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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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was.«
    »Stimmt. So – Maggie sagt, dass Sie bei der Geburt dabei sein wollen.«
    »Ich muss.«
    »Niemand zwingt Sie dazu.«
    »Nein, im Ernst, ich muss.« Gorham lächelte. »Ich erklär’s Ihnen später.«
    »Dann müssen wir Sie einkleiden«, sagte Caruso. »Die Schwester wird Ihnen den Kittel geben, und falls Sie eine Armbanduhr tragen, müssen Sie diese ablegen. Momentan ist sie noch dort drüben, zweite Tür.«
    Als er Maggie sah, empfand er eine heftige Woge der Zuneigung.
    »Hi. Ich habe dir die Tasche gebracht. Alles okay?«
    »Bestens«, sagte Maggie munter. »Keinerlei Probleme.«
    Dennoch war sie ein klein wenig ängstlich. Aber außer ihm hätte ihr das keiner angemerkt.
    »Hat dir dein Meeting ja ziemlich vermasselt«, scherzte er. »Einen anderen Termin wollte das Baby nicht akzeptieren?«
    »Offenbar nicht.« Sie lächelte. »Störrisch wie seine Mutter.«
    »Hast du deine Eltern angerufen?« Ihre Eltern waren kürzlich in den Ruhestand nach Florida gezogen.
    »Ja. Ich habe versprochen, mich, wenn’s vorbei ist, wieder zu melden. Und du?«
    Gorhams Mutter wohnte jetzt ebenfalls in Florida.
    »Ich bin noch nicht dazu gekommen.«
    Eine Schwester erschien mit einem blassblauen OP-Kittel. Gorham schlüpfte hinein. Er wusste nicht, was er mit seiner Uhr anfangen sollte. Im Zimmer wollte er sie nicht lassen. Der Kittel hatte Taschen, also steckte er die Uhr ein.
    Dr. Caruso kam zurück und untersuchte die Patientin. Ein breites Lächeln.
    »Gut, gut. Sie verplempern keine Zeit. Ich bin gleich wieder da.«
    Gorham trat an Maggies Bett und nahm ihre Hand.
    »Alles in Ordnung?«
    Seine Frau hatte eine Periduralanästhesie abgelehnt. Das war typisch Maggie.
    »Okay«, sagte Gorham. Er ging ans Fußende des Bettes und sah sie streng an. »Und jetzt ist es wohl langsam Zeit, dass du richtiges Atmen lernst.«
    *
    Die erste Unterrichtsstunde in Atemtechnik hatte drei Monate vorher stattgefunden. Von den werdenden Vätern wurde erwartet, dass sie ebenfalls erschienen, damit sie mit ihren Frauen im Team üben konnten. Das gehörte für einen modernen, progressiven Ehemann und Vater einfach dazu. Sie versammelten sich in einem kleinen Konferenzraum im Krankenhaus. Er und ein weiterer Vater waren als Erste da. Die Hebamme, die den Kurs leitete, traf ein paar Minuten später ein. Dann warteten sie und warteten …
    Nach fünf Minuten fragte die Hebamme, wo ihre Frauen blieben. Nach zehn wurde sie langsam sauer. Der andere Ehemann, ein kleiner Bursche ungefähr seines Alters mit schütterem Haar, seufzte und warf ihm einen Blick zu.
    »Was macht Ihre Frau?«
    »Anwältin. Und Ihre?«
    »Meine ist Investmentbankerin.«
    Sie wandten sich beide zur Hebamme.
    »Am besten fangen wir schon mal ohne sie an«, sagten sie.
    Seit Maggie Partnerstatus erlangt hatte, war der Druck nicht mehr ganz so stark. Sollte aber jemand glauben, sie würde ein wichtiges Meeting abbrechen, nur um an einem Atemkurs teilnehmen zu können …
    Und das hatte sie auch nicht getan. Nicht für die erste, nicht für die zweite Stunde. Beim dritten Mal erschien sie. Die Schwester war nicht allzu glücklich gewesen, doch Gorham störte das nicht – mittlerweile war er schon ganz gut im Atmen.
    »Okay«, sagte die Hebamme mit einem finsteren Blick in Richtung Maggie. »Entscheidend ist, dass Sie einen Rhythmus finden, der Ihnen hilft, sich zu entspannen. Sie werden lernen einzuatmen, auf EIN … dann bis zwei … drei … vier zählen … und AUS … EIN … zwei … drei … vier … AUS. Wenn die Wehen dann etwas schneller kommen, müssen wir vielleicht ein bisschen Tempo zulegen. So, jetzt hören Sie einfach auf Ihren Mann, während er Ihnen den Takt vorgibt. Und EIN … zwei … drei …«
    Die Schwester vom Dienst steckte den Kopf durch die Tür. »Eine Mrs O’Donnell wird am Telefon verlangt«, sagte sie.
    »Richten Sie bitte aus, dass sie später zurückruft«, sagte die Hebamme.
    »Tut mir leid«, sagte Maggie, »aber das kann nicht warten.« Sie stand auf und ging in Richtung Tür.
    »Würden Sie sich bitte wieder hinsetzen?« Die Stimme der Hebamme war schrill vor Ärger.
    »Tut mir leid«, sagte Maggie, schon fast durch die Tür.
    »Es geht hier um ihr Baby!«, schrie die Hebamme.
    Maggie drehte sich um, warf Gorham einen liebevollen Blick zu und schenkte der Hebamme ein strahlendes Lächeln.
    »Keine Sorge«, sagte sie. »Wir sind ein tolles Team. Er wird atmen, und ich werde das Baby kriegen!«
    *
    »EIN … zwei … drei …

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