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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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alles erledigt sein. Sollte der Markt sich natürlich abrupt erholen, konnte alles noch anders werden. Aber der Markt würde sich nicht erholen. Im April letzten Jahres hatte er erklärt, der Dow würde auf 300 ansteigen. Dazu war es nie gekommen. Derzeit stand er auf wenig mehr als der Hälfte.
    Während der Bürovorsteher übers Wochenende die Kundenkonten durchging, machte er das Gleiche mit seinen eigenen Konten. Allein in seinem Arbeitszimmer überschlug er seine verbleibenden Aktiva. Natürlich hätte er nicht versuchen sollen, die Firma zu retten. Hätte nicht sein eigenes Geld verwenden dürfen, um sie zu stützen. Im Nachhinein sagte sich das leicht, aber damals sah es durchaus so aus, als könnte es jeden Augenblick wieder bergauf gehen. Er hatte sich eingeredet, irgendetwas würde sich schon ergeben. Tatsache war, er hätte einfach den Gesichtsverlust nicht ertragen, hätte es nicht geschafft, sein Scheitern einzugestehen. Nicht geschafft aufzugeben. Dafür war es jetzt zu spät.
    Er würde das Haus abstoßen müssen. Schwer zu sagen, was es bei der derzeitigen Marktlage einbrachte, aber es war immerhin ein guter Aktivposten. Das Haus in Newport war eine andere Sache. Vor drei Wochen hatte er Rose beiläufig gefragt, ob von den 600000 Dollar für die Renovierung noch etwas übrig sei.
    »Nicht ein Cent, William«, erwiderte sie mit einem reizenden Lächeln. »Und wenn du schon davon redest, könnte ich noch ein kleines bisschen gebrauchen.«
    »Immer noch nicht fertig?«
    »Ein Weilchen wird’s schon noch dauern. Du kennst ja diese Innenausstatter. Na ja, und auch die Bauunternehmer …«
    Ein unfertiger Palast in Newport. Gott allein wusste, wie man den in der jetzigen Situation loswerden sollte. Soweit er wusste, kaufte zur Zeit niemand Luxushäuser. Den Wert dieses Postens hatte er bewusst niedrig angesetzt.
    Wenn also kein Wunder geschah, würde er in den nächsten paar Stunden erfahren, ob sein Nettowert positiv, null oder negativ war. Diese Bilanz zog er lieber allein. Wenn alles vorbei war, würde er nach Haus fahren und Rose mitteilen müssen, dass sie pleite waren.
    Sie hatte keine Ahnung.
    »Holen Sie mich um vier ab, Joe«, sagte er, als er ausstieg.
    *
    Die Sonne strahlte, als Joe ihm am Nachmittag wieder den Wagenschlag aufhielt. Er setzte sich bequem auf dem Rücksitz zurecht und schaute hinaus auf die Straße.
    »Machen wir eine Spazierfahrt joe«, sagte er. »Die West Side rauf.« Er lächelte. »Fahren wir zum Riverside Drive.«
    Es war einige Zeit her, dass er zuletzt den Hudson entlanggefahren war. Als sie die Seventies erreichten, schaute er hinaus auf den mächtigen Strom. Er dürfte sich kaum verändert haben, sagte er sich, seit die ersten Masters und van Dycks in die Stadt gekommen waren. Vermutlich hatte sich ihnen genau das gleiche Bild geboten wie ihm heute. Und davor den Indianern.
    Apropos Indianer. Der Wampum-Gürtel. Er trug das verflixte Ding immer noch. Hatte ihn völlig vergessen. Tja, viel Glück schien er ihm ja nicht gebracht zu haben. Soweit er es abschätzen konnte, würden ihm, wenn die Firma abgewickelt und alle Schulden bezahlt waren, vielleicht noch fünfzigtausend Dollar bleiben. Immer noch besser als bankrott zu sein.
    Über dreihundert Jahre angehäuftes Familienvermögen dahin. Vollständig verloren. Durch meine Schuld, dachte er. Er war derjenige, der eine und einzige in all diesen Generationen, der das fertiggebracht hatte. Er blickte weiter lächelnd aus dem Fenster und atmete tief ein, aber es nützte nichts. Scham durchfuhr ihn. Er zuckte zusammen und wand sich auf dem Sitz. Er wusste nicht, ob er die Schande ertragen konnte.
    Hatte Joe seine plötzliche Bewegung bemerkt? Nichts sprach dafür. Ein guter Mann, Joe. Stellte nie Fragen. Er würde schon klarkommen.
    William saß stumm da und starrte hinaus auf den Fluss. Die mächtige amerikanische Wirtschaft mochte vor die Hunde gehen, die Wall Street zusammenbrechen, aber wohin man in Manhattan heutzutage auch schaute, sah man diese gigantischen Bauprojekte in den Himmel streben.
    Die fast vollendete Hängebrücke über den Hudson River war nicht bloß groß, sie war gigantisch. Selbst die Brooklyn Bridge nahm sich im Vergleich damit eher bescheiden aus.
    »Sie haben nie geheiratet, Joe, stimmt’s?«, sagte er zum Chauffeur.
    »Nein, Sir.«
    »Angehörige? Eltern?«
    »Beide tot, Sir. Ich habe einen Bruder in New Jersey.«
    »Das ist eine schöne Brücke, Joe.«
    »Ja, Sir.«
    »Halten Sie, wenn wir da

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