Im Rausch der Freiheit
Connecticut. Die O’Donnells waren von Gorham rundum begeistert. Es irritierte sie nicht einmal, dass er nicht katholisch war. Und Maggie sagte es dem Priester zwar nicht, aber sie hatte Gorham bereits versichert, dass sie es ihm die Entscheidung überlassen würde, welche Kirche – wenn überhaupt – ihre Kinder später besuchen sollten.
Juan – inzwischen mit Janet verheiratet – fungierte als Gorhams Trauzeuge und Maggies Bruder Martin als einer der Zeremonienmeister. Martin war ein liebenswürdiger, ziemlich intellektueller Bursche, und Gorham verstand sich mit ihm ausgezeichnet. Am Ende der Trauung wandte sich Maggies Vater beiläufig an Martin. Wenn er nicht vorhabe, jemals zu heiraten, könnten sie ja vielleicht, wenn er wolle, bei Gelegenheit darüber reden.
Der Beginn der Achtzigerjahre veränderte ihren Lebensrhythmus nur geringfügig. Wenn es für Gorham einmal notwendig war, dass Maggie ihn zu einem Geschäftsessen in der City begleitete, gab sie sich jede erdenkliche Mühe, damit es auch klappte. Einmal richtete Branch & Cabell für alle Partner und Angestellten samt deren Ehepartnern ein Wochenende in einem Ferienresort aus, und Gorham fand es äußerst amüsant, während der Arbeitsbesprechungen der Anwälte zusammen mit den anderen Ehepartnern herumgeführt und unterhalten zu werden. »Es gefällt mir, Ehepartner zu sein«, sagte er grinsend zu Maggie. »Ich hatte zwanzig Ehefrauen ganz für mich allein.«
Die einzige weitere notwendige Definition ihrer sozialen Stellung in den frühen Achtzigern waren die neuerdings modischen Akronyme.
»Ein WASP bin ich schon immer gewesen«, bekannte sich Gorham mit Fug und Recht. »Und ich schätze, dass man mich auch als einen Preppy bezeichnen könnte. Aber Maggie ist eindeutig ein Yuppie.«
Doch selbst das änderte sich 1986, als Maggie zum Partner avancierte. »Und ein Partner bei Branch & Cabell«, da war sie eisern, »kann nicht länger als ein Yuppie bezeichnet werden!«
»Nicht mal ein hübscher, junger, rothaariger weiblicher Partner?«
»Nö. Aber ich werde dir etwas anderes über Partner bei Branch & Cabell verraten.«
»Und das wäre?«
»Ein Partner bei Branch & Cabell«, teilte sie ihm lächelnd mit, »kann auch mal schwanger werden.«
Als sie im folgenden Jahr tatsächlich schwanger wurde, stellte sich ein neues Problem ein.
Sie waren mit der Wohnung an der Park Avenue rundum zufrieden. Nach ihrer Heirat hatte Maggie ein paar Umgestaltungen vorgenommen, und es bereitete ihnen Freude, zusammen ein paar neue Möbel zu kaufen. Im dritten Jahr ihrer Ehe, als er einen üppigen Bonus erhielt, schenkte er ihr zu Weihnachten das Geld für eine neue Küche.
Maggie leistete noch einen weiteren Beitrag zur Verschönerung der Wohnung. Eines Tages hatte sie einen Wandschrank geöffnet und ein Geschenkpaket gefunden, das ein gerahmtes Bild zu enthalten schien. Gefragt, was es sei, musste Gorham gestehen, dass es sich um ein Andenken seines Vaters handle, das er nach Charlies Tod eigentlich jemandem hätte überbringen sollen. »Es hat damals nicht geklappt, und mittlerweile ist so viel Zeit vergangen, dass ich mich nicht mehr so recht traue, damit bei der Empfängerin zu erscheinen«, sagte er.
»Kann ich nachsehen, was es ist?«, fragte sie.
»Ich denk schon, ja.«
»Mein Gott, Gorham«, rief sie aus, als sie es ausgepackt hatte, »das ist eine Zeichnung von Robert Motherwell! Die ist ein Vermögen wert!«
»Ich weiß wirklich nicht, was ich damit machen soll«, sagte er.
»Na, bis du dich entschieden hast, kann sie ja an der Wand hängen.« Und da hing sie seitdem und verlieh ihrem Wohnzimmer eine besonders elegante Note.
Doch jetzt, wo sie bald eine Familie sein würden, mussten sie allmählich daran denken, in eine größere Wohnung zu ziehen. Fürs Erste würden die sechs Zimmer halbwegs ausreichen, wenn sie das zweite Schlafzimmer zum Kinderzimmer umfunktionierten, käme aber noch ein zweites Kind hinzu, brauchten sie wirklich mehr Platz. Da es ihnen in dem Haus gefiel, beschlossen sie abzuwarten, ob eine größere Wohnung frei würde. Mit ihren zwei Gehältern konnten sie sich eine Hypothek und die höheren monatlichen Nebenkosten zweifellos leisten.
Alles in allem führten Gorham und Maggie also eine sehr glückliche Ehe. Nur eines litt zunehmend unter ihrer Lebensweise, und das war ihnen beiden durchaus bewusst: ihre Freunde. Wie lang war es her, dass Maggies Bruder zuletzt zum Abendessen gekommen war? Wenigstens drei Monate. Es
Weitere Kostenlose Bücher