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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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PRESSEN!«, skandierten Gorham und der Arzt. »EIN … zwei … drei … PRESSEN!«
    »Jetzt pressen …«, sagte der Arzt. »Braves Mädchen …, so ist’s gut … Gleich haben wir’s …, pressen … so fest wie möglich …«
    »Aah!«, schrie Maggie.
    Jetzt sagte Dr. Caruso nichts mehr. Er hatte anderes zu tun. Er war dabei, das Baby herauszuziehen.
    »Noch ein letztes Mal«, rief er. Maggie stieß einen weiteren Schrei aus …
    Gorham riss die Augen auf. Dr. Caruso trat einen Schritt zurück. Das Baby schrie los. Caruso lächelte.
    »Glückwunsch. Sie haben einen Sohn.«
    Das war’s also.
    Ein paar Minuten später sagte der Arzt zu ihnen: »Wie ich sehe, haben Sie beide an dem Atemkurs teilgenommen. Gut gemacht!«
    Gorham schaute Maggie und Maggie schaute Gorham an.
    »Und wie!«, sagte Maggie.
    *
    Es war also alles in Ordnung. Nach einer Weile äußerte Maggie den Wunsch, ein paar Stunden zu ruhen, also beschloss Gorham, nach Hause zu fahren. Er streifte den Kittel ab, und die Schwester sagte ihm, er könne ihn in den Wäscheschacht werfen. Er sammelte seine Sachen zusammen und machte sich zum Gehen fertig. Er wollte gerade Dr. Caruso die Treppe hinunterbegleiten, als ihm aufging, was er gerade getan hatte.
    »Mist! Ich habe meine Uhr in der Tasche des Kittels vergessen. Jetzt ist sie unten in der Wäscherei.«
    »Das tut mir leid«, sagte Caruso. »War es eine Rolex?«
    »Nein, nein. Nichts Teures. Aber trotzdem …«
    »Sie können es der Schwester sagen, und sie ruft die Wäscherei an. Vielleicht findet sich die Uhr noch.«
    »Glauben Sie, das passiert häufig?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Werden da unten jemals Uhren gefunden?«
    »Kann ich nicht behaupten. Ich glaube, die Jobs da unten sind ziemlich gefragt.«
    »Glaube ich auch.«
    »Sehen Sie es einfach so«, sagte Caruso vergnügt. »Sie haben vielleicht eine Uhr verloren, aber dafür einen Sohn gewonnen!«
    *
    Sobald er zu Haus war, rief Gorham Maggies Eltern und seine Mutter an. Dann öffnete er eine Flasche Champagner, forderte Bella dazu auf, mit ihm auf die Geburt anzustoßen, und sagte, wenn er wieder ins Krankenhaus fuhr, solle sie ihn begleiten, damit sie auch das Baby sah. Er wollte, dass auch Bella eine Beziehung zu dem Kind aufbaute.
    Aber zunächst galt es, etwas Zeit totzuschlagen. Um sich einfach hinzusetzen und fernzusehen, war er zu aufgeregt. Er fing an, in der Wohnung auf und ab zu gehen.
    Vielleicht würde er Juan anrufen. Das wäre eine gute Idee.
    Aber das schob er erst einmal auf und lief weiter auf und ab. Er wollte über das Thema eigentlich nicht nachdenken, aber es ging ihm nicht aus dem Kopf.
    Wie zum Teufel sollte er auf das Angebot der Investmentbank reagieren?

MILLENNIUM
    Die Krise im Leben Gorham Masters entwickelte sich so langsam, dass er selbst nicht den Zeitpunkt hätte bestimmen können, wann sie eigentlich eingesetzt hatte. Wahrscheinlich war es in dem Moment gewesen, als er, kurz nach der Geburt Gorham Juniors, das Angebot, in die Investmentbank einzutreten, ausgeschlagen hatte. Damals schien es die richtige Entscheidung zu sein, und Maggie war damit einverstanden gewesen.
    Seitdem war sein Leben ohne nennenswerte Schwankungen verlaufen. Der Börsencrashs von 1987 war schon bald bloße – wenngleich schmerzliche – Erinnerung gewesen und hatte sich in die Reihe von zyklischen Aufs und Abs eingegliedert, die sich seit rund dreihundert Jahren zwischen der Londoner und der New Yorker Börse abspielten.
    Dem Crash war eine weitere Rezession gefolgt – diesmal auf dem New Yorker Immobilienmarkt –, die für die Masters allerdings eher von Vorteil gewesen war. Denn kurz nach der Geburt seines zweiten Sohnes, Richard, war eine Achtzimmerwohnung frei geworden. »Und die Preisforderung beträgt nur siebzig Prozent dessen, was sie vor zwei, drei Jahren schätzungsweise noch gewesen wäre«, teilte er Maggie mit. Kaufmännisch betrachtet, war die Logik nicht zu beanstanden: bei rückläufigem Markt Luxuswaren einkaufen. Außerdem handelte es sich dabei um eine Haushaltsauflösung, und die Nachlassverwalter waren nur zu froh, an jemanden zu verkaufen, der bereits im Haus saß, so dass sie nicht erst die Einwilligung der Eigentümergemeinschaft einholen mussten – und einen Makler konnten sie sich auch sparen. Gorham und Maggie gelang es, einen äußerst vorteilhaften Preis auszuhandeln. Sie verkauften ihre Sechszimmerwohnung, nahmen für die Differenz eine gemeinsame Hypothek auf und kauften die Achtzimmer. Im

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