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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Sie wird dann trotzdem weiter eine Sklavin sein.«
    Er gab keine Antwort.
    »Sehen Sie, Baas«, sagte ich, »ich mach mir Gedanken, was passiert, wenn wir Kinder bekommen.«
    Denn ich hatte mich in den Gesetzen kundig gemacht. Und niederländisch oder englisch, das war einerlei: Das Kind eines Sklaven gehört dem Herrn. Und wenn der Herr den Sklaven freilässt, bleibt das Kind trotzdem sein Eigentum, außer er lasst es ebenfalls ausdrücklich frei. So lautet das Gesetz.
    »Nun, Quash«, sagte er, »ich werde darüber nachdenken müssen, aber nicht jetzt.« Und ich merkte, dass er über dieses Thema nicht weiter reden wollte.
    *
    Am selben Nachmittag landeten wir bei einem Indianerdorf an, und der Baas befahl mir, im Boot zu bleiben, während er mit den Indianern redete. Er blieb lange weg, und als er zurückkam, stieg er ins Boot und befahl den Ruderern, flussaufwärts zu pullen. Er schien etwas auf dem Herzen zu haben, also hielt ich den Mund und bediente die Pinne.
    Wir waren seit vielleicht einer halben Stunde unterwegs, an einer Biegung des Flusses, als er zu mir sagte: »Erinnerst du dich an diese Indianerkinder, die du gerettet hast?«
    »Ja, Baas«, sagte ich.
    »Nun«, sagte er, »ihre Mutter ist gestorben. Fieber.«
    Die Mutter interessierte mich nicht sonderlich, aber ich hatte hart gearbeitet, um diese Kinder zu retten, also fragte ich ihn, ob mit ihnen alles in Ordnung sei.
    »Ja«, sagte er, »die Kinder sind am Leben.«
    »Das ist gut, Baas«, sagte ich.
    *
    An dem Abend schlugen wir das Lager auf. Wir saßen rund um das Lagerfeuer, der Baas, ich und die vier Ruderer. Der Baas war immer gut zu den Männern. Sie hatten Respekt vor ihm; doch er war sich nicht zu fein, mit ihnen zusammenzusitzen und zu scherzen. Und selbst wenn er manchmal vielleicht anderes im Kopf hatte, schenkte er den Männern immer genug von seiner Zeit.
    Der Baas hatte guten Proviant und ein Fässchen Bier mitgebracht. Nachdem wir alle gegessen und ein bisschen was getrunken hatten, lachten die Männer und zogen mich wegen der Frauen auf, die ich angeblich gehabt hatte; und das Gespräch wandte sich Frauen im Allgemeinen zu. Dann lachte einer der Männer und sagte, er hätte eine Heidenangst vor der Herrin. »Der Frau möchte ich nicht auf die Zehen treten, Baas«, sagte er. Und da ich wusste, dass der Baas und die Herrin sich gestritten hatten, wünschte ich, er hätte es nicht gesagt. Und ich sah, wie sich das Gesicht des Baas umwölkte. Dann aber lächelte er nur und sagte: »Ich möchte keiner Frau auf die Zehen treten.« Da gaben ihm die Männer alle recht. Aber kurz danach sagte er: »Tja, ich schätze, es ist Schlafenszeit.« Und es dauerte nicht lange, bevor die Männer schnarchten; und ich legte mich ebenfalls hin.
    Bloß der Baas schlief nicht. Er saß am Feuer und starrte sehr nachdenklich hinaus über den Fluss, und ich nahm an, dass er an seinen Streit mit der Herrin dachte. Also hielt ich den Mund.
    Er verharrte lange in dieser Haltung. Das Feuer brannte langsam herunter. Die Sterne über dem Fluss waren schön, aber es zogen Wolken darüber weg; und dann, nach einer Weile, kam eine leichte Brise auf und ließ die Bäume rauschen, ganz leise wie ein Flüstern. Es war so beruhigend wie ein Schlaflied, und vom Zuhören fing ich an, schläfrig zu werden. Aber der Baas blieb wach.
    Nach einer Weile sagte ich in der Hoffnung, ihn von dem abzulenken, was er auf dem Herzen hatte, und ihm einschlafen zu helfen: »Hören Sie auf die Brise, Baas.«
    »Ach«, sagte er. »Du bist noch wach?«
    »Vielleicht hilft es Ihnen einzuschlafen, Baas«, sagte ich.
    »Vielleicht, Quash«, antwortete er.
    »Diese Brise ist so sanft, Baas«, sagte ich. »Sie ist wie eine Stimme in den Kiefern. Wenn Sie sich Mühe geben, können Sie sie hören.«
    Na ja, er sagte nichts. Doch einen Augenblick später sah ich, wie sich sein Kopf neigte, und nahm deswegen an, dass er lauschte. Als er sich eine Zeitlang nicht mehr bewegte, dachte ich, dass er vielleicht eingeschlafen sei. Dann stand er langsam auf und warf einen Blick in meine Richtung. Und ich tat so, als ob ich schliefe.
    Dann ging er hinunter zum Fluss und entfernte sich, am Ufer entlang, in der Dunkelheit.
    Ich blieb lange regungslos liegen und wartete darauf, dass er zurückkäme, aber das geschah nicht. Und schließlich fing ich an, mich zu fragen, ob ihm vielleicht etwas zugestoßen war. In diesen Wäldern gibt es viele Bären – auch wenn man einen Schrei erwartet hätte, wenn er von einem

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