Im Paradies der Suende
Frack“, erklärte er und bewegte seine Schultern. „Von der schönen Viv auf meinen Leib geschneidert.“
„Kennst du den Spitznamen, den ihr das Personal gegeben hat? Edelnutte.“
Er lachte schallend. „Hast du dich etwa mit den Dienstboten verbrüdert, Lou?“
In diesem Moment schlenderten sie an Rob vorbei, der stocksteif dastand und wie ein Soldat auf seinem Wachtposten geradeaus starrte.
Mac schaute zu Lou, und in seinem Blick mischten sich plötzliche Erkenntnis und Bedauern. „Okay. Natürlich geht mich das nichts an.“
War es so offensichtlich? Hatte sie irgendein Signal gegeben, das ihr Verlangen nach Rob verriet? Gerade hatte sie sich genüsslich ausgemalt, wie sie ihm später alles beibringen würde, was er über Oralsex wissen musste.
„Wow“, sagte Mac und holte sie in die Gegenwart zurück. „Sieht ziemlich gut aus da drin, nicht wahr, Lou?“
Ziemlich gut war eine gewaltige Untertreibung. Der Speiseraum bot einen atemberaubenden Anblick. Es sollte nur ein leichtes Dinner serviert werden, „leicht“ nach Regency-Maßstäben. Der erste Gang war bereits angerichtet, eine Sinfonie aus Farben und Formen. Austernplatten auf Eis standen neben Arrangements aus kalten, mit Kräutern und Blumen garnierten Bratenscheiben. Auf den Salaten lagen Kapuzinerkresse und Zucchiniblüten, funkelnde Kristallschüsseln waren mit verschiedenen Früchten gefüllt. Der Tisch war überaus sorgfältig gedeckt. Lou wusste, dass Rob die Anordnung der Bestecke mehrmals kontrolliert hatte - alle Messer und Gabeln mussten gleich weit von der Tischkante entfernt liegen. In der Mitte der festlichen Tafel erhob sich eine Zuckerskulptur von Paradise Hall, die auf einem Rasen aus grünem Marzipan stand.
Die Gäste zerrten Kameras und Handys aus Abendtäschchen und Fracktaschen, Blitzlichter erhellten den Raum. Die Lakaien gingen mit Tabletts voller Weinkaraffen und Limonadenkrügen umher, und Robs Jungs zeigten sich von ihrer besten Seite. Nur selten fiel ein lüsterner Blick in eins der tiefen Dekolletés, und kaum ein Weintropfen wurde vergossen. Wachsam stand Rob neben dem Sideboard. Hin und wieder dirigierte er seine Untergebenen mit einem diskreten Nicken. Etwa, wenn ein Gast Hilfe brauchte, ein Teller abgeräumt werden musste oder wenn Chris und Peter ihm ein Zeichen gaben.
Lou saß neben einem der örtlichen Gutsbesitzer, der ihr Geschichten über die früheren Eigentümer von Paradise Hall erzählte. Vor zwanzig Jahren hatte die Familie Bankrott gemacht und das Haus dem Verfall preisgegeben. Nun erstrahlte es in neuem Glanz, was Peters und Chris‘ liebevoller Fürsorge zu verdanken war. Der Mann stellte sich als Lord Stote vor. Lou erinnerte sich, dass Peter diesen Namen bereits erwähnt hatte.
„Was halten Sie von der Theorie, dass Jane Austen hier zeitweise gewohnt hat, Sir?“ fragte sie.
„Oh, sie soll auch auf unserem Anwesen gelebt haben. Das behauptet jedenfalls meine bessere Hälfte.“ Er zeigte auf eine korpulente grauhaarige Dame, die weiter unten am Tisch saß und genüsslich ihre Austern verspeiste. „Und ich darf Sie auf eine Tatsache hinweisen, meine Liebe. Janes Bruder Edward kannte die Besitzer von Paradise Hall und auch meine Familie. Er kannte überhaupt sehr viele Leute. In der Zeit zwischen dem Tod ihres Vaters und ihrer Übersiedlung nach Chawton könnte Jane dieses Haus durchaus besucht haben. Damals zogen sie, ihre Mutter und ihre Schwester wie Zigeunerinnen umher, und genau in diesem Zeitraum gibt es Lücken in ihren Briefen. Offen gestanden, ich fand es immer etwas schäbig von Edward, dass er den Frauen nicht schon früher zu einem festen Wohnsitz verholfen hat.“
„Darüber habe ich mich auch gewundert“, sagte Lou. „Aber ganz egal, ob Jane Austen in diesem Haus oder in Ihrem gewohnt hat, Sir - ich glaube, jeder träumt davon, einen Brief oder ein unvollendetes Manuskript dieser großen Schriftstellerin auf dem Dachboden zu finden. Leider ist das unwahrscheinlich, nicht wahr? Nun, wir werden wir wohl nie erfahren, ob sie wirklich hier war…“
„Auf meinem Dachboden liegt eine Menge alter Kram herum“, sagte Lord Stote. „Besuchen sie uns doch mal, meine Liebe, trinken Sie eine Tasse Tee mit uns und schauen Sie sich um. Wenn Sie wollen, können Sie auch ein Wochenende bei uns verbringen. Heutzutage kommen nur noch selten junge Leute in unser Haus. Und bringen Sie diesen jungen Mann mit.“
Welchen von beiden, fragte sich Lou.
„Für einen Yankee scheint er ein
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