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Im Rachen des Alligators

Im Rachen des Alligators

Titel: Im Rachen des Alligators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moore
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hatte. Beverly war der Ansicht, dass man anständig frühstücken sollte. Und sie war der Ansicht, dass selbst eine Tochter, die einen zutiefst enttäuscht hat, ein Frühstück verdient.
    Sie stellte den lädierten Eierbecher vor Colleen auf das Tischset.
    Iss, sagte sie. Sie stand mit dem Rücken zu ihrer Tochter am Fenster. Beobachtete, wie im Garten eine Katze ein Rotkehlchen verfolgte. Sie schaute resigniert drein, benommen.
    Was kann jetzt wohl noch kommen?, flüsterte sie. Die Katze schlug zu und ließ ihre Tatze für einen ausgedehnten Moment auf dem Vogel ruhen, dann riss sie ihm den Kopf ab.
    Du siehst hübsch aus, sagte Beverly. Sie hatten drei Monate lang wegen des Zungenpiercings gestritten, und jetzt hatte Colleen es als Zugeständnis entfernt.
    Also, auf zur Diversion, sagte Beverly.

Frank
    Er hatte den ersten Hotdog-Stand von seinem Verdienst als Zeitungsausträger gekauft. Vier Jahre lang hatte er jeden Cent beiseite gelegt, und im Winter war er von Tür zu Tür gegangen und hatte gefragt, ob er vielleicht Schnee schippen oder leere Bierflaschen wegbringen solle.
    In der Innenstadt gab es ein Restaurant, wo er als Spülhilfe arbeiten konnte, wenn viel Betrieb war.
    Sein Freund Kevin besorgte ihm einen Teilzeitjob in einem Kopierladen; er half Poster und Geschäftskarten zuschneiden und werkelte an den Kopiergeräten herum, wenn sie nicht funktionierten. Er sparte jeden Cent und bezahlte seine Schulmaterialien im September selbst.
    An einem Tag im Juni fuhren seine Mutter und er mit dem Bus bis zur Village Mall und legten dann die restliche Strecke entlang der Topsail Road mit dem Taxi zurück. Sie hatten dem Taxifahrer die Adresse genannt, die Frank im Express gefunden hatte, und hielten schließlich vor einem Gebrauchtwagenhandel mit einer durchhängenden, verblichenen Wimpelkette aus Plastik, die an zwei Straßenlampen befestigt war.
    Sie waren bei Einbruch der Dunkelheit angekommen, es war kalt und regnete schon seit acht Tagen, und das Gelände war matschig; jemand hatte schmale Bretter auf dem Weg zum Haus ausgelegt. Auf den Windschutzscheiben der Autos stand in weißer Schuhcreme der Preis, und einigen Wagen fehlten ein oder zwei Reifen, sodass die rostigen Achsen halb eingesunken waren. Am Ende einer unbefestigten Zufahrt stand ein kleiner Bungalow. Er war mit hellblauen Kunststoffpaneelen verkleidet und hatte zwei schmale Fenster. Die Haustür befand sich ein ganzes Stück über dem Boden, doch es gab keine Treppe. Sie gingen um das Haus herum, fanden die Hintertür und klingelten. An einer Wäscheleine hing eine Reihe verwaschener Männerjeans. Ein deutscher Schäferhund war mit einer kurzen Kette an seiner Hütte angebunden. Jemand hatte mit roter, tropfender Farbe Shep auf die Hütte geschrieben, es sah aus wie Blut aus einem Horrofilm. Der Hund stand auf, als sie sich näherten, witterte, lief dreimal im Kreis herum und legte sich wieder auf den zementierten kleinen Vorplatz. Sie hörten die Klingel durchs Haus schrillen, doch niemand kam, also klopften sie.
    Der Mann, der schließlich öffnete, trug Jeans und ein weißes Unterhemd, er bat sie herein, und sie mussten in der winzigen Diele ihre Schuhe ausziehen und über einen Berg Kinderstiefel und Spielsachen steigen. In der Küche war die Heizung voll aufgedreht, ein Wasserkessel begann zu pfeifen, und der Mann bedeutete ihnen mit einer Geste, sich an den Küchentisch zu setzen. Er stellte drei Tassen hin und holte eine Dose Kondensmilch aus dem Kühlschrank.
    Im Wohnzimmer lief der Fernseher. Der Mann hatte einen festen, runden Bauch, und graues Haar quoll ihm unter den Armen hervor und aus dem Halsausschnitt seines weißen Unterhemdes; er holte eine Packung Jam Jams heraus, schlitzte die Plastikverpackung mit dem Daumennagel auf und stellte alles auf den Tisch.
    Frank sah, dass die Hände des Mannes ein wenig zitterten, sie schwebten über dem Gebäck, als versuchte er noch zu entscheiden, wie er es am besten anbieten sollte. Das Zittern brachte Frank auf den Gedanken, der Mann sei vielleicht in Geldnot und werde ihm einen guten Preis für den Hotdog-Stand machen.
    Seine Mutter langte mit einem Seufzer über den Tisch und goss sich aus einer gewissen Höhe Kondensmilch in die Tasse; als sie genug hatte, richtete sie die Dose mit einem vergnügten kleinen Schlenker wieder auf, und dann rührte sie ihren Tee sehr schnell um und schlug den Löffel dreimal gegen den Tassenrand.
    Er sah, dass seine Mutter darauf eingestellt war, den

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