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Im Paradies der Suende

Im Paradies der Suende

Titel: Im Paradies der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Mullany
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zurück.“ Rob stand auf und glättete seine Livree. „Alles in Ordnung, Sir?“
    „Oh ja“, antwortete Peter und lächelte etwas gequält.
    Nachdem Rob die Bürotür hinter sich geschlossen hatte, stützte Peter seine Ellbogen auf den Schreibtisch und schlug die Hände vors Gesicht.
    Großer Gott, habe ich den Verstand verloren? Womöglich hatte Rob seine lässige, tolerante Haltung nur vorgetäuscht und würde den anderen Jungs brühwarm erzählen, die alte Tunte sei zudringlich geworden…
    Er rannte seinem Oberlakaien nach. Einen schmerzlichen Moment lang bewunderte er die Schönheit des jungen Mannes, seinen geraden Rücken, die breiten Schultern und die muskulösen Waden.
    Dann drehte Rob sich um. „Stimmt etwas nicht, Sir?“
    „Rob…“ Hastig packte Peter ihn am Ärmel. „Das bleibt unter uns, ja? Nichts für ungut. Hör mal, ich weiß, du hast daheim einige Schwierigkeiten. Wenn ich dir irgendwie helfen kann, musst du es nur sagen …“
    Als er die Verachtung in der Miene des Jungen sah, verstummte er.
    „Machen Sie sich um mich keine Sorgen.“ Rob schüttelte seine Hand ab und ging davon.
    Heiliger Himmel, was für ein unsensibler Narr ich bin… Als Peter zu seinem Büro zurückging, füllten sich seine Augen mit Tränen.
    Auf der anderen Seite des Korridors stand die Tür zum Hof offen. Motten umschwirrten die Flurlampe, näherten sich dem Licht, um dann vor dessen Hitze zu fliehen.
    Chris saß am Schreibtisch. Wie sein Blick verriet, hatte er das letzte Gespräch zwischen Peter und Rob belauscht.
    „Was zum Teufel ist hier los?“, fragte er.

8. KAPITEL
    Rob
    Als er das Dienstbotenquartier erreichte, klingelte die Glocke im Salon.
    „Alles klar, Kumpel?“, fragte Ivan.
    „Ja, ganz großartig.“ Rob sah sich um. „Dejan, wo sind die Tabletts mit den Tassen und Untertassen?“
    „Tassen und…?“
    „Ja. Für oben.“
    Dejan runzelte die Stirn und starrte die Teller mit den Essensresten an, die immer noch auf dem Tisch standen. „Tee?“
    „Das mach ich schon, du Trottel.“ Stöhnend rannte Ivan in den angrenzenden Raum, wo das Porzellan verwahrt wurde.
    Rob lief in die Küche. Immer das Gleiche, dachte er, ganz egal, wie gewissenhaft wir alles vorbereiten - ständig passiert irgendwas im allerletzten Moment. Hastig stellte er große Tee- und Kaffeekannen, eine Zuckerdose und ein Sahnekännchen auf ein Tablett. Er legte eine Handvoll Teelöffel dazu und richtete winzige Kuchen, getrocknete Aprikosen und vergoldete Schokoladepralinen auf einer Etagere an.
    Als er alles hinaustrug, stieß er beinahe mit Ivan zusammen, der sein Tablett ebenfalls gerade in den Korridor trug. Gehetzt starrten sie einander an.
    „Deine Perücke sitzt schief“, tadelte Rob.
    „Verdammt.“ Ivan stellte das Tablett auf einem Wandtisch ab und rückte sie gerade.
    Rob nahm noch ein paar kleinere Tabletts und einen Lappen für verschüttete Getränke mit, dann öffnete er eine Tür. Schwer beladen stiegen sie eine schmale Wendeltreppe hinauf.
    „Warum zum Henker haben die keinen Lift eingebaut?“, keuchte Ivan.
    „Wegen der architektonischen Geschlossenheit.“
    „Archi - was? Hat sich der Alte an dich rangemacht?“
    „Du weißt ja, wie er ist.“ Auf dem Treppenabsatz im ersten Stock blieben sie stehen.
    „Darauf hab‘ ich zehn Pfund gewettet“, sagte Ivan angewidert. „Hättest du dem alten Drecksack nicht aus Mitleid einen blasen können?“
    „Tut mir leid, Kumpel. Falsches Team.“
    Sie verließen das Treppenhaus für Dienstboten und hielten erneut an, um Atem zu schöpfen. Aus dem Salon drangen Klavierklänge und die Singstimme einer Frau.
    „Warte“, sagte Rob.
    „Warum?“
    „Weil ihr hochrot seid, du und Dejan. Und sie singt immer noch. Wir gehen rein, wenn sie klatschen.“
    Nach dem letzten Klavierakkord setzte der Applaus ein. Rob öffnete die Tür, dann scheuchte er Dejan und Ivan mit ihren Tabletts in den Salon. Weder Chris noch Peter ließen sich blicken, das war ungewöhnlich. Die Gäste sahen ziemlich betrunken aus, was wiederum nicht ungewöhnlich war.
    Wenigstens wirkte Lou an diesem Abend stocknüchtern. Sie saß neben einem der Typen, die sich im Haus um den Stuck und die Wandfarben kümmerte. Die beiden plauderten angeregt. Vom anderen Ende des Raums starrte Mac zu ihr herüber, und Rob fragte sich, warum er nicht einfach zu ihr ging und mit ihr redete.
    Der Mann erinnerte ihn an den armen alten Peter, der ihn wie ein verschmähter Spaniel angeschmachtet und ungeschickt

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