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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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ich kann tun, wenn err nicht bewäggt?«
    Nichts. Sollte er aussteigen und auf der Madison ein anderes Taxi nehmen? Natürlich würde sich in dem Augenblick, in dem er die Madison erreichte, hier der Stau auflösen. Dann fuhr der Russe an ihm vorbei, und hielt, wenn er nach ihm winkte, bestimmt nicht wieder an. Und auf der Madison gab es genau dann kein anderes Taxi. So etwas war ihm durchaus schon passiert.
    Gorham Master fluchte leise vor sich hin und schloss die Augen. Geduld. Den Kopf frei machen. Ruhe bewahren.
    Und versuchen, nicht an die andere Sache zu denken. Die Sache, von der er Maggie noch gar nichts gesagt hatte.
    *
    Alles in allem war sein Leben auch während der letzten zehn Jahre weiterhin planmäßig verlaufen. Vice President schon seit Jahren, schien die Bank viel von ihm zu halten. Er besaß echtes Talent für Kundenpflege, und bei der Auswahl seiner Mentoren bewies er ein glückliches Händchen. Mehrere Jahre lang hatte er zusätzlich zu seinem Gehalt sechsstellige Bonusprämien erhalten. Dieses Frühjahr hatte man ihn zum Senior Vice President ernannt. Das war wichtig. Noch wichtiger aber war das, was man ihm kurz darauf angeboten hatte.
    Aktienoptionen: die Gelegenheit, Aktien seiner Bank zu einem Vorzugspreis zu kaufen. »Goldene Handschellen« wurden solche Optionen genannt, denn sie waren so konzipiert, dass man, um von ihnen wirklich profitieren zu können, bei der Bank bleiben musste. Ein VP konnte durchaus mal eine Beförderung und eine Gehaltserhöhung erhalten, aber wie viel man der Bank wirklich wert war, wusste man erst, wenn die Bank einem Aktienoptionen gewährte.
    Auch der Stadt schien’s gut zu gehen. 1977, unmittelbar nach den schrecklichen Ausschreitungen während des Stromausfalls, war der energische Ed Koch ins Amt des Bürgermeisters gewählt worden. Die erste Aufgabe, die er sich gesetzt hatte, war die Sanierung der desaströsen Finanzen. Und er war bemerkenswert erfolgreich. Nach ein paar Jahren hatte er den städtischen Haushalt sogar aus den roten Zahlen herausgebracht. 1981 war Koch tatsächlich sowohl von den Demokraten als auch von den Republikanern als Kandidat aufgestellt worden – so etwas hatte es bis dahin noch nie gegeben. »Und, wie mach ich meine Sache?«, rief der Bürgermeister jedes Mal aus, wenn er eine Menschenmenge sah, und meistens antworteten die Leute, dass er sie ziemlich gut mache.
    Ganz wichtig aber: Gorham hatte Maggie geheiratet.
    Ihre Verlobungszeit war typisch für Paare mit einer Neunzigstundenwoche wenigstens für einen Partner. So hatten sie sich das ursprünglich natürlich nicht vorgestellt.
    Manchmal fragte sich Gorham Master, ob es die großen Anwaltskanzleien und Investmentbanken mit den Überstunden nicht doch ein wenig übertrieben. Sicher, sie bewiesen, dass die jungen Mitarbeiter es ernst meinten und engagiert waren, aber steckte darin nicht auch eine gewisse Spur sadistischen Stolzes – wie bei Aufnahmeritualen für Burschenschaften? Anders als solche Rituale ging das, bis man es schaffte, Partner zu werden jahrelang so weiter.
    Maggie war für Unternehmenskunden zuständig. Oft hatte er sie, wenn sie an großen Projekten saß, um neun oder auch zehn im Büro abgeholt, sie zu einem schnellen Abendessen ausgeführt, um sie dann wieder bis zwei oder drei Uhr früh an ihre Arbeit zu lassen. Ihre ganze Verlobungszeit und die ersten Jahre ihrer Ehe waren so verlaufen. Gelegentlich gestohlene Momente der Romantik, kurze Phasen der Ruhe, die sich hier und da erübrigen ließen. In gewisser Weise war es spannend. In Kriegsaffären und -ehen, begriff Gorham, musste es ähnlich zugehen. Und bis zum Frieden war es noch ein langer Weg.
    Sie hatten schon seit einem Jahr eine Affäre miteinander gehabt, als er ihr endlich einen Heiratsantrag machte. Mittlerweile war er hundertprozentig verrückt nach ihr. Dass sie keine Karrieregattin sein würde, keine »Beistellfrau«, störte ihn nicht. Und sie ihrerseits liebte ihn nicht nur, sondern sagte manchmal mit ehrfurchtsvollem Staunen: »Ich glaub’s einfach nicht, wie toll du mit meinen unmenschlichen Arbeitszeiten klarkommst!« Seine maßlose Verliebtheit und ihre Dankbarkeit, schätzte Gorham, würden ein gutes Bindemittel für das Gebäude ihrer Ehe abgeben.
    »Wenn du alles haben willst, Maggie«, rief er ihr gelegentlich scherzhaft ins Gedächtnis, »vergiss nur nicht, dass ›alles‹ auch mich einschließt!«
    Die Trauung fand in der Gemeindekirche ihrer Eltern statt, in Norwalk,

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