Im Paradies der Suende
Flügeltüren führten, sollte es am Abend als Ballsaal fungieren. Die Caterer waren bereits bei der Arbeit. Unterstützt wurden sie von der Dienerschaft und Studenten der zehn Meilen entfernten landwirtschaftlichen Hochschule. Die jungen Männer und Frauen packten Gläser aus und trugen Tische und Stühle auf die Terrasse, wo das Abendessen serviert werden sollte. Andere schoben Möbel zur Seite und errichteten ein Podest für das Orchester. Die Floristen schmückten Treppengeländer und Säulen mit Blumengirlanden. In der Mitte des Foyers standen mehrere riesige Vasen, die noch auf alle Räume verteilt werden mussten.
Di, die Zofe, bahnte sich einen Weg zur Treppe. Sie trug mehrere schimmernde Seidenkleider über den Armen. Als sie Peter sah, knickste sie ungeschickt. Dann raffte sie ihre Röcke und eilte die Stufen hinauf.
Ein paar Journalisten waren bereits eingetroffen und trugen Videokameras, Mikrofone und Tongalgen ins Haus. Einer der Lakaien, ein Junge namens Ivan, der ständig eine Erektion hatte (Peter konnte nicht anders, er bemerkte so etwas) sollte die Medienvertreter im Auge behalten. Später würde Peter Interviews geben und Chris ihren eigenen Videografen instruieren …
Peter dachte an die beängstigend lange Liste der Dinge, die bis zum Abend erledigt werden mussten. Wirklich, sie brauchten einen Medienexperten. Jemanden, der wirklich verstand, worum es in Paradise Hall ging und den Geschichten über ihr Anwesen den richtigen Dreh geben konnte.
Als er in den Flügel ging, in dem die beiden Restaurateure arbeiteten, verebbte der Lärm. Ihre Werkstatt lag an der Rückseite des Hauses. Hier waren bis vor kurzem Farbtöpfe, Leitern und andere Utensilien gelagert worden. Eine Tür führte ins Freie, zudem gab es eine wuchtige viktorianische Spüle mit massiven eisernen Wasserhähnen. Die Wände waren in einem hässlichen Grün gestrichen. Von der Decke hing eine einzelne Glühbirne.
Draußen auf der Wiese neben dem Küchengarten boxten zwei Männer mit nackten Oberkörpern. Aus Gewohnheit blieb Peter stehen, um ihre Körper zu betrachten. Er bewunderte sowohl den Boxlehrer Billy Blue als auch dessen Schüler Mac, obwohl beide sehr unterschiedlich gebaut waren. Sehr ansehnlich.
Lou stand in der Tür und beobachtete die beiden ebenfalls. Sie versuchte aber, desinteressiert zu wirken, was Peter amüsierte.
„Da gibt‘s ein Problem“, sagte Jon. „Oh, hallo Peter. Diesen Raum können wir nicht datieren. Wir haben einen älteren Kamin freigelegt, wahrscheinlich ein Original. Er ist aber nicht allzu beeindruckend, eher klein und völlig verschmutzt. Wir könnten das Linoleum vom Boden reißen - an manchen Stellen hat sich‘s ohnehin schon gelöst - und die Bodenbretter entfernen. Vielleicht finden wir darunter etwas Interessantes.“
Simon zeigte auf ein Faksimile des ältesten Grundrisses, den sie besaßen. „Diesem Plan zufolge war das im Jahr 1841 das Zimmer der Haushälterin. Die Wasserleitungen wurden erst im frühen zwanzigsten Jahrhundert gelegt. Es ist nur eine Rumpelkammer, meine Lieben. Möbeln wir sie ein bisschen auf, dann könnt ihr hier eine Ausstellung unterbringen und ein Pfund Eintrittsgeld pro Kopf verlangen.“
„Auf keinen Fall“, protestierte Peter. „Freier Zutritt für alle. Vergesst nicht, wir müssen dieser Gemeinde etwas zurück geben! Na ja, falls wir einen staatlichen Zuschuss erhalten. Dann können wir es uns auch leisten, einen Kurator zu engagieren. Vielleicht bieten wir den Job sogar dir an, Liebes.“ Lächelnd wandte er sich an Lou.
„Ihr irrt euch“, murmelte sie und starrte eine Wand an. „Das ist keine einfache Rumpelkammer. Seht doch mal diesen gemauerten Bogen über der Tür an!“
„Den kennen wir, Schätzchen“, sagte Simon.
„Okay. Stellt euch mal drei solcher Türen vor. Nur sind es keine Türen, sondern Bogenfenster. Die werdet ihr finden, wenn ihr den Putz und die Wasserrohre entfernt, darauf wette ich. Was ist da draußen?“ Lou öffnete die Tür, ging hinaus und inspizierte die Außenmauer.
„Eine Bodenerhebung an der Südseite!“ Jon wechselte einen vielsagenden Blick mit Simon. Dann rannten beide ihr nach, und eine lebhafte, gestenreiche Diskussion entbrannte.
„Was ist los?“, fragte Peter verwirrt, als die drei in den Raum zurückkehrten.
„Wie ich‘s vermutet habe - da draußen liegt eine Ziegelschicht aus dem späten neunzehnten Jahrhundert“, erklärte Lou, „außerdem ein hübsches steinernes Sims am Fuß der
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