mit dieser schlichten Geste konnte man sehr viel ausdrücken, von echtem Respekt über angedeutete Verachtung bis zu dezenter Unverschämtheit. Wahrscheinlich traf das auch auf die Knickse der Frauen zu. Als Lou einen graziösen Knicks machte, wusste er ihn allerdings nicht zu deuten. Offenbar stellten sich die Damen besser an als die Herren, denn Becky nickte zufrieden.
„Nun müssen alle ihre Handschuhe anziehen“, erklärte sie. „Es ist absolut kein Hautkontakt gestattet!“
Was jetzt geschah, erinnerte Rob an die Probleme mit seinen Jungs - das gleiche Stöhnen und Jammern, während Handschuhe aus Handtäschchen und Jacketts gezogen wurden. Als alle anständig ausstaffiert waren, mussten die Paare sich in einer Linie aufstellen und verwirrende Übungen durchführen: Die Ballettpositionen gelangen den Damen ohne Mühe und überforderten die Männer hoffnungslos. Schritte, die bei Beckys Demonstration trotz ihrer Körperfülle anmutig wirkten, erinnerten bei ihren Schülern und Schülerinnen an das Schlurfen von Zombies.
„Eins, zwei, drei. Eins, zwei, drei - bei drei beugen Sie Ihr Bein. Eins, zwei, drei…“
Gerade zu lächerlich einfach, dachte Rob. Danach mussten sie rätselhafte Kombinationen nachmachen, Hände berühren, die Richtung wechseln und sich um die eigene Achse drehen.
„So, das
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