Im Profil des Todes
Leider haben wir keine Doppelzimmer
mit getrennten Betten. Sie müssten mit einem Ehebett vorlieb nehmen. «
Eve nickte.
» Sie könnten Eve und Jane schon ihr Zimmer zeigen, während ich die Anmeldeformulare ausfülle«, schlug Joe vor.
Eve nahm ihre und Janes Tasche und Nancy Tolvey
wies ihnen den Weg in die erste Etage.
Das Zimmer, in das sie Eve führte, war sauber und hell und blassgrüne Efeupflanzen rangten die beigefarbenen Wände entlang. »Alle Zimmer sind ohne Bad.
Sie finden es am Ende des Flurs. «
»Du hast es gehört, Jane«, sagte Eve. »Dusch du zuerst. Ich bringe dir deinen Schlafanzug, sobald ich ihn ausgepackt habe.«
»Okay.« Jane gähnte. »Ich weiß gar nicht, warum ich so schläfrig bin.«
»Das ist die Höhenluft«, erwiderte Nancy Tolvey. » Sie kommen offensichtlich nicht aus der Gegend. « »Wir sind aus Phoenix.«
Sie nickte. »Da war ich auch mal. Viel zu heiß. Ich könnte mich an das Klima dort niemals gewöhnen. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht. «
Ihr ganzes Leben ...
Joe hatte Spiro gesagt, er werde mit Nancy Tolvey reden, aber das konnte sie genauso gut selbst tun.
»Wir versuchen eine Familie ausfindig zu machen, die hier möglicherweise vor langer Zeit gelebt hat. Die Leute hießen Baldridge.«
»Baldridge?« Nancy Tolvey schwieg einen Augenblick und schüttelte dann den Kopf. »Ich glaube nicht. Ich kann mich an niemanden dieses Namens erinnern.«
Sie ging zur Treppe.
»Ich bringe Ihnen noch ein paar Badehandtücher.«
Einen Versuch war es wert, dachte Eve. Vielleicht würden sie am folgenden Tag etwas herausfinden.
Nancy Tolvey runzelte die Stirn, als sie die Treppe hinunterging.
» Stimmt was nicht? «, fragte Joe.
Sie setzte sich an den altmodischen Schreibtisch in der Diele. »Es ist nichts.« Sie schlug das Gästebuch auf.
»Bitte unterschreiben Sie hier. Name, Adresse,
Führerschein. « Sie runzelte immer noch die Stirn, während sie ihm beim Schreiben zusah. »Sie müssen dasselbe Bad benutzen wie Ihre Begleiterinnen. Wir haben keine ... « Sie schloss die Augen. »Die Kerzen
... «
»Ich hatte gehofft, Sie hätten Strom«, erwiderte Joe trocken.
Sie schlug die Augen auf. »Nein, das habe ich nicht gemeint. Miss Duncan hat mich nach der Familie
Baldridge gefragt und ich habe ihr gesagt, ich könne mich an niemanden aus dieser Gegend mit dem Namen erinnern. «
Joe erstarrte. »Aber Sie erinnern sich doch?«
»Ich wollte nicht darüber sprechen, aber es stimmt, ich erinnere mich.« Sie lächelte bitter. »Ich werde es nie vergessen. Und es totzuschweigen macht es auch
nicht ungeschehen, stimmt's? Das tue ich schon seit Jahren.«
»Haben die Leute hier in der Stadt gewohnt?«
Mrs Tolvey schüttelte den Kopf. »Oben im Norden von Dillard.«
»In der Nähe von Jamison?«
»Nein, das Zelt stand weiter oben in den Bergen.«
»Das Zelt?«
»Der alte Baldridge war Prediger. Ein fanatischer Prediger. Er hatte ein großes Zelt auf der Hochebene mitten in den Bergen und da hielt er seine Predigten.«
Sie verzog das Gesicht. »Als junges Mädchen war ich kein Kind von Traurigkeit. Na ja, vielleicht habe ich übertrieben. Mein Daddy meinte, er müsste meine
Seele retten. Als er von Reverend Baldridge und
seinem Zelt hörte, fuhr er eines Abends mit mir hin. Sie können mir glauben, das war vielleicht eine Show. Der Reverend hat mich zu Tode geängstigt.«
»Womit? «
»Er sah aus wie der Tod höchstpersönlich. Weißes
Gesicht, verfilzte graue Haare, und seine Augen ... «
»Wie alt war er? «
»So an die sechzig. Mir kam er uralt vor. Ich war gerade fünfzehn. «
Dann konnte der Evangelist unmöglich Dom sein,
dachte Joe.
»Er brüllte mich an«, fuhr Nancy Tolvey fort. »Er stand vor mir, fuchtelte mit dieser roten Kerze vor meiner Nase herum und schrie, was für ein Flittchen ich sei. «
»Was für eine rote Kerze?«
»Das ganze Zelt war voller Kerzen. Es gab kein elektrisches Licht. Nur Kerzen in großen, schmiedeeisernen Leuchtern. Am Eingang wurde jedem eine Kerze
in die Hand gedrückt. Kinder bekamen weiße, die anderen rote oder rosafarbene.« Sie schüttelte den Kopf.
»Ich habe meinem Vater nie verziehen, dass er mich dorthin gebracht und zugelassen hat, dass Baldridge mich hinauf zum Altar zerrte und vor versammelter Mannschaft erklärte, was für eine Sünderin ich sei.«
»Ich kann mir vorstellen, dass man so etwas nicht so schnell vergisst. «
»Ich weiß noch genau, wie ich geschrien habe und
mich von ihm
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