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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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gemacht.
    »Da wäre noch was«, sagte er. »Du musst mir versprechen, dass du, wenn ich tot bin, etwas für mich tun wirst.« Er holte ein kleines Stoffbündel hervor und wickelte es auseinander. Darin lag der Wampum-Gürtel, den er immer trug, sobald er den Fluss hinauffuhr.
    »Hast du den schon mal gesehen?«
    »Ja, Baas«, sagte ich.
    »Das hier ist ein ganz besonderer Gürtel, Quash«, erklärte er mir. »Er hat eine große Bedeutung und großen Wert. Ja, in meinen Augen ist er mein kostbarster Besitz. Ich bewahre ihn, so eingewickelt, an einer geheimen Stelle auf, die ich dir noch zeigen werde. Wenn ich sterbe, Quash, will ich, dass du diesen Gürtel holst. Sag niemandem, was du machst, nicht mal der Herrin. Aber ich wünsche, dass du mit diesem Gürtel zu Juffrouw Clara ins Haus gehst und ihr sagst, das sei mein besonderes Geschenk für den kleinen Dirk. Er soll es aufbewahren und es eines Tages seinem Sohn geben, sofern er einen haben wird, oder sonst einem anderen meiner Nachkommen zu meinem Gedenken. Versprichst du mir, das für mich zu tun, Quash?«
    »Ja, Baas«, gelobte ich feierlich. »Ich verspreche es.«
    »Gut«, sagte er. Dann zeigte er mir das Versteck; und wir legten den Wampum-Gürtel dort hinein, sodass er sicher war.
    *
    Die Gerüchte über Captain Kidd erhielten im Frühjahr darauf neue Nahrung. Schiffe ankerten im Hafen von New York, und deren Kapitäne berichteten, anstatt Piraten zu jagen, sei Kidd selbst Pirat geworden. Ich fragte den Baas, was er darüber denke.
    »Wer weiß schon«, sagte er achselzuckend, »was auf See passiert?«
    Ich dachte an meinen Sohn und schwieg betreten. Die Gerüchte rissen nicht ab, aber Gewissheit erlangte niemand. Im Frühling 1699 erfuhren wir, dass englische Kriegsschiffe Jagd auf ihn machten. Im Sommer landete Captain Kidd endlich in Boston an, und es hieß, er sei verhaftet worden.
    Und da zeigte der Baas ein für alle Mal, aus welchem Holz er geschnitzt war. Kaum eine Stunde nach Eintreffen der Nachricht war er schon auf dem Weg nach Boston, um Hudsons Schicksal zu ermitteln. Ich versuchte, ihm bei seinem Aufbruch zu danken, aber er grinste und erklärte, er wolle nur nach seinem Eigentum schauen.
    An dem Tag ging ein schneller Segler nach Boston ab. Die Tage verstrichen, bald waren zwei Wochen vorbei. Eines Nachmittags sah ich zwei Männer die Straße entlang auf das Haus zuschlendern. Der eine war der Baas, der andere ein Schwarzer, ein kräftig aussehender Bursche, ein bisschen größer als ich. Ich rätselte, wer dieser Fremde sein mochte. Zu meiner Verblüffung rannte er auf mich zu und nahm mich in die Arme, und da erst erkannte ich, von Rührung und Erleichterung überwältigt, dass es niemand anders als mein Sohn Hudson war.
    *
    In den folgenden Tagen erzählte Hudson mir alles Mögliche über die Seereise, von der Cholera und dass sie einfach keine französischen Schiffe hatten auftreiben können. Er sagte, der Kapitän habe sich an seinen Auftrag gehalten, viele von der Besatzung seien allerdings Piraten gewesen, die er nur mit größter Mühe davon abhalten konnte, sogar niederländische Schiffe anzugreifen. Das waren üble Leute, sagte er. Am Ende schafften sie es, ein französisches Schiff zu kapern, aber dessen Kapitän erwies sich als Engländer. Das gekaperte Schiff hatte nur zum Schein eine französische Flagge gehisst und hieß Quedagh Merchant. Und damit fing der Ärger an.
    »Mich haben sie auch verhaftet, in Boston«, erzählte Hudson. »Aber als der Baas auftauchte und sagte, ich sei bloß ein Sklave, den er an Captain Kidd vermietet habe, weil er ihn für einen ehrlichen Kaperer hielt, glaub ten die wohl, dass ich ein kleiner Fisch bin, und ließen mich laufen. Ich könnte mir vorstellen, dass der Baas ihnen außerdem etwas Geld gegeben hat.«
    Captain Kidd indes hatte kein solches Glück. Lange blieb er im Stone Prison eingekerkert, bevor man ihn nach England verfrachtete, damit man ihm dort den Prozess machte.
    Das Einzige, was die Bürger von New York noch lange Zeit beschäftigte, war das Geld, das Captain Kidd auf dieser Kaperfahrt erbeutet haben musste. Die Anteilseigner sahen nie einen roten Heller davon – mit Ausnahme des Gouverneurs. Captain Kidd hatte auf einer Insel namens Gardiner’s Island einen Schatz vergraben, aber er verriet nur dem Gouverneur, wo er lag, und so holte dieser ihn sich. Die Leute behaupteten jedoch, es seien noch anderswo Schätze versteckt, vielleicht auf Long Island. Ich fragte Hudson, ob das

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